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Prokrastination Home | ||
| Lil Rank:member Group: members Posts: 50 IP Logged PM ID: 106 [PM Lil] | Posted at Wed May 16, 2007 16:09:54 Edit post|Quote So, da bin ich nochmal und teile auch mit, dass ich stolz bin- weil ich nicht nur gespült, gesaugt und gewischt habe, sondern erstens mehr als ich vor hatte, zweitens nicht soviel, wie mir zwischendurch in den Sinn kam und drittens auch noch eine Stunde früher fertig war als unbedingt notwendig. Und jetzt spiel ich noch ein Stündchen und hol dann die Lieblingsnichte ab. lg Lil | |||||
| amy Rank:member Group: supermoderators Posts: 143 IP Logged PM ID: 19 [PM amy] | Posted at Wed May 16, 2007 18:22:26 Edit post|Quote @Lil Willkommen im Forum auch von mir. Ich verfolge Deinen Gedankenaustausch mit Elle mit dem allergrössten Interesse, aber bitte, bitte schalte eine Leerzeile nach jedem Absatz. Bei längeren Beiträgen erleichtert das ungemein das Lesen. Bin jetzt eine Woche weg aber freue mich bereits darauf, nach meiner Rückkehr mehr von Dir und Elle und natürlich auch von allen anderen (wo ist Leonardo ???) zu lesen. Amy ![]() ----------------------------- If you can't move the mountain, move a few stones. | |||||
| Elle Rank:member Group: members Posts: 207 IP Logged | Posted at Wed May 16, 2007 23:34:48 Edit post|Quote
Guten Abend Lil, Mensch Du legst ja ein erstaunliches Tempo vor, Du bist ja schon dabei Dich zu ändern! Klasse wie Du Dich auf den Besuch Deiner Nichte vorbereitet hast und nicht gleich zuviel (Vorsicht Perfektionismus), sondern angemessen, und dann auch Ausruhen (wichtig wichtig) und noch eine Stunde Zeit gehabt, SUPER ![]() ![]() So ähnlich ging's mir in der Anfangszeit in den therapeutischen Sitzungen auch, das Thema Procrastination habe ich erst später preisgegeben, nachdem ich Vertrauen gefasst hatte und mir sicher sein konnte, keinen "Tadel" oder hochgezogene Augenbrauen zu riskieren. Klasse, dass Deine Therapeutin mit dem Thema was anfangen kann, hätte mich auch gewundert, wenn das nicht der Fall wäre. Du musst ja ihre Definitionen der Ursachen nicht unbedingt 1:1 übernehmen. Meine Th. hat übrigens einen Erklärungsversuch mit dem Freud'schen "Todestrieb" gemacht, darauf bin ich gar nicht näher eingegangen (so'n Quatsch aber auch), jetzt ist es eher so, dass ich sie aufkläre und sie mir bei meiner eigenen Analyse des sehr komplexen Problems (Kindheit, Morbus Basedow, falsche Berufswahl etc.) durch gezielte Nachfragen hilft und wir beide etwas davon haben. Und das desolate Gefühl kann nur besser werden, man muss in einer Therapie immer erst einmal ganz unten am Grund der Gefühle anfangen und sich langsam herausarbeiten. Dein "Förmchen-Bild" ist fantastisch,auch im sprachlichen ausdruck, so muss es gewesen sein, es klingt sehr plausibel und Du weißt anscheinend bestens über Dich Bescheid. Dann kann es eigentlich nur noch darum gehen, alles "auf die Reihe" zu bekommen und alle Mosaiksteine zusammenzusetzen. Dass man auch geliebt werden kann, wenn seine "fiesen" Charaktereigenschaften nicht mehr zu verbergen sind, fällt auch mir - nach dreißig Jahren Beziehung - immer noch sehr schwer zu glauben, ich habe bestimmt 15 Jahre lang dagegen gekämpft, weil ich Liebe einfach nicht annehmen konnte bzw. eine Art Psychotrick dahinter vermutet habe. Mehr als einmal hätte ich unsere Beziehung fast mit meinem tiefen Misstrauen zerstört. Aber dazu gehört auch, Kritik, Feedback und fürchterliche Streitereien und Kämpfe auf Dauer auszuhalten, denn jemanden auch mit seinen Fehlern zu lieben heißt ja nicht, dass man sie einfach so hinnimmt. Mein Mann gave me more than once a hard time und hat bis heute nicht locker gelassen. Im Gegenzug helfe ich ihm in allen Lebenslagen und mache auch seine Buchführung mit, obwohl ich keine Arbeit mehr hasse als ausgerechnet diese! Ich finde unser Ping-Pong-Spiel sehr anregend und freue mich darauf weiter von Dir zu hören! Elle p.s. Hi Amy, mach doch mit, wenn Du wiederkommst! ![]() | |||||
| Lil Rank:member Group: members Posts: 50 IP Logged PM ID: 106 [PM Lil] | Posted at Thu May 17, 2007 04:33:38 Edit post|Quote Guten Morgen, Amy, du hast natürlich recht mit den Absätzen... es ist definitiv leichter zu lesen. Und um dem Forum mal ein Kompliment zu machen: Ich bin noch nie auf ein Forum gestoßen, in dem so gutes Deutsch geschrieben wird. Tippfehler gibt es, aber damit hat es sich auch. Kein Vergleich mit dem sonst üblichen Geschreibsel, bei dem sich mir die Fußnägel aufrollen. Liebe Grüße, Lil (Laut meinem Exmann Erste Vorsitzende des Vereins "Deutsch für Besserwisser" ![]() | |||||
| Lil Rank:member Group: members Posts: 50 IP Logged PM ID: 106 [PM Lil] | Posted at Thu May 17, 2007 05:45:29 Edit post|Quote
Liebe Elle, Ja, Kindheit, Basedow, falscher Beruf, die drei scheinen eine gemeine Kombination zu sein. Die singen auch in meinem Chor mit. Wobei ich mir sicher bin, dass ich vom Fachgebiet her den richtigen Beruf gelernt habe. Was für mich falsch ist, ist nicht der Inhalt der Arbeit, sondern die Struktur. In meinem Beruf erhält man eine Ausbildung, die einen befähigen soll, in allen Bereichen der Verwaltung auf einer bestimmten Ebene (Sachbearbeitung der Sorte "Ich darf auch mal was entscheiden" einsetzbar zu sein. Das ist man auch, die Ausbildung kann ich im Nachhinein nur loben. Mein Einsatzgebiet ist an sich interessant, und wenn ich heutzutage Teile meiner Ausbildung gebrauchen kann, hab ich sie immer noch parat. Mein Problem ist da eher der Routine"scheiß", das zähe, konsequente "Dranbleiben" auch bei den Sachen, die nicht so interessant sind. Also der Bürokratenkram. Witzigerweise bin ich, wenn ich mich umschaue, bei uns nur eine von vielen, die sowas überhaupt nicht gut können- es gibt kaum Leute mit mehr Chaos in ihren Unterlagen (auch in persönlichen Dingen) wie uns Beamte. Vielleicht ist die Berufswahl ein Versuch, durch die Anwesenheit des bekannten "Förmchen-Gefühls" sich einen vertrauten Rahmen zu geben. Die Männer sind ein anderes Thema... in meiner längsten Beziehung, die immerhin 13 Jahre gehalten hat, hab ich viel Energie darauf verschwendet, mein Misstrauen auszuleben. Mein Mann war zwar nicht der heilige Franziskus, aber er hat sich bemüht. We gave each other quite a hard time und er ist der einzige Ex, mit dem ich noch reden kann. Mit dem ich überhaupt geredet habe, denn im Gegensatz zu dem Wortfluss hier scheine ich gegenüber Partnern eher schweigsam zu sein. Der letzte war dann konsequenterweise Amerikaner. Plus verheiratet, anderweitig, versteht sich. Da hatte ich mir dann erstens das Recht (durch das Fremdgehen) und zweitens die Möglichkeit (durch die Fremdsprache) genommen, mich mitzuteilen. Beziehung läuft nicht über schweigende Anpassung, das ist mir klar, und doch gibt es nichts schwierigeres für mich, als 1. eine Position zu finden, und 2. sie auch zu behaupten. Wenn ich an die Förmchen denke, liegt das vielleicht daran, dass ich mich wie Teig, also eine noch nicht fertige Masse, fühle, wenn jemand behauptet, mich zu lieben. Teig ist weich, er WARTET geradezu auf die Förmchen. (Übrigens: Dieses Förmchenbild ist bei der Antwort auf dein Posting entstanden- also hast du es hervorgekitzelt) Wenn du schreibst, dass ihr Auseinandersetzungen habt/hattet: Wie hältst du die durch? Kannst du streiten? Ohne das Gefühl, dass das Eis zunehmend dünner wird? Mein letzter Beziehungsstreit, bei dem ich (endlich, nach einem halben Jahr) gesagt habe, dass ich mich bei ihm fühl wie das letzte Item in einer Reihe überflüssiger Dinge, und dass ich das überhaupt nicht mag, endete damit, dass ich mit diesem Satz versehentlich die Beziehung beendet hatte. Davor gabs keinen Streit, keine Auseinandersetzung, keine Kritik. Nur immer mehr verschobene Verabredungen, ganz wenig Zeit füreinander und endlose Zeiten des Wartens. Klar, wenn es um die Partnerschaft einer Freundin gegangen wäre, wär mir auch klar gewesen, was da lief, und ihr hätte ich schon viel früher zu ein paar klärenden Worten geraten. Mir selbst war es nicht möglich. Als ich las, dass du die Finanzamtsgeschichte für deinen Mann machst (irgendwo weiter oben) hab ich zuerst gedacht "Warum tut sie sich das an, wenn es ihr so gar nicht liegt?" Aber ich glaube, dass du da das richtige tust. Auch wenn es für dich eine Auseinandersetzung mit den Dingen bedeutet, die für dich sehr schwierig sind. Du kämpfst mit den Drachen, und gehst ihnen nicht aus dem Weg. Finde ich toll. Ich hätte das ganze schon zu einer Waffe im Kampf gegen meinen Partner gemacht, und damit erfolgreich ihn, mich und unsere Beziehung erlegt. EIne Steuererklärung wäre dabei nicht herausgekommen. Gerade hab ich mir meinen ersten Kaffee des Tages gemacht, und dabei voller Befriedigung mir meine Wohnung angeschaut. Man sieht, dass wir gestern schon mit der Giraffe angefangen haben, aber das erwartete Chaos ist noch nicht eingekehrt, weil wir uns das ganze gut eingeteilt haben. Nach dem Sägen: der Staubsauger :-) Und ich habe im Baumarkt dem "Will-ich-haben" widerstanden, das mich immer in der Maschinenabteilung befällt. Obwohl die da diese niedliche kleine Bosch-Akkuschrauberin haben- das MUSS ein Mädchen sein, klein, zierlich, aber mit ordentlich Drehmoment. Mein wirklicher Traum ist aber eine anständige Kapp- und Gehrungssäge, zum Glück hatten sie nichts da :-) Bisher musste ich sie immer leihen. Die Maschinenliebe ist bei uns in der Familie erblich. Meine Mutter hat eine Dekupiersäge, auf die sie sehr stolz ist, und ebenfalls so einen hübschen kleinen Akkuschrauber, und nutzt beides mit Energie und Sachkenntnis. In meinem Kleiderschrank ist Platz für Oberfräse und diverses Anderes, und das einzige, was ich in pingeligster Ordnung halte, und zwar immer, ist mein Werkzeug. Leider war das ganze Gebiet "off limits", als ich Kind war. Alles was ich auf dem Sektor kann hab ich von meinen verflossenen Freunden und Exmännern gelernt. Etwas schönes, nützliches und individuelles aus Holz selbst herzustellen, ist besser als Sex. Hält auch länger. Das Kind, das gerade nebenan schläft, ist beinahe 13, und ich sehe in ihr mit Stolz und manchmal mit Sorge, dass sie sich nicht anpassen mag. Sie ist schwierig, manchmal großmäulig, manchmal ungefähr drei, mit exotischem Geschmack und kann verdammt penetrant sein. Wenn ich sie mir so anschaue, kann ich auch mal fühlen, dass schlechte Seiten nicht dazu führen, dass der ganze Mensch schlecht ist. Im Gegenzug durfte sie gestern meine furchtbar chaotische Garage anschauen, wo bisher keiner reindurfte. You show me yours, I show you mine :-) In diesem Sinne wünsch ich dir (und natürlich allen Mitlesern ;-) ) einen schönen Tag, liebe Grüße, Lil PS: Die Giraffe wird Schubläden in ihrem Hals haben... PPS: SIE will das so. Meine Nichte, nicht die Giraffe. | |||||
| Elle Rank:member Group: members Posts: 207 IP Logged | Posted at Fri May 18, 2007 21:03:13 Edit post|Quote
Schönen guten Abend Lil, nach einer schönen Belohnung für die Steuererklärung (ein fauler Tag am Nordseestrand mit Bad im Meerwasserschwimmbad) ist heute der Alltag und eine gewisse Ernüchterung wieder eingekehrt. Und nach meinem neuen Motto "das passiert mir nie wieder" konnte ich mich heute dazu bewegen, die Procrastinations-Berge an meinem Arbeitsplatz zumindest vorzusortieren, zu gewichten und einen Vorgang zu erledigen. Denn das zu lange Ausruhen könnte wieder zu einer neuen Falle werden... Zum Beruf: meinen derzeitigen Beruf habe ich mir nicht gewählt, er hat sich ergeben (Verwaltungsangestellte in einem Forschungsinstitut). Damals im Studium habe ich schon die falsche Wahl getroffen (Lehramt) und für einen Neuanfang nach dem 2. Staatsexamen damals war es zu spät und auch kein Geld vorhanden. Danach war ich 7 Jahre lang eine relativ glückliche Briefträgerin, dann kam die Selbständigkeit mit Mann zusammen, dann eine kurze Kinderpause von 3 Jahren und danach ein Job zum Geldverdienen im jetzigen Institut, in dem ich ein paar Gehaltstufen höher schließlich in diesem Beruf hängengeblieben bin. Das Gute daran: viel Kontakt zu jungen Diplomanden und Doktoranden, verschiedene Bereiche von redaktioneller Arbeit,Übersetzungen, Aushilfe in der Pressestelle, Organisation von Symposien, und das Schlechte daran, da geht's mir ähnlich wie Dir, der Bürokratenkram und Buchhaltung (oh Graus!). Ich habe also in meiner bisherigen Berufslaufbahn immer die Lücken gesucht und nie ein eigenes Interessengebiet verfolgt, allerdings ne Menge Fertigkeiten erworben. In meinem Alter (54) kann ich mittlerweile froh sein, den Job behalten zu können, und deshalb will ich auch nicht klagen. Selbstverwiklichung findet m.E. sowieso meist außerhalb des Arbeitslebens statt. Das mit dem Schweigen in der Beziehung ist ja interessant, da bin ich ähnlich gepolt, nicht sehr partnerschaftlich und beziehungsfördernd, aber es wird ganz allmählich besser. Mein Mangel an integrierter Persönlichkeit (fester Charakter, klare Prinzipien und so..., eher "Bäumchen wechsle Dich" oder "Chamäleon"- eine uralte Strategie von mir, autoritärem Druck auszuweichen) lässt mich meistens in Diskussionen mit meinem Mann alt aussehen, zum Glück nutzt er es nicht schamlos aus. Nach so vielen Jahren Kritik und Streitereien und wieder Vertragen kann ich das mittlerweile ganz gut aushalten, ohne Heulerei wie zu Anfang unserer Beziehung. Den besten Tipp zum Streiten habe ich erst vor drei Monaten bekommen (dass wir darauf nicht selbst schon viel früher gekommen sind!), sobald der Streit eskaliert und das gegenseitige Anbrüllen mit schlimmen Verletzungen beginnt, sofort abbrechen, aufstehen und rausgehen mit der Ankündigung, später noch mal drüber zu reden. (Beim letzten Mal haben wir uns dann nach ner Stunde per Handy beim nahen Eiscafé verabredet). Unsere Streitereien brechen jedesmal das Eis, danach geht's uns beiden immer ein paar Wochen lang besser. Die Steuergeschichte mache ich für uns beide, weil wir zusammen veranlagt werden, er als Gewerbetreibender, ich als Angestellte, insofern "opfere" ich mich nicht für ihn, sondern übernehme die Verantwortung für uns beide. Das ist eine der größten Herausforderungen für mich überhaupt (mein Vater ging damals pleite, Mutter hat ihn verlassen, danach nahm ein furchtbares Scheidungsdrama seinen Lauf), denn ich möchte das Schicksal meiner Eltern nicht wiederholen, obwohl ich es immer wieder beinahe dazu kommen lasse. Daher auch meine Therapie, dieses Problem ist allein nicht unter Kontrolle zu bekommen. Schön, Deine Lust an Werkzeugen und Holz. In einem Interview mit Tomi Ungerer habe ich kürzlich gelesen, dass er seinen Kindern nie Spielsachen gekauft hat, sondern von Anfang an immer WErkzeuge geschenkt, damit sie sich alles selbst fertigen konnten. Eine geniale Idee, finde ich, um aus Kindern kreative, praktische Menschen zu machen. Deine Nichte darf mit 13 ruhig so sein, dass kann sich ja noch reichlich ändern. Vielleicht siehst Du ja auch Dich ein wenig in ihr? Sie kann sicher froh sein, so eine tolle Tante zu haben, die sich auf so schwierige Konstruktionen wie Giraffen mit Schubladen einlässt (hat sie mal ein Dali-Bild gesehen? Das kommt mir irgendwie bekannt vor.) Viel Spaß noch und ein schönes Wochenende wünscht Elle | |||||
| Lil Rank:member Group: members Posts: 50 IP Logged PM ID: 106 [PM Lil] | Posted at Sat May 19, 2007 13:38:06 Edit post|Quote
Bei mir ist das oft ein Teufelskreis- etwas nicht erledigt=> Schuldgefühl=>Anspannung=>nicht entspannen können=>kein Ausruhen möglich=>zur Verfügung stehende Energie wird immer weniger, während die Menge an Arbeit immer mehr wird=> etwas nicht erledigen...
Das sag ich mir auch immer, und manchmal hilft das, mit irgendwas anzufangen.
ICh wünsche, ich könnte schreien. Ein Workshop "Streiten auf mediterrane Art", so mit Anschreien, Türenknallen und Abrauschen, den würd ich sofort buchen. Meine Wut wächst im Stillen, und kann erst raus, wenn sie beinahe mörderische Ausmaße angenommen hat. Heulen muss ich dann auch immer, vor Wut, versteht sich. Das einzig gute ist, dass ich auch nicht zum Nörgeln neige. Dazu müsste ich den Mund aufmachen... Und wenns mir über die Hutschnur geht, dann kann es sein, dass ich gehe. Einfach so, wortlos, und manchmal komm ich dann auch nicht mehr wieder, ebenso wortlos. Das wirklich dumme ist, dass sich das immer mehr verfestigt. Da hab ich noch viel zu lernen- auch, dass eine Beziehung, die den Namen verdient, Auseinandersetzungen aushalten muss. Und dass ich das Recht habe, meine Meinung zu vertreten- das gleiche Recht wie mein Gegenüber. Wenn ich warte, bis ich es nicht mehr aushalten kann, ist es zu spät.
Natürlich, das kennst du ja auch zu gut...
Hat sie bestimmt, ihre Lieblingstiere sind Giraffen und sie hat das Zimmer voll mit Bildern und Figuren. Keine Pferde, wie sonst bei Mädels in dem Alter. Ich weiß auch, dass sie mit 13 so sein kann, und auch so sein soll. Und ich versuch alles was ich kann, damit sie dem Druck ihrer Umgebung nicht erliegt, oder nicht mehr, als zum Funktionieren in der Gemeinschaft notwendig. Dafür muss ich öfter mal meiner Schwester den Kopf waschen, die neigt dazu, das "bloß nicht auffallen" zur Lebensmaxime zu machen, anstatt stolz zu sein auf ihre kluge Tochter. Manchmal kann man die Förmchen an der Arbeit sehen, in stetem Genörgel und Kommentieren von morgens bis abends. Pubertät ist, wenn die Eltern schwierig werden:-) Naja, die Giraffe wird morgen weiter gebaut. Der Rohbau steht in meinem Zimmer, beachtliche 2,20 m hoch und wiegt jetzt schon diverse Kilos. Die Schubladen sind auch schon drin. Ab jetzt kommt die Matscharbeit, Pappmaché drauf kleistern und durchhärten lassen. Wenn sie fertig ist, brauchen wir einen Sattelschlepper. Und das Kind kann schon mal den Kleiderschrank aus ihrem Zimmer verbannen. Sonst passt sie nicht rein. So, ich werd jetzt die örtliche Wirtschaft ankurbeln und wünsche noch ein schönes Wochenende! lg Lil | |||||
| Elle Rank:member Group: members Posts: 207 IP Logged | Posted at Sun May 20, 2007 08:20:37 Edit post|Quote [/quote] Das wirklich dumme ist, dass sich das immer mehr verfestigt. Da hab ich noch viel zu lernen- auch, dass eine Beziehung, die den Namen verdient, Auseinandersetzungen aushalten muss. Und dass ich das Recht habe, meine Meinung zu vertreten- das gleiche Recht wie mein Gegenüber. Wenn ich warte, bis ich es nicht mehr aushalten kann, ist es zu spät. Und ich versuch alles was ich kann, damit sie dem Druck ihrer Umgebung nicht erliegt, oder nicht mehr, als zum Funktionieren in der Gemeinschaft notwendig... Manchmal kann man die Förmchen an der Arbeit sehen, in stetem Genörgel und Kommentieren von morgens bis abends. Pubertät ist, wenn die Eltern schwierig werden:-) [/quote] Liebe Lil, es ist nie zu spät, in einem Artikel über Hirnforschung hab ich kürzlich gelesen, dass die neuronalen Verbindungen bis ins hohe Alter noch geändert werden können, d.h. Lernen bis zum Grab möglich ist. Vielleicht hat Deine Therapeutin ja einen schlauen Tipp und es gibt schon Workshops für mediterranes Streiten. Hast Du es schon mal mit einem echten Italiener oder Franzosen probiert? ![]() Das mit der Anpassung von Jugendlichen ist ein schwieriges Thema, da haben wir wegen unseres Sohnes viele Kämpfe ausgefochten, sowohl mit ihm, was das Erlauben von extravaganter Kleidung, Piercings und Haare grün Färben bereits in der Grundschule anging, als auch mit mehreren dummen Lehrern, gegenüber denen wir ihn mehr als einmal in Schutz nehmen und verteidigen mussten. Extreme äußerliche Verkleidungen haben wir ihm damals nicht erlaubt, damit er es sich nicht unnötig schwer macht als Klassenclown in der Schule.Um Kleidung, Geld, Ausgehzeiten etc. haben wir jahrelang zähe Verhandlungen mit ihm geführt, manchmal nachgegeben, manchmal Grenzen gesetzt. Alles in Allem ist uns diese "Erziehung an der langen Leine" ganz gut gelungen inklusive Unterstützung seiner sportlichen Talente (obwohl wir beide eher musisch veranlagt sind). Er lädt heute noch manchmal seine Kumpels zu uns ein, und ich bin dann glücklich, wenn ich sie alle bekochen kann und nach dem Essen Geschichten vom Erwachsenwerden höre.Seine Freundin würde ich auch gern mal in die Arme shcließen, aber die ist noch misstrauisch gegenüber den Alten, lässt uns zumindest immer mal schöne Grüße ausrichten. Zum Nörgeln neige ich leider auch, glücklicherweise war mein Mann da ein gutes Gegengewicht und hat sich mit unserem Jungen verbündet, wenn es nicht mehr auszuhalten war. (Dabei ist damals übrigens der Basedow festgestellt worden, als beide sich einig waren : "du hast irgendwie einen am Appel, geh mal zum Arzt, oder in die Klappsmühle, oder wir müssen ausziehen!" .Hauptsache, Deine Nichte weiß, zu wem sie gehen kann, wenn sie es einmal nicht mehr zuhause aushält bzw. Deine Schwester nicht mehr weiter weiß. So, und jetzt wird gefühstückt und (ein bischen) an der nächsten Steuererklärung gearbeitet. Schönen Sonntag! Elle | |||||
| Elle Rank:member Group: members Posts: 207 IP Logged | Posted at Sun May 20, 2007 08:54:47 Edit post|Quote ...noch ne Idee zum Thema Mund aufmachen und streiten: Ich fluche furchtber gern auf italienisch (BASTARDO, PORCO DIO... z.B.), hab ich mal von einem italienischen Freund der Familie übernommen, (sogar bei der Geburt unseres Sohnes,die Frauen im Kreißsaal nebenan dachten, da liegt eine Sizilianerin nebenan). Kannst Du nicht in eine Fremdsprache wechseln, wenn Du wütend bist und etwas raus muss (vielleich Platt, oder Englisch?), das könntest Du dann möglicherweise vorher ankündigen, so dass Dein Partner wüsste, Vorsicht, da kommt gleich was...? Außerdem hat das auch etwas Komisches und fremdspachliche Worte klingen vielleicht nicht so verletzend... Elle | |||||
| Lil Rank:member Group: members Posts: 50 IP Logged PM ID: 106 [PM Lil] | Posted at Sun May 20, 2007 09:59:14 Edit post|Quote Liebe Elle, meine Lieblingsvorwürfe sind "Wie kommst du denn auf das schmale Brett" oder "Du hast wohl nicht mehr alle Schweine im Rennen". Dafür muss aber viel passieren- letzteres hab ich zuletzt, ich glaube 2003 oder 2004, gegenüber jemandem gebraucht, der meinte er müsse Samstags morgens um 5.20 Uhr (jawohl, kein Tippfehler) unter meinem Schlafzimmerfenster ein Laubgebläse mit 2Takt-Motor anwerfen (So ne Zwiebacksäge :-)) Dann hab ich ihn gefragt, ob das Sondermodell "Besen" in der lautlosen Variante abgeschafft ist... der hat für unseren örtlichen Ver- und Entsorger gearbeitet, musste also um die Zeit raus (meinte sein Arbeitgeber, der zufällig auch der meine ist). Zu einer offiziellen Beschwerde gegenüber der Pappnase, die den Einsatz um diese Uhrzeit geplant hat (es ging um die Reinigung eines großen Innenstadtparkplatzes vor dem Stadtfest- das GEHT mit einem Besen!!!) hat die Wut dann nicht mehr gereicht, leider. Die unter Flüchen entbindende Sizilianerin (Feurio! Mordio!! Porca Madonna!!!) hat bestimmt die anderen Frauen gut abgelenkt :-) Mein Sohn, der ja inzwischen auch nicht mehr bei mir wohnt, kommt auch ab und zu mit Freunden im Gepäck, und kochen ist dann auch immer angesagt. Ne Freundin hat er nicht, scheint er auch nicht zu wollen. Er studiert. Fleißig. Mit Einsatz. Und freiwilligem Lernen. Ich bin immer wieder begeistert. Hausarbeit ist nicht so sein Ding, über den Zustand der Müllkippe, die er sein Zimmer nannte, gabs öfter mal Auseinandersetzungen. Vor allem über die Leergut-Sammlungen. Da hab ich mal alle Plastikflaschen, die er in der ganzen Wohnung (112 m²) verteilt hatte, unter pausenlosem Schimpfen in sein Zimmer geworfen. Mittendrin saß der hoffnungsvolle Nachwuchs mit offenem Mund, und staunte nur noch, weil er mich so auch nicht kannte. Danach hat er dann alle in seinem Zimmer gelagert... Von dem Pfandgeld haben wir die Müllkippengebühren bei unserem Auszug bezahlt. Seit er seinen eigenen Haushalt hat, ist es aber nicht mehr so heftig. Ansonsten gabs nur noch mal Auseinandersetzungen wegen der Schule, als er eine Zeitlang sich nicht so recht drauf einlassen wollte. Da hatten wir ein ernstes Gespräch, in dem ich ihm (wohl erfolgreich) klar gemacht habe, dass mir persönlich es lieber ist, wenn er seinen Weg beschreitet, auch wenn am Ende das Ziel Straßenkehrer heißt- besser ein glücklicher Arbeiter als ein unglücklicher Akademiker. Abitur ist nicht lebensnotwendig, und ich hab auch schon eins, seines ist für ihn alleine. Dann hab ich ihm 14 Tage Überlegungsfrist gegeben. In der Zeit sollte er sich Gedanken machen, ob er an der Schule bleiben will. Wenn ihm der Aufwand zuviel würde, würde ich ihn abmelden, denn er geht nicht für mein Prestige zur Schule... Ich hätte es getan, ihn abgemeldet, und ich glaube, das hat er gespürt. Dass ich das ernst meinte, und nicht als Drohung eingesetzt hab. Er hat sich für die Schule entschieden, wir haben zusammen die bestehenden Lücken aufgeholt, und er hat die nächste Reihe Arbeiten gut und sehr gut geschrieben (nach mangelhaft und ungenügend ein echter Triumph) und das hat ihm wohl gezeigt, dass er mit relativ geringem Aufwand was erreichen kann. Glück gehabt, alle beide... Erstens, weil er noch recht jung war (12 oder 13), und noch zu "kriegen" war, und zweitens, weil ich das wirklich gelassen sehen konnte und ihm da nichts vormachen musste. Meine Mutter fand es verantwortungslos, einem Kind in dem Alter die Entscheidung zu überlassen. Aber wen geht das sonst etwas an, außer das betroffene Kind? Niemanden, denk ich. Hab ihn ja schließlich nicht im Wald ausgesetzt. Obwohl ich Kinder kenne, bei denen mich der Drang beschleicht, ehrlich... Was den "italienischen" Workshop betrifft, so hatte ich gerade eine Idee- ein Bekannter meiner Schwester veranstaltet "Lachkurse". An der VHS und so. Lach nicht, ehrlich! VIelleicht kann man mal mit dem reden...:-) Mein Hauptproblem ist aber, dass man zwar angeblich merkt, wenn ich wütend werde (sagt eine Freundin, die meint, die Luft um mich herum würde vibrieren), aber ich nicht SAGEN kann, warum. Noch schlechter ist es, wenn mich etwas ängstlich, eifersüchtig oder traurig macht. Da geht dann gar nichts mehr, nur noch Schotten dicht und abtauchen. Als ich Anfang des Jahres endlich mir selbst eingestehen konnte, dass mein damaliger Freund wohl nicht mehr wollte (nachdem er sich eine Woche lang überhaupt nicht gemeldet hat, trotz der dringenden Bitte, das zu tun- hab ihm gesagt, dass es mir beschissen ging) hab ich die ganze Woche hier im Dunkeln gesessen, und nur die Katzen gefüttert und von morgens bis spät in die Nacht nur vor mich hin gestarrt. Danach hab ich ihn noch einmal getroffen- und das Thema auch nicht angesprochen, sondern ihm abends eine sms geschickt, mit dem bekannten Ergebnis. Ich vermute, die meisten Frauen hätten das erstens früher thematisiert und zweitens nicht nur einen Krach deswegen gehabt. Aber wenn du sagst, dass man auch in meinem biblischen Alter noch was dazu lernen kann, hab ich noch Hoffnung... So, und nun ist es Zeit, hier was zu tun. Ich wünsch dir noch einen schönen Sonntag! Lg Lil | |||||
| TaniTe Rank:member Group: members Posts: 31 IP Logged PM ID: 47 [PM TaniTe] | Posted at Tue May 22, 2007 13:01:24 Edit post|Quote Hi Lil, jetzt bist du also auch hier gelandet, damit sind wir zusammen in zwei Foren. Lies mal die PM, die ich dir geschrieben habe! Es zeigt sich mal wieder, dass wir sehr ähnliche Problemkombinationen haben, was ich doch ziemlich beruhigend finde. Manchmal ist man ja doch unsicher, ob man das, was man an sich beobachtet, nicht viel zu bruchstückhaft oder verzerrt sieht, und ein Austausch hilft da schon sehr, die Dinge zu komplettieren und einzuordnen. Und sich nicht völlig blöd vorzukommen :-) Also viel Spaß und viel Erfolg in diesem Forum. Ich wünsche dir ganz viele Aha-Erlebnisse! Gruß, TaniTe | |||||
| Lil Rank:member Group: members Posts: 50 IP Logged PM ID: 106 [PM Lil] | Posted at Tue May 22, 2007 13:18:58 Edit post|Quote Huhu TaniTe, hab dir geantwortet- s. PM. Stimmt, das mit dem blöd vorkommen ist die eine Sache. Die andere ist, dass es an vielen Tagen bei mir das Gefühl gibt, in keinem Lebensbereich mehr ohne Kriegsschauplatz zu sein, so wie im Moment. Überall brennts, oder es kokelt zumindest, und Löschwasser ist so knapp... Ich komm mir nicht nur oft zu dumm zum Leben vor, sondern zusätzlich feige, verlogen und was noch alles. Heute mal keine allzu fröhlichen Grüße, Lil | |||||
| Elle Rank:member Group: members Posts: 207 IP Logged | Posted at Tue May 22, 2007 23:32:42 Edit post|Quote Hallo Lil, wie Du schon merkst, mache ich mich hier jetzt ein bischen rar, das liegt an der vielen Arbeit, die ich jetzt ernsthaft angehe, seuf! Jetzt wird es klar, warum ich auch diese so furchtbar lange aufgeschoben hatte, die Angst davor war berechtigt! Lauter Routinekram, z.B. Datenpflege,viel viel zeitaufwendiger als gedacht, aber unerlässlich, damit ich nicht den Überblick verliere und endlich in den Genuss einer neu eingerichteten Datenbank komme, die auf meine Anregung hin endlich professionell modifiziert wurde. Aber was nützt einem die tollste Datenbank, wenn die Datensätze ein Jahr lang nicht gepflegt wurden. Ich entdecke lauter Karteileichen, Mitglieder, die ihre Beiträge 3 Jahre oder ihre Abos 4 Jahre nicht bezahlt haben....usw. In nächster Zeit werde ich all meinen Charme und mein Talent Briefe zu schreiben brauchen, und dabei nicht erneut in Panik geraten, immer schön an Gigi Straßenfeger aus dem Buch Momo denken, die ganze lange Straße, Strich für Strich zu fegen, ohne dauernd daran zu denken, wie lang sie noch ist....und dass ich das niiie schaffen kann. Vor einigen Monaten hätte ich nicht gedacht, jemals wieder so weit zu kommen und auch die Aussage meiner Therapeutin, wir würden erst einmal 12 Sitzungen ansetzen, hielt ich für viel zu kurz, damit ich mich überhaupt ändern kann. Aber ich staune, es tut sich was, alles zusammen hilft, mein großer Leidensdruck, die Tiefe der Sch.... in der ich steckte und vieles mehr. Und nun zu Dir: "Mein Hauptproblem ist aber, dass man zwar angeblich merkt, wenn ich wütend werde (sagt eine Freundin, die meint, die Luft um mich herum würde vibrieren), aber ich nicht SAGEN kann, warum. Noch schlechter ist es, wenn mich etwas ängstlich, eifersüchtig oder traurig macht. Da geht dann gar nichts mehr, nur noch Schotten dicht und abtauchen" Das kann man üben und lernen, das mit dem Lachkursus ist eine gute Idee für den Anfang, dann könntest Du schon mal üben, den Deckel etwas zu lüften. Meine Therapeutin hatte neulich mal die Idee, meinen Vater hereinspazieren zu lassen, damit ich ihm sagen konnte, was ich ihm immer schon mal sagen wollte, aber nie getan habe. Sie ging hinaus, kam wieder herein, brachte einen Stuhl mit, auf dem dann mein imaginärer Vater saß.... Es war ziemlich dramatisch, ich kam mir vor wie in einem Theaterstück, genau so heftig, wie der Ausbruch kam, war's auch schon wieder vorbei. Ich hoffe, dass Du nicht zu lange durch das Tal der Wut und der Tränen musst. Bis demnächst! lg Elle | |||||
| Lil Rank:member Group: members Posts: 50 IP Logged PM ID: 106 [PM Lil] | Posted at Wed May 23, 2007 14:16:20 Edit post|Quote Hallo Elle, hallo alle Anderen ![]() so, nun hab ich die erste Sitzung mit meiner Therapeutin hinter mir, bei der ich die "Förmchen" Theorie außerhalb des Forums vorstellen konnte. Ich war ganz schön nervös vorher, weil ich manchmal schriftlich erheblich klarer bin als mündlich und nicht wusste, ob ich das so rüberbringen könnte. Aber es ist mir geglückt, und ich bin froh, so offensiv gewesen zu sein. Als ich ihr dann sagte, dass mir zunehmend die Diskrepanz zu schaffen macht zwischen meinem kalendarischen Alter, der Zeit, die mir noch bleibt und dem Gefühl, noch lange zu brauchen bis ich "erwachsen" im Sinne von realitätstauglich bin, hat sie mir gesagt, dass man im Hinblick auf Veränderungsmöglichkeiten aber auch auf die WIrkung elterlicher Einflüsse immer auf die Kraft der Kinder vertrauen soll. Soll heißen, dass trotz möglicherweise unheilvoll einschränkender Erziehungsansätze und trotz des Nicht-Gerecht-Werdens die Kraft des Individuums immer auch ein ausschlaggebender Faktor ist. Ich fühle Mut in mir wachsen, und ich kann spüren, dass da tatsächlich ein Kind in mir ist, das sich hat Angst machen lassen vor den Wirkungen seines Handelns, und das vor den Herausforderungen des Umgangs mit dieser Angst immer wieder kapituliert. Das scheint alles erstmal nicht so sehr zusammen zu hängen. Aber beim "Sacken-Lassen" sind mir noch weitere Erkenntnisse gekommen... 1. Ich kann das Förmchen umdrehen- so dass das, was noch wachsen will, nach oben aus dem Förmchen raus kommen kann. 2. Niemand sagt mir mehr, wie ich zu sein habe. Auch wenn ich 44 bin darf ich albern sein, frech oder neugierig, und wenn ich heute etwas sticken will und morgen Wände einreißen, darf ich das, denn über mein Erscheinungsbild entscheide NUR ICH. Schließlich bin ich erwachsen und darf so sein. 3. Ich will versuchen, das, was in mir Angst hat vor Dingen die ich getan (oder öfter: Nicht getan...) habe, nicht mit noch mehr Angst vor den Konsequenzen zu bestrafen. Sondern ihm/ihr Mut machen, Dinge anzugehen, und zwar ganz nach dem Motto: Ein Besenstrich nach dem anderen (Danke, liebe Elle!!!) In diesem Sinn bin ich heute morgen zur Arbeit gegangen. Dort wartete auf mich Unangenehmes, weil sich die Innenrevision angesagt hat (grusel...) und ich gestern zwei Vorgänge nicht auffinden konnte. Weil es sie noch nicht gab. Die entsprechenden Unterlagen hatte ich mit anderen Dingen gestapelt - und vergessen. Ich habe sie (unter dauerndem inneren Gemurmel "Du schaffst das... wirst schon sehen, du machst das gut" rausgekramt, und bearbeitet, und dann weitergeleitet. Dabei habe ich einige andere Sachen gefunden, die ich teilweise bereits suchte, und teilweise schon total vergessen hatte. Der Herbst 2006 war nicht meine beste Jahreszeit. Ich werde an jedem Tag der nächsten 14 Tage länger bleiben und diese Dinge erledigen. Aber nicht alle auf einmal. Das schafft niemand. Ich denke, "Besser spät als nie" ist ein sehr guter Vorsatz, zunächst einmal. Natürlich wird sich das Verschieben nicht von selbst erledigen, es hat ja eine Funktion, und unabhängig davon ist es ein gut trainiertes Verhalten, beinahe ein bedingter Reflex...weil jedes erfolgreiche Verdrängen die schlechten Gefühle mit weg drängt. Aber ich bin zum ersten Mal seit Jahrzehnten sehr guten Mutes- das habe ich euch zu verdanken. Zum ersten Mal hab ich ein bisschen das Gefühl, mir verzeihen zu können, dass ich nicht perfekt bin, sondern ein ganz normaler Mensch. Und das "innere Kind" ist nicht mehr nur ein nachvollziehbares Konstrukt, wie bisher, sondern etwas, was ich in mir fühlen kann und das Realität ist. Mit dem Moment, in dem ich das Kind gespürt habe, habe ich auch eine Erwachsene gespürt. Und sie sagt komischerweise gute Sachen. Nicht: Du wirst schon sehen. Nimm dich in Acht. Mach dies. Lass das. Beherrsch dich. Sondern: Ich pass auf dich auf, ich mach dir Mut. Einerseits fühl ich mich viel weicher und nackter und angreifbarer. Andererseits aber auch flexibler, nicht so starr, nicht so verkrustet und "cool". Und das ist schon mal was :-) Menschenskinder. Ich werde jetzt meinen Feierabend genießen, und mich vielleicht heute nachmittag für die Erkenntnisse belohnen. Indem ich meine Wohnung schön mache... Nicht "Hausarbeit, Spülen und Putzen", sondern "Platz schaffen, Dinge pflegen, mir Raum und Zeit für mich herrichten"- als positive Ausdrücke für die gleichen Vorgänge :-) ![]() ![]() ![]() lil | |||||
| Elle Rank:member Group: members Posts: 207 IP Logged | Posted at Thu May 24, 2007 06:44:23 Edit post|Quote Herzlichen Glückwunsch! Jetzt ist also auch bei Dir ein Knoten geplatzt. Was soll man da noch schlaue Sachen sagen, das ist jetzt nicht mehr nötig,Du machst das schon! Und ich dachte noch, das schafft sie nicht so bald, aus dem Schlamassel herauszukommen. IRRTUM! Meine Therapeutin hat mir gleich zu Anfang gesagt, sie sei immer wieder tief berührt, von den "Wundern", die sich da manchmal vor ihren Augen abspielen. Das macht Hoffnung. Einen wunderschönen Tag wünsch ich Dir! ![]() Elle | |||||
| Lil Rank:member Group: members Posts: 50 IP Logged PM ID: 106 [PM Lil] | Posted at Thu May 24, 2007 23:21:02 Edit post|Quote Huhu Elle, vielen Dank für die Blumen... Und herzlichen Dank für dein Posting. Beinahe hätte ich heute wieder den Boden unter den Füßen verloren, weil alles so viel wurde und ich den Überblick vermisst habe. Sofort wallte wieder Panik auf... Dann hab ich das Posting gelesen und mich wieder zurückgenommen, tief durchgeatmet- und dann heute abend meiner Therapeutin mehr von meinen beruflichen Problemen erzählt. Wir haben jetzt vereinbart, dass ich mir ein Tagesgerüst mache. Mit viel Pausen, aber auch mit Verlegung der Arbeiten, für die ich mich nicht so sehr konzentrieren muss und die nicht so panikbelegt sind, auf den Vormittag. Ich hab mir überlegt, mit welcher Verteilung regelmäßiger Arbeiten ich ausreichend Abwechslung in den Tag und die Woche kriege, und dann erst mal ein grobes Raster für eine Standard-Woche gemacht. Dann hab ich es für die nächsten 5 Tage ausgefüllt, und erstmal viel Zeit für die einzelnen Dinge eingeplant, mehr, als ich wahrscheinlich brauchen werde. Der erste Vorsatz ist dann aber, diese Zeit nicht "in a frenzy" zu füllen, also wie gestört loszukeulen, sondern gründlich zu arbeiten und die einzelnen Sachen zu Ende zu machen. Also, erstmal dran bleiben. Arbeitstraining, sozusagen. Mehr Vorsätze sollen es erstmal nicht sein. Ist ein Vorsatz, zusammen mit einem Wochenplan, wohl okay oder zuwenig/zuviel? Mir fehlt da die Erfahrung. Für Tipps wäre ich da sehr dankbar. Liebe Grüße, Lil ![]() | |||||
| Elle Rank:member Group: members Posts: 207 IP Logged | Posted at Fri May 25, 2007 06:04:59 Edit post|Quote [quote] Mehr Vorsätze sollen es erstmal nicht sein. Ist ein Vorsatz, zusammen mit einem Wochenplan, wohl okay oder zuwenig/zuviel? Mir fehlt da die Erfahrung. Für Tipps wäre ich da sehr dankbar. [quote] Guten Morgen! Keine Ahnung, Du bist da schon einen Schritt weiter als ich, ich habe bisher noch keinen Plan mit Zeitvorgaben gemacht, obwohl meine Therapeutin das auch schon mal vorgeschlagen hat. Es liegt ganz bei mir, ich müsste da auch mal ran, weil unter dem Strich am Ende der Woche noch zu wenig effektiv Geschafftes herauskommt. Das mit den einfacheren Routinearbeiten am Vormittag mache ich momentan auch so, damit ich nicht in Versuchung gerate,morgens gleich mit dem Rumtrödeln anzufangen. Was ist mit Deiner "Tageskurve"? Bisher hört es sich so an, als sei Deine Prokrastination ein rein psychologisches Problem ohne körperliche Ursachen. Dies würde ich nicht aus den Augen verlieren (in den schlimmen akuten Zeiten meiner Krankheit hatte ich vorübergehend 1 - 2 Jahre die Arbeitszeit reduziert auf 35 Std, das hat damals auch geholfen, mein Tagespensum überhaupt zu schaffen). Schönen (Arbeits-)tag noch! Elle ![]() | |||||
| Lil Rank:member Group: members Posts: 50 IP Logged PM ID: 106 [PM Lil] | Posted at Sat May 26, 2007 09:27:46 Edit post|Quote Guten Morgen, Elle, einen Schritt weiter will ich nicht sagen, weil ich mich gut kenne. Ich bin ein Vertreter rasend schneller Fortschritte und abrupter Rückfälle... Obwohl ich sagen muss, dass es sich diesmal anders anfühlt. Vielleicht, weil der Ansatz nicht mehr der ist, mich unter Aufbietung aller psychischer Energie zu etwas zu zwingen und dann eine Weile im jeweiligen Gebiet (Haushalt, Arbeit) "dran" zu bleiben, wobei dann zwangsläufig immer die anderen Bereiche außen vor bleiben. Pläne hab ich mir schon früher gemacht, für den Haushalt sahen sie ungefähr so aus: Aufstehen Kaffee 1. Maschine Wäsche Spülen Staubsaugen 2, Maschine und so weiter. Der Plan fürs Büro enthielt Zeitvorgaben und war schon deshalb anders, und er enthielt Pausen. Theoretisch kann man die Arbeit da in "countable" und "uncountable", also in Einzel- und Massenarbeiten aufteilen. Die Einzelarbeit, wenn also an konkreten "Fällen" etwas zu tun ist, hab ich immer nach Gusto rausgepickt. Dinge, an denen ich mich austoben kann, wurden dann auch sofort und mit Schmackes erledigt. Die Einzelfälle die mich nicht angesprochen haben oder die mich gezwungen haben, mich mit einem Fehler auseinanderzusetzen, plus der Massenkram wie Abheften und so, das blieb liegen. Bisherige "Arbeitsanfälle", die es zwischendurch auch mal für Wochen gab, waren davon gekennzeichnet, dass ich wie eine Wilde zig Leute angeschrieben habe- und wenn dann die Rückläufe kamen, bin ich drunter erstickt. Ich hab mir den Plan so gemacht, dass bestimmte Dinge, also zum Beispiel Massenarbeit, jeden Tag für eine halbe Stunde vorkommen. In einer halben Stunde kann man viel abheften... Aus technischen Gründen liegt die Erfassung von Zugängen zum Sachgebiet jetzt auf dem Vormittag, wobei die Menge an Zugängen nicht von mir abhängt, die kommen einfach rein. Da nur noch einmal am Tag die Post rausgeht, und zwar um halb elf, ist es sinnvoll, alles, was bis dahin da ist, entsprechend zu bearbeiten und alles, was dann noch kommt, am nächsten Morgen zu machen. Das ist auch deshalb sinnvoll, weil ich aufgrund der Notwendigkeit, dass Neuzugänge sofort zu bearbeiten sind, oft genug laufende Sachen unterbrochen habe und mich den Neufällen zugewandt habe, was verheerende Auswirkungen hat, weil die vielleicht mühsam aufgewendete Konzentration dann im Eimer ist. Die Neufälle bleiben dringend, aber wenn die Post vor dem nächsten Tag nicht rausgeht, ist es Schwachsinn, dafür andere Sachen zu unterbrechen. Neben der Grobstruktur eines Zeitplans gönne ich mir jetzt (zur Belohnung, sowas mach ich gerne) jeden Tag eine halbe Stunde für konstruktive Dinge, d. h. ich will mir auch eine Feinstruktur überlegen. Damit erhoffe ich mir auf Dauer eine Ersparnis an Energie. Momentan ist es noch so, dass ich zwar weiß, was ich in jedem Fall zu tun habe. Aber es ist sinnvoll, auch weil ich manchmal den Überblick verlier, Checklisten aufzustellen, die bei verschiedenen Fallarten anzuwenden sind, damit ich keine Details vergesse, nur weil sie vielleicht bei den letzten 20 ähnlichen Fällen nicht erforderlich waren. Ein weiteres großes Stück ist, dass ich zukünftig nicht mehr während der Zeiten, in denen Tätigkeiten im Plan stehen, hier oder woanders einsteige- d.h. kein Surfen außerhalb der Pausen. Und kein Spielchen Solitair, weil das alle machen. Aber zur Entspannung in den vorgesehenen Pausen schon. Der einzige Haken ist für mich, dass ich in einem Bereich des Hauses arbeite, wo nur die Hälfte der Leute die gleiche Sorte Arbeit hat wie ich. Der Rest ist planerisch tätig (wenn überhaupt ) oder wandert durchs Haus und verströmt Charme, Anwesenheit und Führungskompetenz (würg).Es ist manchmal nicht einfach, vor seinem Schrank mit beinahe tausend Fällen zu hocken, während aus Nebenzimmern wieherndes Gelächter ertönt und bei den betreffenden Leuten nichts liegen bleibt. Dafür sind sie zwei Gehaltsgruppen über mir einsortiert. Wenn die dann nach Hause fahren, erwartet sie die holde Gattin nebst frisch gekämmter Kinder, und das wars dann. Kein Einkaufen, keine Wäsche, kein Geschirr... Naja, Neid lass nach... in meinem nächsten Leben werde ich ein Mann ![]() Liebe Elle, schon wieder neigt ein Post sich dem Ende zu, nachdem ich dich gnadenlos vollgeschwallt habe. Ich bewundere deine Geduld. Alle, die hier mitlesen kriegen von mir auch den Ehrentitel einer Therapiegruppe zum Mitnehmen- dieses Forum ergänzt meine teuren Sitzungen wunderbar. Ein wunderschönes Pfingstwochendende wünsche ich uns allen- auf dass uns der heilige Geist oder etwas anderes Wirksames erleuchten werde ![]() in diesem Sinne, liebe Grüße, Lil Edit: Absätze eingefügt ![]() | |||||
| Elle Rank:member Group: members Posts: 207 IP Logged | Posted at Mon May 28, 2007 09:09:25 Edit post|Quote Hello again, gestern hatte ich eine interessante Diskussion mit meinem Göttergatten über das Thema Procrastination und die Ursachen, er aus der Sicht der Freien Wirtschaft, ich aus der Sicht des öffentlichen Dienstes. Seine These, dass die Nischen des öffentlichen Dienstes, mangelnde Überwachung, Procrastination viel länger möglich machen als das in der Freien Wirtschaft möglich wäre. Du und ich hätten wahrscheinlich in der Freien Wirtschaft schon längst unseren Job verloren - zu Recht.Denn wir würden Dienstleistungen für die große Gemeinschaft machen, so stumpfsinnig und langweilig sie auch manchmal sein mögen, wir bekämen dafür bezahlt, dass andere Bürger Ihre Zertifikate rechtzeitig bekämen, Ihre Zahlungszuweisungen oder Mahnungen, je nachdem. Wir würden eine nützliche Rolle für die Gemeinschaft spielen, und niemand habe dabei Interesse an unserer individuellen Person, austauschbar und gut oder weniger gut funktionierend in unserem jeweiligen Verantwortungsbereichen. Der Unterschied zu erfolgreichen Menschen, die in "interessanteren" oder "kreativeren" Berufsfeldern ihre Arbeit machten, liege nur darin, dass diese wirkliche Herausforderungen und langweilige Routine gleichberechtigt betrachten würden und das eine wie das andere erledigen, weil sie sich selbst nicht so wichtig nähmen.Darin liege auch das Geheimnis erfolgreich zu sein. Jeder habe mit Procrastination Probleme,weil wir alle im selben Kulturkreis erzogen wurden und dadurch mehr oder weniger zur Unselbständigkeit und Abhängigkeit programmiert, nur die Egozentriker, die in dem Traum leben würden, sich die Rosinen herauszupicken und etwas ganz besonderes zu sein, kämen in den unüberwindbaren Teufelskreis, ihre Aufgaben nicht erledigen zu können, und schwer wieder heraus. Die Antwort, wie man da wieder herauskäme,liege darin, endlich zu tun "was ich will" und nicht was "andere von denen ich abhängig bin von mir erwarten und mir zuteilen", d.h. nicht mehr "anti" zu rebellieren, sondern "pro" zu kämpfen und Ziele zu erreichen. Solche Leute würden in allen Berufsbereichen immer in dem ganzen Pool von abhängigen irgendwann "herausragen", indem sie mehr Eigenes als üblicherweise erwartet würde vom Rädchen im Getriebe drauf hätten und bei Gelegenheit "hier!" rufen könnten, wenn es um gute und konstruktive Ideen gehe. Du kannst Dir vorstellen, dass ich heftig protestiert habe und hochgegangen bin wie eine Rakete, aber mittlerweile habe ich mich wieder eingekriegt und drüber nachgedacht.Die Theorie gefällt mir, wenn ich es schaffe, mich dadurch moralisch nicht unter Druck setzen zu lassen. Ich bin ja gerade dabei "ich will und ich kann" zu üben und zu spüren, wie gut sich das anfühlt. Und schließlich habe ich ihn überzeugen können, dass die therapeutischen Schritte, sich selbst zu beleuchten, bis in die Kindheit zurückzugehen und die Anfänge dieses Verhaltens zu ergründen(er empfindet dieses "Begööschen" (= selbstmitleidiges Beweinen) als nicht notwendig für sich, das Problem in den Griff zu bekommen, löst es allein ohne therapeut. Hilfe) sehr sinnvoll sind. Das weiß er auch zu schätzen mittlerweile, meine Veränderungen sind auch für ihn spürbar und sehr positiv. Und dass auch ich nützlich für ihn bin weiß er schon lange dankbar zu würdigen (siehe Steuererklärung). Ich wünsche Dir und allen anderen einen anregenden freien Tag. Elle | |||||
| Lil Rank:member Group: members Posts: 50 IP Logged PM ID: 106 [PM Lil] | Posted at Mon May 28, 2007 12:21:18 Edit post|Quote Huhu Elle, das, was dein Mann dir gesagt hat, hab ich mir oft auch selbst gesagt. Da ist auch bestimmt viel wahres dran, aber es ist nicht die ganze Wahrheit. Was ist mit den Bereichen, wo wir uns ausschließlich und völlig privat selbst schädigen? Wenns um Gesundheit geht, um Beziehungen, um Geld? nachdenklich, Lil | |||||