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Elle Rank:member Group: members Beiträge: 207 IP Logged | Last replied to on Thu Nov 29, 2007 13:32:10 Edit Post|Quote Hallo Zusammen, das Aufschieben hat auch etwas damit zu tun, ständig das Gefühl aufrecht zu erhalten, noch jede Menge Zeit zu haben, jung zu sein, die Wahl zu haben, jetzt nicht aber morgen, nach Weihnachten oder im nächsen Sommer.... Den "zeitlosen" Zustand der Kindheit aufrecht zu erhalten,ist der Versuch nicht selbst die Verantwortung übernehmen zu müssen, irgendetwas oder jemand entscheidet dann schon für mich. Und dabei müsste man nur auf seine innere Stimme hören, die viel älter und weiser ist und immer wieder daran erinnert, etwas "jetzt" zu tun oder so schnell wie möglich, um keine Zeit zu verschwenden. In meinem Alter (um die 50) kommt es öfters vor, das Leute "wegsterben", die seit der Kindheit immer da waren. So ist es mir in letzter Zeit ergangen, alte Leute, deren Zeit gekommen ist, sind nun plötzlich nicht mehr da, die schwarzen Klamotten muss ich in letzter Zeit öfter mal aus dem Schrank holen. Wenigstens beim letzten Mal habe ich auf diese Stimme gehört und jemand, der mir sehr lieb war, 3 Tage vor ihrem Tod besucht an einem sehr schönen sonnigen Tag. Ich bin froh, einen letzten Besuch nicht aufgeschoben zu haben. Der Abschied war traurig und wunderbar zugleich. Ich brauche nur morgens daran zu denken, dass auch meine Zeit irgendwann abläuft, dass mein Sohn aus der Tür geht und evtl. nicht mehr wieder kommt, oder mein Mann mich irgendwann verlassen wird. Das hilft, sich aufs Frühstück zu freuen, heute dies und das zu erledigen, auch wenn es nur Kleinigkeiten sind, und das zu tun was mir "in den Sinn" kommt, anstatt es immer wieder wegzudrängen. "Es" weiß was zu tun ist. Die Morgentraurigkeit, die mit solchen Gedanken einhergeht, wird sicherlich bei Anbruch des Tages verschwinden. Jeden Tag wieder von neuem. Die Idee, den Tod als Ratgeber zu begreifen, stammt nicht von mir, sondern aus dem Buddhismus (für mich die pragmatischte Philosophie, die es gibt für die wesentlichen Dinge des Lebens). Der Fluss des Lebens fließt auch ohne mich weiter, es sei denn ich sorge dafür, dass ich im Fluss bleibe. (Ich verkneife mir ein "Amen"). Elle | |
leonardo Rank:member Group: members Posts: 509 IP Logged PM ID: 11 [PM leonardo] | Posted at Thu Nov 29, 2007 10:08:01 Edit post|Quote Hallo Elle, mit 48 bin ich ja etwa im gleichen Alter und ich verstehe gut, wovon du redest. Habe im vergangenen Jahr selbst 2 Freunde verloren, im Jahr davor meinen Vater und in dem Jahr davor meinen Schwiegervater. Mit 25 Jahren hatte ich einen tödlichen Arbeitsunfall. Ich wurde erfolgreich wiederbelebt und habe mir vorgenommen, jeden Tag so zu leben, als ob es der letzte wäre. Na ja, der Alltag hat mich dann sehr schnell eingeholt. Vor einem knappen Monat war ich auf einem Seminar, wo wir eine Übung namens "Walk in Love" machten. Wir gingen dabei langsam und meditativ durch den Raum und haben bewusst wahrgenommen, was uns gefällt und im Gedanken gesprochen "Ich liebe diese Gardine etc.". Dieses bewusste Fokussieren der Gedanken hatte große Wirkung, ich fühlte mich danach erst richtig im Seminarraum angekommen und offen für die Dinge, die da kommen sollten. Was ich damit sagen will: Die bewusste Fokussierung auf positive Dinge und die Dankbarkeit dafür zu empfinden, kann unseren Gefühlszustand durchaus verändern. Das Gesicht kann kein Lächeln fabrizieren, wenn das Gehirn gleichzeitig traurig ist. Liebe Grüße Leo ----------------------------- Fallen ist keine Schande, liegen bleiben schon! | |
Elle Rank:member Group: members Posts: 207 IP Logged | Posted at Thu Nov 29, 2007 10:53:17 Edit post|Quote
Lieber Leo, wie dramatisch! Du warst noch sehr jung, und das Ziel jeden Tag wie den letzten zu leben ein bisschen hochgesteckt, denn was macht man am letzten Tag des Lebens? Etwas von allem, oder was Besonderes, Bergsteigen, Haare waschen, arbeiten gehen, Liebe machen, sich langweilen, besaufen? Könnte es sein, dass dieses Ziel seitdem immer in Deinem Unbewussten schlummert und es Dir einfach widerstrebt, Deinen momentanen Job zu machen. Wolltest Du vielleicht immer schon mal um die Welt segeln oder den Himalaja besteigen? Dann wird's aber höchste Zeit! Der letzte Tag des Lebens für mich müsste so sein, dass ich alles gesagt habe, was ich schon immer zu meinen Lieben sagen wollte, die Wohnung aufgeräumt ist, die letzte Steuererklärung gemacht ist und in meinem Büro nicht zu viel Unerledigtes für meine Nachfolger herumliegt. Das müsste eigentlich zu schaffen sein. Die Übung die Du beschreibst gefällt mir, es stimmt, dass man seine eigene Wahrnehmung und seine Gefühle beeinflussen kann. Schönen Tag noch, Elle | |
leonardo Rank:member Group: members Posts: 509 IP Logged PM ID: 11 [PM leonardo] | Posted at Thu Nov 29, 2007 11:17:54 Edit post|Quote Hallo Elle, ich glaube, ich muss zu dem Unfall noch etwas ausführen: Es handelte sich um einen Stromunfall und ich lag danach 2 Tage im Koma. Als ich wieder aufwachte, konnte ich mich an nichts erinnern. Bis heute kann ich mich nicht an den Unfall erinnern, was in gewisser Hinsicht natürlich ganz gut ist. Habe mir den Hergang erzählen lassen und so habe ich mehr ein verstandesmäßiges Wissen um den Unfall anstatt einer emotionalen Betroffenheit. Habe das sehr deutlich gespürt, als ich wieder an meinen Arbeitsplatz zurück gekehrt bin. Alle anderen waren viel stärker verunsichert und haben viel vorsichtiger hantiert, als ich selber. Dummerweise gehört zu guten Vorsätzen aber eine entsprechende emotionale Komponente dazu, wenn sie erfolgreich sein sollen. Aber das ganze ist jetzt fast mein halbes Leben lang her. Mit 25 sieht man sicher vieles anders. Liebe Grüße Leo ----------------------------- Fallen ist keine Schande, liegen bleiben schon! | |
Elle Rank:member Group: members Posts: 207 IP Logged | Posted at Thu Nov 29, 2007 12:02:01 Edit post|Quote Ach so, verstehe, dann fehlte also die "Sterbeerfahrung", die anscheinend so wichtig ist, damit sich die Lebensziele nach der Wiederbelebung bzw. Genesung auch nachhaltig verändern. Bei dem Stromunfall warst Du wahrscheinlich hinterher "derselbe" (Emotionalität, Gedächtnis, kognitive Fähigkeiten etc) wie vorher, da nur der Herz- Lungenkreislauf zum Stillstand kam. Glück gehabt! E. | |
leonardo Rank:member Group: members Posts: 509 IP Logged PM ID: 11 [PM leonardo] | Posted at Thu Nov 29, 2007 13:32:10 Edit post|Quote Ja, genau so sehe ich das auch. Kann auch nicht über irgendwelche Nahtoterfahrungen berichten. Gruß Leo ----------------------------- Fallen ist keine Schande, liegen bleiben schon! | |
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