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Abschnitt 16


--,,Du hast noch gar nicht nach den Kindern geschaut!'', sagt Vera vorwurfsvoll, aber lächelnd.

--,,Ich bin doch gerade erst gekommen!'', rechtfertigt sich Felix. ,,Ich hatte doch noch keine Gelegenheit!''

--,,Es geht ja um die Kleinen, wegen mir braucht's du es nicht zu tun!''

--,,Laß mich doch wenigstens mal vorher noch die Jacke ausziehen.''

--,,Beim Zeitungslesen hat sie dich nicht gestört ... und außerdem, das Fernsehprogramm kannst du ja auch noch nachher studieren.'' und dann fügt sie wieder versöhnlicher hinzu ,,Markus hat noch eine Überraschung für dich?''

Wenig später sitzt er auf dem Sofa. Vor sich ein Glas Rotwein, welches ihm Vera zuvor eingeschenkt hatte. Er wollte eigentlich nicht an seine Unterredung mit Mohler denken, aber er konnte es nicht verhindern. Markus machte dann unbewußt einen ernstzunehmenden Versuch.

--,,Papa, Papa, kuck' mal, das hab' ich für dich gemalt!', sagte Markus, während er ihm voller Stolz sein Machwerk zeigte.

--,,Sag' mal Papa, wo du das gemalt hast!''

--,,Im Kindergarten.''

--,,Theresa ließ die Kinder ein Bild von ihrer Familie malen!''

--,,Da ist unser Haus ... das ist Mama im Haus ... und hier die Kinder im Garten ... ''

--,,Und mich? Hast du deinen Papa vergessen?''

--,,Du bist hier im Wald ... bei der Arbeit ''

Abseits sah er die kleine Gestalt ohne Arme, die er sein sollte, zwischen zwei Bäumen, und ein Fluß zwischen ihrem Haus und ihm.

--,,Ich glaub' er will gerne auf deinen Schoß ... '', sagte Vera freundlich lachend.

Es dauerte nur wenige Augenblicke und Markus saß auf seinem Schoß und begann von neuem sein Bild zu erklären.

--,,Vanessa ist gar nicht gekommen, um mich zu begrüßen.''

--,,Sie muß noch ihre Hausaufgaben fertig machen. Heute Mittag war sie doch bei Susanne auf dem Geburtstag gewesen. Wahrscheinlich hat sie auch gar nicht mitbekommen, daß du gekommen bist.''

Markus saß auf seinem Schoß und spielte mit seiner Krawatte. Ihn faszinierte das Mickeymouse-Bild. Felix versank wieder mit seinen Gedanken in der Firma und plötzlich sprudelte es aus ihm heraus:

--,,Herr Mohler war heute so schrecklich formal gewesen. Aber was mich irritierte, war, daß es sich irgendwie nur gegen mich richtete ... immer nur wenn er mit mir redete ... vielleicht habe ich mir auch alles nur eingebildet ... ''

--,,Sag' mal, kannst du dich denn nicht mal fünf Minuten mit deinen Kindern beschäschtigen. Immer nur: die Firma, die Firma ... ''

--,,Aber das beschäftigt mich halt jetzt! Der war wirklich komisch!''

--,,Hat er etwas gesagt, was ... ''

--,,Nein, überhaupt nicht, ... es war nur seine Art ... diesmal sprach er mich zum Beispiel nur korrekt mit `Herr Schmied' an ... ''

--,,Aber es hat dich doch immer gestört, wenn er das `Herr' wegließ''

--,,Schon, aber sein `Herr Schmied' war viel schlimmer ... ich kann's nicht beschreiben ... es war alles so, als wollte er Distanz schaffen ... als wollte er den gemütlichen Nachmittag in seinem Garten ungeschehen machen ''

Wahrscheinlich war das Verhalten von Dominique Schuld an seinem Verhalten. Es konnte ihren Mann doch nicht kalt gelassen haben, wie seine Frau sich so offensichtlich um ihn bemüht hatte. Den ganzen Tag quälte Felix dieser Gedanke. Aber Felix fühlte sich unschuldig, er hatte sich völlig korrekt verhalten. Was hätte er denn anderes tun sollen. Warum hatte er aber Vera nichts von Dominique erzählt? Natürlich hatter er sie erwähnt, als er aufzählte, wer alles im Garten anwesend war. Ganz nett sei sie, hatte er auf ihre Fragen gesagt, aber nichts davon, wie attraktiv er sie gefunden hatte, und vor allem nichts darüber, wie sie mit ihm geflirtet hatte. Warum sollte er das denn auch sagen? Er war sich doch selbst nicht sicher, ob er ihr Verhalten wirklich richtig deutete. Vielleicht war es ja Dominiques normales Verhalten, konnte doch sein, oder nicht. Es gab ja solche Frauen. Markus riß ihn aus seinen Grübeleien.

Vera hatte nicht ganz unrecht, wenn sie sich immer beklagte, daß er zu wenig Zeit für die Kinder hätte. Aber was sollte er tun? Nächste Woche würde er schon wieder eine ganze Woche nicht zu Hause sein. Vielleicht sogar auch sonntags, aber das hing ja noch von der Reiseverbindung ab. Irgendwie mußte er das Seminar in Berlin noch Vera beibringen. Für Dienstag hatte sie sogar extra einen Babysitter besorgt, damit sie zusammen mit Chris und Moni Tennis spielen könnten. Sie würde bestimmt sauer sein. Diesmal könnte er es auch verstehen, es war ja schließlich seine dritte Dienstreise in zwei Monaten. Und jedesmal gleich mehrere Wochen. Und die ganzen Abende, die er wegen TQM hatte in der Firma verbringen müssen. Berlin wäre aber nur eine Woche. Es gab dort wirklich ein interessantes Programm, was ihm weiterhelfen würde. Es war eine einmalige Chance, die er unbedingt wahrnehmen sollte. Und außerdem hatte ihn Herr Mohler selbst doch vorgeschlagen. Da konnte er doch nicht einfach absagen. Es freute ihn schon jetzt, wenn er sich vorstellte, wie er dann Herrn Mohler auflassen laufen würde. Seiner Sachkompetenz könnte er sich dann nur noch schwerlich entgegenstellen.

--,,Herr Mohler hat übrigens gemeint, daß ich einmal an einem Business-Reengineering-Seminar teilnehmen sollte. Wir müßten sicherstellen, daß wir mit unserem TQM-Prozeß keine Sonderwege einschlügen, hat er gemeint. Wußtest du eigentlich, daß über sechzig Prozent aller Firmenumstrukturierungen scheitern? Wir könnten es uns nicht leisten, die gleichen Fehler wie andere noch einmal zu machen. Deshalb sollte ich unbedingt an diesem Seminar teilnehmen.''

--,,Naja, dann kann er doch nicht so schlecht auf dich zu sprechen sein!''

Denkt die eigentlich, daß das Seminar hier in der Firma stattfinden wird, oder warum fragte sie nicht, wo und wann es sein soll? Es muß ja wohl so sein, sonst würde sie doch nicht so ruhig bleiben. Sollte er die Sache zunächst mal auf sich beruhen lassen und gegebenenfalls später einen neuen Anlauf nehmen? Viel Zeit hatte er nicht mehr. Es wäre besser, wenn er es ihr gleich beibringen könnte.

--,,Bist du eigentlich immer noch nicht zum offiziellen Leiter gemacht worden?'', fragt sie stattdessen.

--,,Defakto mache ich es ja, aber offiziell ist überhaupt nichts ... dieser Sonntag, hält sich aber immer noch für den eigentlichen Leiter und glaubt, daß er mir Instruktionen geben kann ... der kommt mindestens einmal am Tag.''

Dann kommt die Frage von Vera, die er am meisten fürchtete:

--,,Hoffentlich gibt es dann auch die in Aussicht gestellte Gehaltserhöhung. Was denkst du? So einen Tausender mehr könnten wir dringend gebrauchen!''

Was heißt hier einen Tausender. Er könnte froh sein, wenn er ein paar Hundert Mark mehr bekäme. Aber selbst wenn er tausend Mark mehr bekäme, selbst 1000 Mark netto, es würde nichts bringen. Sie würde es verpulvern. Hier ein paar schicke Schuhe, dort ein toller Pullover, und sie wären soweit wie vorher. Nur ein Kleid weniger im Monat, und er würde gar keine Gehaltserhöhung benötigen. Wenn er ihr dies aber jetzt sagen würde, wäre es wieder mit dem Frieden vorbei. Was habe sie denn sonst vom Leben, würde sie dann wieder jammern. Die einzige Freude wolle er ihr nehmen, würde sie heulen, toben oder schluchzen. Was nütze denn sein ganzer toller Job, wenn sie sich nicht mal ab und zu ein paar Schuhe gönnen könne. Und die Pullover, die Kleider, was ist damit, könnte er sie dann fragen, wenn er den Streit forcieren wollte. Es wurde immer schlimmer mit ihr, je mehr er verdiente, je mehr gab sie aus, und war immer noch unzufrieden, daß sie nicht mehr Geld hätten.



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