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Prokrastination Home
Forum Startseite>>Procrastination>>erfolgloses Studium - wie gehts weiter?

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Walli
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PM ID: 72
PM [Walli]

Last replied to on Tue Jul 17, 2007 12:13:04
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Hallo Leidensgenossen,

ich habe mich gerade hier angemeldet, weil ich hoffe, dass mir jemand helfen kann (eigentlich hoffe ich auf ein Wunder, das geschieht, ohne dass ich irgend etwas tue).

Hier habe ich meine Leidensgeschichte schon mal niedergeschrieben: http://www.kompetenznetz-depression.de/agora/view.php?site=kndepression&bn=kndepression_umgangmitderkrankheit2&key=1170496045
Dort hat man mir auch dieses Forum empfohlen.

Nochmal kurz:
Ich war schon immer introvertiert und etwas schüchtern, was mich auch schon immer gestört hat. Meine glücklichste Zeit war - glaub ich - bis zum Ende der Grundschule, weil da alles noch gut war. Direkt nach der Schule habe ich Hausaufgaben gemacht, gute Noten erzielt. Dann bin ich aufs Gymnasium gewechselt und das Elend nahm seinen Lauf. Ich konnte mich nie wirklich integrieren (so fühlte ich jedenfalls und war damit sehr unglücklich), was mir schon sehr früh sehr viel Kraft raubte. Vermutlich habe ich mich selbst durch diese Gedanken, Minderwertigkeitskomplexe etc. in eine soziale Phobie manövriert. Ich habe nie wirkliche Interessen entwickelt und sämtliche Arbeiten vor mir hergeschoben, weshalb meine schulischen Leistungen auch immer nur mittelmäßig waren. Trotzdem habe ich irgendwie ein halbwegs gutes Abitur geschafft. - Auch wenn ich das Lernen für mögliche Abfragen etc. meist auf die letzten 15 Minuten vor Unterrichtsbeginn verschoben habe. Für's Abi habe ich auch nur eine Woche wirklich gelernt, obwohl ich mich zwei Wochen hingesetzt (und in der ersten Woche vor mich hin gestarrt) habe.

Ich glaube, in meinem Leben gibt es einige Teufelskreise, die mich immer wieder runterziehen und mir Energie rauben. In diese gehören die Begriffe introvertiert, traurig, kraftlos, interessenlos, depressiv, mutlos, minderwertig, soziale Phobie und Procrastination.

Ganz schlimm wurde es am Anfang meines Studiums. Da ich - wie bereits geschrieben - nie wirkliche Interessen bei mir entdecken konnte, wusste ich nicht, was ich nach dem Abitur machen sollte. Auf einmal waren die feste Klassengemeinschaft und das 'große Lebensziel' (Abi) weg, ich wurde nicht mehr geführt, musste auf eigenen Beinen stehen. Entscheidungen habe ich natürlich vor mir hergeschoben. Ich habe mir noch nie etwas zugetraut und mich deshalb nicht reif für einen Beruf bzw. eine Ausbildung gefühlt, obwohl ich nie mehr etwas lernen wollte. Schließlich hatte ich ja schon so viele schlechte Erfahrungen damit gemacht, was passiert, wenn man das Lernen vor sich herschiebt. Es war einfach ein mieses Gefühl und das wollte ich nicht mehr. Aber - wie gesagt - ohne Interessen und Selbstvertrauen wollte/konnte ich nicht in einen Beruf starten. Außerdem hatte ich bei der einwöchigen Abivorbereitung gesehen, dass ich es doch kann und dass dann auch gute Ergebnisse dabei herauskommen. Ich habe ein sehr gutes Ergebnis im Leistungskurs Wirtschafts- und Rechtslehre und ein recht gutes in Physik erhalten.
Ich habe mich nie wirklich damit auseinander gesetzt, was nun kommt. Stattdessen habe ich mich dazu entschieden, die letzten Erfolge (Wirtschaft+Physik) wiederholen zu wollen. Deshalb habe ich mich für den Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen mit der technischen Fachrichtung Elektrotechnik entschieden, ohne mich großartig darüber zu informieren. Mir schien es, als würde ich damit meine beiden guten Leistungskurse fortsetzen können.
Außerdem dachte ich, ein Studium würde mir gut tun, da es mir vielleicht hilft, meine Persönlichkeit zu entwickeln und mir selbst endlich etwas zuzutrauen.
Es kam aber ganz anders: ich habe mich von Anfang an unwohl gefühlt. Ich musste teilweise um 4:30 Uhr aufstehen, um per Auto, Zug und Bus pünktlich zur ersten Vorlesung anwesend zu sein. Spät abends kam ich völlig fertig zuhause an. Ich war immer müde, konnte mich nicht konzentrieren und mir ging es immer schlechter. Ich habe nur noch die anderen Studenten gesehen, denen es scheinbar so gut ging. Die hatten Spaß, konnten lachen, das waren Erfolgstypen. Ich habe mich immer kleiner gefühlt. Jetzt musste etwas passieren, weshalb ich mich in eine Psychotherapie begab. Ich vermutete eine soziale Phobie, weil ich mich schon immer klein und unfähig gefühlt hatte und nie in der Öffentlichkeit auftreten konnte. Ich dachte, wenn das weg ist, wird alles besser. In den Momenten, in denen ich scheinbar etwas gegen meine Probleme unternahm, ging es mir gut. Aber gebracht hat alles nichts, denn die wahren Entscheidungen habe ich immer weiter vor mir hergeschoben. Statt zu studieren, bin ich allem aus dem Weg gegangen und habe meine Zeit mit einem ebenso erfolglosen Studenten verschwendet oder einfach nur vor mich hingestarrt. Seit fast zwei Jahren wohne ich jetzt in Uninähe, habe aber noch nichts erreicht. Ich denke mir immer, du hast soviel Stoff nachzuholen, da gehst du jetzt besser nicht in die einschläfernden Vorlesungen, sondern lernst lieber für dich, das ist effektiver. Aber dann passierte leider fast immer doch nichts. Ich habe mich lieber vom Fernseher oder vom Computer berieseln lassen oder bin zur psychologischen Beratung der Uni gegangen. Irgendwie habe ich meine Zeit immer rumgekriegt, ohne etwas wirklich Sinnvolles getan zu haben. Ich habe gerade eine Therapie gegen meine massiv gewordenen Depressionen hinter mir und fühle mich bereit, zu lernen. Durch diese Therapie habe ich mir auch einen Nebenjob gesucht, der mir geholfen hat, wieder auf die Beine zu kommen - sozusagen eine Resozialisierungsmaßnahme. Durch den ständigen Kundenkontakt habe ich sämtliche sozialen Phobien verloren. Ich bin auch seit ca. 1,5 Monaten mit Prüfungsvorbereitungen beschäftigt; vielleicht nicht so intensiv, wie es ein 'guter Student' sein müsste (27 Stunden am Tag etc.), aber immerhin stetig.

Aber trotzdem geht es mir nicht wirklich gut. Ich dachte mir, wenn ich endlich gesund bin (soziale Phobie, Depressionen, Procrastination etc.), wird das Studium auch laufen. Aber das Studium scheint alles zu verschlimmern.

Versetzt Euch bitte in meine Lage und gebt mir Tipps, schreibt mir, was Ihr machen würdet: Ich habe es nun bis ins 7. Semester geschafft - nahezu völlig erfolglos. Ein paar wenige Scheine habe ich geschrieben, aber nichts, was mich in die Nähe eines Vordiploms bringen würde. Elektrotechnik hat eine Durchfallquote von über 80%, weshalb der Arbeitsaufwand einfach gigantisch ist. Außerdem habe ich eine Abneigung gegen dieses Fach entwickelt. Ich dachte mir, das wird besser, wenn ich erste Erfolge sehe. So vertröste ich mich schon seit Jahren. Mittlerweile glaube ich nicht mehr, dass ich mir weitere Vertröstungen leisten kann. Vielleicht bin ich auch traumatisiert durch diesen Studiengang, der mir immer wieder eins auf den Deckel gegeben hat. Zugegeben, ich habe bisher nie wirklich viel dafür getan, aber trotzdem ist es wohl so, dass Wirtschaftsingenieurwesen der anerkannt schwierigste Studiengang ist (doppelte Stoffmenge und zudem aus völlig verschieden Gebieten). Zudem ist an unserer technischen Uni Elektrotechnik kein Zuckerschlecken. Das wurde mir jetzt so gesagt, ich hatte mich ja nie damit beschäftigt. Ich fühle mich so schlecht, wie noch nie in meinem Leben. Jahre habe ich verschwendet, um zu einer Erkenntnis zu kommen, die Andere spätestens im 2. Semester erhalten und dann schleunigst wechseln. Hätte ich wenigstens die Elektrotechnik links liegen lassen und mich auf den wirtschaftlichen Bereich konzentriert, hätte ich jetzt vermutlich einige Vordiplome vorzuweisen. Aber nein, ich war verschreckt, habe mich vor dem Studium gedrückt, wollte erst das Übel (Elektrotechnik) beseitigen und mich dann den 'schöneren Dingen' (Wirtschaft) zuwenden. Gebracht hat mir das nur Ärger. Ich lerne gerade für eine Vordiplomsprüfung mit 90% Durchfallquote. Der Stoff liegt mir eigentlich, aber die Klausuren sind so unverhältnismäßig viel schwerer, als alle Übungen zusammen und auch so gänzlich anders aufgebaut. Ich habe Angst, dass mir das in jedem Studiengang so geht, auch wenn nicht anzunehmen ist, dass andere auch so 'fies' sind, wie ET.
Jedenfalls komme ich mir ziemlich verloren und hilflos vor. Ich lerne für eine fast nicht zu bestehende Klausur (übrigens mein letzter Versuch; diesmal lerne ich aber wirklich stetig und schon lange), um mir zu beweisen, ob ich es kann oder nicht. Und dabei werde ich das Gefühl nicht los, dass ich nie wieder mit Elektrotechnik in Berührung kommen will. Aber was dann? Was soll aus mir werden? Nach 7 Semestern erfolglosem Rumsitzen? Ich habe versucht, Interessen in mir zu finden; ohne Erfolg. Eine Ausbildung beginnen? Aber dann würde ich mich vermutlich ärgern, weil ich theoretisch schon damit fertig sein könnte, hätte ich es gleich gemacht. Außerdem: findet man überhaupt eine, wenn man schon so alt ist (werde dieses Jahr 24)? Oder etwas anderes Studieren? Auf eine FH wechseln, weil es dort praxisbezogener zugeht? Einen harten Schnitt machen und etwas anderes versuchen, oder noch 1-2 Semester schauen, wie mein jetziges Studium läuft, wenn ich stetig lerne?

Leute, ich weiß echt nicht mehr weiter. Ich fühle mich total hilflos. Sagt mir bitte, was ich machen soll :-(

leonardo
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PM ID: 11
[PM leonardo]

Posted at Wed Feb 21, 2007 11:15:57
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Hallo Walli,
schön dass du zu uns gefunden hast.

Zum Thema Depression, unter dem ich auch leide:
Ich habe nicht den Eindruck, dass du deine Depressionen schon überwunden hast. Dagegen stehen ein paar typische Äußerungen, die du hier und im KND gemacht hast, z.B.:
- du hältst dich für eine uninteressante Persönlichkeit, fühlst dich unreif
- du grübelst über die richtige Entscheidung nach, triffst aber keine Entscheidungen
- du machst dir Schuldgefühle wegen der „vertanen“ Zeit
- du charaktierisierst dich mit Begriffen wie introvertiert, traurig, kraftlos, interessenlos, depressiv, mutlos, minderwertig
- Gefühle von Angst und Hilflosigkeit

Hast du dir schon einmal überlegt, dass die Krankheit Depression vielleicht auch eine Botschaft für dich beinhaltet? Dazu meine ganz persönliche Erfahrung:
Depressionen haben meistens eine Ursache und einen Auslöser. Die beiden Dinge sollte man genau auseinander halten. Die Ursache liegt z.B. oft in der Kindheit (z.B. hohe Leistungsanforderung der Eltern), der Auslöser ist dann z.B. eine akute Überforderung in der Gegenwart. Und da man sich aufgrund der Prokrastination sehr leicht überfordert fühlt, besteht hier ein deutlicher Zusammenhang zur Depression!
Die klassische Verhaltenstherapie kümmert sich eher weniger um die Kindheit. Da du dazu auch nichts geschrieben hast, lasse ich es hier mit einer Buchempfehlung bewenden. Mit diesem Buch kannst du selber rausfinden, was mglw. in deiner Kindheit falsch gelaufen ist:
Josef Giger-Bütler: Sie haben es doch gut gemeint

Meiner Meinung nach werden Menschen oft depressiv, weil sie nicht ihr eigenes Leben leben, sondern das tun, was sie denken, dass die anderen von ihnen erwarten (in der Regel, weil sie denken, dadurch Anerkennung oder Liebe zu bekommen). Wenn man das lange genug getan hat, dann weiß man gar nicht mehr, was man eigentlich selber will. Vielleicht ist das die Leere, die man in der Depression empfindet? Passt das nicht irgendwie zu deiner Interesselosigkeit?

Hast du eigentlich schon mal über eine medikamentöse Behandlung deiner Depris nachgedacht? Meine Erfahrungen damit sind durchaus positiv, auch wenn Medikamente natürlich nicht unbedingt die Wurzel des Übels beseitigen. Sie können dir aber die Kraft geben, mit deren Hilfe du dann an anderen Fronten wieder kämpfen kannst. Du schreibst im KND, dass du genetisch für Depressionen veranlagt bist. Gerade dann sollten Medikamente helfen!

Wie wäre es außerdem mit einer Selbsthilfegruppe?

Zum Thema Prokrastination:
War die Prokrastionation eigentlich Gegenstand deiner Therapie? P. scheint etwas anderes zu sein, als die typische Antrieblosigkeit bei einer Depression und sie hat bei mir auch nicht auf antriebssteigernde Antidepressiva reagiert. P. scheint so etwas wie eine tief verwurzelte schlechte Angewohnheit zu sein. Leider ein sehr verfestigtes Muster.

Auf dieser Seite werden ja eine ganze Reihe möglicher Ursachen für Prokrastination genannt. Aus deinen Beiträgen habe ich den Eindruck, dass du kein wirkliches Ziel hast, also keines, wo du wirklich 100% dahinter stehst. Und das in einem Studiengang, wo du dich eigentlich zu 150% Leistung motivieren müsstest! Welches Bild hast du von deinem Ziel vor Augen? Ist es nicht eher ein abschreckendes Bild, das Bild vom Erfolgsmenschen? Du hast nicht den Mut zu einer Entscheidung, aber de facto triffst du eine Entscheidung, indem du das Problem aussitzt. Irgendwann ist der Zug nämlich abgefahren, wie du schon selber richtig festgestellt hast.

An dieser Stelle noch einmal eine Buchempfehlung, die dir vielleicht helfen kann, herauszufinden, was du mit dem Rest deines Lebens anfangen willst:
Barbara Sher: Ich könnte alles tun, wenn ich nur wüsste, was ich will

Wie sieht es eigentlich bei dir mit der Pr. im privaten Bereich aus? Schiebst du auch Sachen auf, die dir eigentlich Spaß machen würden, z.B. bei deinen Hobbies, falls du welche hast?

Und noch eine letzte Buchempfehlung:
H.W. Rückert: Schluss mit dem ewigen Aufschieben

Dies ist m.E. das am tiefsten gehende Buch zum Thema, was die Prokrastination mit den Mitteln der kognitiven Verhaltenstherapie angeht.

So, die Entscheidung kann und will ich dir nicht abnehmen, aber ich hoffe, ich konnte einige Denkanstöße liefern.

Bitte auch PM beachten!

Alles Gute
Leo

-----------------------------
Fallen ist keine Schande, liegen bleiben schon!

Walli
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PM ID: 72
[PM Walli]

Posted at Wed Feb 21, 2007 13:26:16
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Hallo Leo und danke für Deine Antwort.

Wie sich das mit meiner Depression verhält, weiß ich nicht wirklich bzw. will es vielleicht nicht wahrhaben. Jedenfalls gab es eine Zeit während meiner Therapie, in der es mir wirklich gut ging. Ich hatte gerade den neuen Nebenjob begonnen und Erfolge gesehen. Ich mache die Arbeit gut, werde von Kollegen (und Kunden) akzeptiert, habe sogar Spaß mit ihnen und kann/konnte viel lachen. Ich habe mir selbst bewiesen, dass ich etwas kann und keine uninteressante Persönlichkeit bin. Zu dieser Zeit ging es mir wirklich gut, aber dann hat mich die Realität wieder eingeholt. Das verkorkste Studium, die Ungewissheit, wie es weitergeht...

Medikamente habe ich schon probiert. Es hat mir in meiner schwer depressiven Zeit auch gut geholfen, irgendwann aber habe ich keine Wirkung mehr gespürt. Das soll aber nicht heißen, dass es mir plötzlich wieder so schlecht wie vorher ging. Vielleicht hatte ich einfach einen Serotoninmangel o.ä., der durch die kurze Medikamenteneinnahme behoben wurde. Ich möchte wirklich daran glauben, dass ich meine kraftlose Zeit überwunden habe. Schließlich kann ich regelmäßig zum Nebenjob gehen, regelmäßig lernen und regelmäßig Sport treiben. Letzteres tut mir auch sehr gut, denn ich merke jedesmal, dass ich danach nicht mehr so gestresst bin. Abbau von Stresshormonen und Ausschüttung von Glückshormonen...

Ich glaube, meine jetzigen Probleme sind, dass ich nicht weiß, was ich werden will. Das wusste ich noch nie. Meinem Vater ging es vermutlich genauso. Er war sehr intelligent, hatte aber psychische Probleme, verursacht in seiner Kindheit. Er hatte viele Berufe ausprobiert und ist dann bei einer sehr niedrigen Tätigkeit hängen geblieben. Ich bin mir sicher, dass ich Einiges von ihm vererbt oder anerzogen bekommen habe. Aber so will ich nicht werden, ich will irgend etwas aus meinem Potential machen, sonst würde ich vermutlich nie mehr glücklich werden; er wurde es auch nicht. Ich habe ihn immer nur spät nachmittags nach seiner Arbeit erlebt - müde und unmotiviert. Er hatte keine Hobbys, keine Freunde, keine Interessen, außer vielleicht irgendwelche Arbeiten am und im Haus, vor dem Computer zu sitzen und sich der Alkoholsucht hinzugeben. Vermutlich habe ich da genetisch was mitbekommen und mir auch vieles von der 'Untätigkeit' abgeguckt. Wirklich aktive Handlungen meiner Eltern, die negativ auf mich gewirkt haben, gab es, soweit ich weiß, nicht. Mir war es zwar manchmal peinlich, wenn mein Vater betrunken war, was dazu geführt hat, dass ich nur meine besten Freunde zu mir eingeladen habe, aber irgendwelche Gewalt, wie man sie vielleicht von Alkoholikern aus dem Fernsehen kennt, gab es bei uns nicht. Ich wurde auch nicht gezwungen, irgend etwas Ungewolltes zu tun, d.h. es gab keine großen Ansprüche. Ich bin auf das Gymnasium gegangen, weil ich einfach gut war. Genauso gut hätte ich mich aber auch für eine andere Schulform entscheiden können, ohne dass meine Eltern etwas dagegen gehabt hätten. Meine Interessenlosigkeit besteht eigentlich schon seit ich denken kann. Andere Kinder haben mit Leidenschaft Dinosaurier gesammelt oder im Fußballverein gespielt - sowas hatte ich nicht. Ich war irgendwie schon immer in der Rolle des passiven Beobachters - und das würde ich gerne ändern.

Es wäre so phantastisch, wenn ich irgend etwas finden würde, was mir Spaß macht, was mich motiviert, weiter zu machen. Etwas, hinter dem ich zu 100% stehen könnte. Wie findet man denn so etwas?

In meiner Therapie wurde Procrastination übrigens nicht behandelt, da die Psychologie scheinbar nichts davon hält. Ich habe sowohl den Uni-Psychologen (ein älterer Herr mit viel Erfahrung) als auch meinen Therapeuten (frisch selbstständig gemacht und jung) darauf angesprochen. Die wussten erstmal gar nichts damit anzufangen und meinten, das sei ein Aspekt der Depression. Eine besondere Behandlungsmethode gebe es nicht.

Mittlerweile fühle ich mich jedenfalls viel fähiger, zu studieren. Wie gesagt - ich lerne jetzt regelmäßig (endlich) und es geht; ich mache Fortschritte und verstehe auch alles, was ich lerne. Jedoch erdrückt mich die Vorstellung, dass ich dazu so verdammt lange gebraucht habe und dass ich leider nicht wirklich weiß, ob ich nicht gerade für etwas total sinnloses lerne, weil ich es vielleicht gar nicht bestehe bzw. dieser Studiengang nichts für mich ist.

Übrigens kann es durchaus sein, dass ich depressiv werde, weil ich nicht mein eigenes Leben lebe, sondern das mache, wovon ich mir Anerkennung erhoffe. Das Problem ist nur, dass ich - wie geschrieben - nicht weiß, was mein Leben ist/sein soll/kann. Ich habe keine Träume, ich hatte noch nie Ehrgeiz. Das finde ich sehr traurig, woher bekommt man sowas denn?

Niniel
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[PM Niniel]

Posted at Wed Feb 21, 2007 14:24:36
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hallo Walli
kann Dir keine so fachlich fundierte Antwort geben wie Leo. Möchte Dich auf alle Fälle lieb grüßen und Dir sagen, dass Du nicht allein bist! Für mich ist auch das Studium zu einer einzigen Aufschiebefalle geworden und hat die Konsistenz von Gummi, es wird immer länger! Zeitweise ging es mir auch so, dass ich gezweifelt habe, ob meine Wahl richtig war und ganz sicher bin ich mir heute noch nicht. Als Idee: Denke weniger an die Ausbildung, bin mir sicher Du kannst das Studium oder was dafür nötig ist schaffen, denk daran wie das Berufsleben aussieht und was Du Dir tagaus tagein vorstellen könntest. Was meinst Du ?
Denke nicht, dass Du mit 24 schon zu alt wärst um nochmal eine neue Richtung einzuschlagen z.B. eine Ausbildung zu machen statt zu studieren.
P.S. Wie schaffst Du es rewgelmäßig zu lernen? Lerne gerade für examen und wenn ich zu viel Angst bekomme, kneife ich immer.:-(
Lg
Niniel

Walli
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[PM Walli]

Posted at Wed Feb 21, 2007 19:05:39
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Hallo Niniel,

danke für Deine Antwort! Was studierst Du denn?
Ich weiß auch nicht so recht, wie ich das mit dem Lernen schaffe. Es ist auch nicht so, dass es mir immer gelingt. Im Studi-Survival-Guide von Martin Krengel stehen einige Tipps, wie man mit Aufschieberitis umgehen kann. Dieses Buch wurde mir auch mal empfohlen. Bei mir ist es mittlerweile soweit, dass mir nahezu jede Art von Ablenkung langweilig geworden ist (das heißt aber nicht, dass ich mich nicht doch ab und zu ablenken lasse) und mich mein schlechtes Gewissen und alles, was damit zusammenhängt, so sehr niederdrückt, dass ich das Gefühl habe, ich muss jetzt was lernen, oder ich gehe kaputt.
Wirklich gute Methoden, mit dem Lernen zu beginnen, sind die 5-Minuten-Taktik und das Aussitzen. Manchmal mache ich es bewusst so, dass ich mich auch ohne Lust an den Schreibtisch setze und den Stoff anstarre. Ganz ohne Motivation könnte ich in dieser Zeit sowieso nichts Sinnvolleres machen. Mit etwas Glück finde ich so den Einstieg ins tägliche Lernpensum. Die 5-Minuten-Taktik ist ähnlich: man trifft sozusagen mit seinem inneren Schweinehund das Abkommen, dass man nur 5 Minuten konzentriert lernen will. Danach darf der innere Schweinehund machen, was er will. Dazu kommt es aber so gut wie nie, denn wenn man mal dabei ist, ist der Anfang geschafft und man will gar nicht mehr so schnell aufhören.

Aber leider klappt das nicht immer. Heute ging z.B. fast gar nichts. Ich hoffe aber, dass es bei mir jetzt stetig besser wird. Ich kenne das auch - vor schwierigen Aufgaben drücke ich mich auch gerne.

Walli
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PM ID: 72
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Posted at Thu Feb 22, 2007 09:19:21
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(Guten) Morgen!

Mir geht es gerade nicht so gut. Ich habe etwas gestöbert, mich durch einige Texte gelesen und festgestellt, dass Procrastination wohl doch nicht so einfach zu überwinden ist, wie ich es gerne hätte, nämlich von jetzt auf gleich. Vorgestern habe ich auf die vergangenen Erfolge bzgl. stetigem Lernen zurückgeblickt, mir ein bisschen Ruhe gegönnt und recht wenig gelernt. Gestern ging es dann so weiter, wobei mir das schon unbehaglich wurde. Ich wollte etwas machen, kam aber nicht darüber hinaus, mich kurz an den Lernstoff ranzusetzen. Mal schauen, was heute dabei herauskommt.

Seit ich heute aufgewacht bin, plagen mich wieder Zweifel. Ich habe schon das Gefühl, dass ich mich für den falschen Studiengang entschieden habe. Ein wirkliches Interesse für die trockene und wahnsinnig tiefgehend theoretische Elektrotechnik hatte ich noch nie, dachte aber, dass dies mit den ersten Erfolgen von selbst kommt. Würde ich nicht mehr aufschieben und mich dem Studium voll zuwenden, würde es mir dann Spaß machen und mich motivieren? Ich weiß es nicht. Vielleicht wäre es besser, auch nach unzähligen Semestern (zumal erfolglos) doch etwas Anderes anzufangen. Dann fragt sich natürlich, was das sein soll, was mir am besten liegt, was mich immer wieder motivieren kann, weiter zu machen.

Dummerweise glaube ich aber, dass ich mittlerweile einfach keine Zeit mehr habe, mich mit irgendwelchen Problemen auseinanderzusetzen. Die Procrastination müsste von jetzt auf gleich weg sein und ich müsste eine klare Vorstellung davon haben, was mir liegt, mir Spaß macht und was ich jetzt aus mir machen will/kann.
Ich habe 3,5 Jahre auf der Uni dahinvegetiert, nichts erreicht, keine Ausbildung - was soll ich denn nur machen? Ich habe doch gar keine Zeit mehr, mich noch einige Jahre zu therapieren und mich selbst zu finden.

Ich habe nur noch eine Sitzung frei bei meiner Psychotherapie, die wir uns für einen Notfall bzw. eine Nachbesprechung aufheben wollen. Sie kann leider nicht verlängert werden. Vielleicht war es ein Fehler, die Depression zu therapieren (was zunächst auch wunderbar funktioniert hat), da sie vermutlich nicht die Ursache meiner Probleme darstellen. Für viel wahrscheinlicher halte ich es, dass meine Procrastination mich in die jetzige Situation mit Begleiterscheinungen wie Depression geführt hat. Diese hätte man behandeln sollen :-(

Ich fühle mich heute auch sehr einsam. Vom Nebenjob, der mir wenigstens Kontakt zu netten Kollegen beschert, habe ich mich zur Prüfungsvorbereitung 'beurlaubt'. Meine sonstigen sozialen Kontakte sind sehr dürftig, da ich mich auch für meine Situation schäme und niemandem zur Last fallen will. Zu anderen Studenten habe ich nahezu gar keinen Kontakt - v.a. nicht zu denen, die mit mir angefangen haben. Das liegt wohl daran, dass ich sehr oft nicht zu Vorlesungen gegangen und jetzt sowieso unendlich weit hintendran bin. Diese Isolation raubt mir auch sehr viel Kraft.

Niniel
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Posted at Thu Feb 22, 2007 10:05:48
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hallo Walli,
guten Morgen von Niniel. Danke für deine Tipps wie man zu lernen anfängt. Bei mir klappt am häufigsten der Trick in die Bib zu gehen, bin ich zur Tür raus, hab ich fast gewonnen!
Werde auch immer wieder desillusioniert, denke ich habe Fortschritte gemacht und schiebe doch wieder lange auf.H.W. Rückert schreibt im Buch: "Schluß mit dem ewigen Aufschieben" :"je mehr einem Procrastination wie etwas femdes vorkommt, das eigentlich nicht zu einem passt/gehört, desto leichter kann sie überwunden werden".Zitat Ende. Glaube mich aber sogar schon an Aufschiebesituationen aus Kindheit,Pubertät zu erinnern!
Dir möchte ich noch sagen:hab das Gefühl Du setzt Dich ziemlich unter Druck und meinst Du hast keine Zeit Dich um Probleme zu kümmern.ich denke aber es ist gut investierte Zeit!Wenn Du Dich nicht kümmerst und aber weiter Sorgen hast und Dich fragst ob Du im richtigen Film bist,meinst Du das ist gut? Kann verstehen,dass Du voran kommen willst, aber wenn Du einen entzündeten Blinddarm hättest oder ein gebrochenes Bein würdest Du Dir auch zugestehen zum Arzt zu gehen oder? Und unser Aufschiebeverhalten ändert sich ( zumindest bei mir nicht) nicht dadurch, dass man versucht sich mehr zusammen zureißen oder indem man härter zu sich ist.
Was meinst Du?
Lg
Niniel




leonardo
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Posted at Thu Feb 22, 2007 11:27:52
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Einen wunderschönen guten Morgen euch beiden!
Hier scheint die Sonne und eigentlich müsste ich bereits seit Tagen einen Workshop vorbereiten, den ich am Montag moderieren muss. Hierzu reisen auch Kollegen aus Österreich und der Schweiz an, und bei so einem Aufwand möchte ich natürlich auch einen entsprechenden Erfolg sehen. Im Grunde genommen ist das nichts anderes als eine Prüfungssituation. Und was mache ich stattdessen? Treibe mich hier im Forum rum und habe mich gerade entschlossen, diese Antwort hier zu verfassen, die vermutlich nicht ganz kurz werden wird.

Prokrastination kenne ich, seit ich etwa 12 war (bin heute 47). Hatte damals schon so meine Schwierigkeiten, mich zu meinen Hausaufgaben zu motivieren. Studiert habe ich auch, mein Diplom (Chemie) im 17ten Semester abgelegt und anschließend noch 5 Jahre (erfolgreich) promoviert. Alles trotz Prokrastination. Und sicher hatte ich auch damals schon depressive Zeiten, die ich aber nicht als Krankheit erkannt habe, sondern eher für meinen Charakter gehalten hätte.

Ich habe auch schon eine Menge Tipps und Tricks gelesen und weiß, dass einige bei mir funktionieren, z.B. die nur-mal-eben-für-5-Minuten-anfangen-Methode. Aber irgendwie fehlt mir immer wieder die Motivation, mich selbst auszutricksen. Ich denke, ich gehe damit unangenehmen Gefühlen aus dem Weg und wähle den kurzfristig leichteren (erleichternden) Weg des Aufschiebens. Leide auch unter ziemlichem Perfektionismus und Angst, Fehlern zu machen (wer nichts macht, macht keine Fehler).

Offenbar ist es so, dass ich mir selber enormen Zeitdruck machen muss, bis ich endlich anfangen kann. Auf den letzten Drücker kann ich dann auch endlich schlampen...

@walli
Solche Überlegungen (jetzt keine Zeit mich um die Pr. zu kümmern) kenne ich sehr gut und in der Tat kann man auch aufschieben, indem man sich um seine Prokrastination kümmert.

Aber:
Wer nicht weiß, wo er hin will, muss sich nicht wundern, wenn er ganz wo anders ankommt!

Und noch etwas:
Eine Weisheit der Dakota-Indianer sagt:

"Wenn Du entdeckst, dass Du ein totes Pferd reitest, steig ab!"

Im Arbeitsleben unserer Zivilisation werden in solchen Situationen auch andere Strategien eingesetzt:

1 Man besorgt eine stärkere Peitsche.
2 Man wechselt den Reiter.
3 Man sagt: "So haben wir das Pferd doch immer geritten. Warum klappt das nicht mehr?"
4 Man gründet eine Projektgruppe, um zu analysieren, was mit dem toten Pferd los ist.
5 Man besucht anderer Orte, um zu sehen, wie man dort tote Pferde reitet.
6 Man erhöht die Qualitätsstandards für den Beritt toter Pferde.
7 Man schiebt eine Trainingseinheit ein, um besser reiten zu lernen.
8 Man stellt Vergleiche unterschiedlicher toter Pferde an.
9 Man ändert die Kriterien, die festlegen, wann ein Pferd tot ist.
10 Man kauft Leute von außerhalb ein, damit sie das tote Pferd reiten.
11 Man schirrt mehrere tote Pferde zusammen an, damit sie schneller werden.
12 Man macht eine Studie, um zu sehen, ob das Pferd wirklich tot ist.
13 Man kauft etwas, das tote Pferde schneller laufen lässt.
14 Man erklärt: "Kein Pferd kann so tot sein, dass man es nicht noch reiten könnte!"
15 Man macht zusätzliche Mittel locker, um die Leistung des Pferdes zu erhöhen.
16 Man richtet eine unabhängige Kostenstelle für tote Pferde ein.
17 Man überarbeitet die Leistungsbedingungen für tote Pferde.
18 Man erklärt, dass ein Pferd "besser, schneller und billiger" tot ist.
19 Man strukturiert um, damit ein anderer Bereich das tote Pferd bekommet.
20 Man präsentiert PowerPoint-Folien was das Pferd könnte, wenn es noch leben würde.
21 Man bringt das tote Pferd unter einem zugkräftigen Namen an die Börse.
22 Man stellt fest, dass die anderen auch tote Pferde reiten und erklärt dies zum Normalzustand.

(Ist leider nicht von mir)

Der Zusammenhang zwischen Depression und Prokrastination beschäftigt mich auch sehr. Meine depressiven Episoden werden ganz eindeutig durch Stress ausgelöst und die Prokrastination ist sicher hervorragend dafür geeignet, Stress am Arbeitsplatz aufzubauen.

Prokrastination ist auch etwas anderes als die typische depressive Antriebslosigkeit. Schon möglich, dass man daher die Prokrastination als etwas eigenständiges therapieren sollte, aber weder mein Neurologe noch meine Therapeutin (Psychologin) kannten den Begriff!

Für mich stellt die Pr. das größte Rückfallrisiko hinsichtlich meiner Depression dar. Einen einzelnen Stressfaktor kriege ich meistens noch gehandelt, aber wenn dann noch etwas anderes dazu kommt, dann kann ich zusehen, wie ein depressives Symptom nach dem anderen wieder auftaucht...

@Niniel,
schön geschrieben! Ich finde den Rückert auch ganz gut!

Lieber Gruß
Leo


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Walli
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[PM Walli]

Posted at Fri Feb 23, 2007 07:24:47
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Guten Morgen!

Mir ist es schon oft so gegangen, dass mir die Procrastination als etwas vorgekommen ist, was nicht zu mir passt. Das sind dann kurze Momente, die sich wie eine Höhenflug anfühlen (dabei fällt mir ein, dass das zwar gut klingt, aber wie fühlt sich eigentlich ein 'Höhenflug' an *g*). Richtige Motivationsschübe verspüre ich dann, die aber leider nicht allzu lange anhalten. Denn mich holt die harte Realität, oder das, was ich mir in meiner Situation darunter vorstelle, sehr schnell wieder ein.

Jetzt gerade eben verspüre ich so einen Motivationsschub. Direkt nach dem Aufstehen - heute sehr früh - habe ich mich total mies und hoffnungslos gefühlt. Dann habe ich beim Frühstück N-TV geguckt, festgestellt, dass diese Welt, beherrscht von Wirtschaft 'und all so Kram' vielleicht zu hart für jemanden ist, der sich nichts zutraut und war total niedergeschlagen. Komischerweise verschwand das sehr schnell, als ich auf die Uhr sah und feststellte, dass es sehr früh am Tag ist und ich viel lernen kann. Merkwürdig, hoffentlich schreibe ich so früh am Tag keinen Blödsinn *g*
Jedenfalls hält das gute Gefühl bis jetzt an und ich hoffe, dass ich jetzt nicht mehr allzu viel Zeit hier im Forum verbringe und mit dem Lernen anfange.

Ja, ich 'prokrastiniere', indem ich mich mit meinen Problemen beschäftige. Das ist mir schon oft aufgefallen. Ich gehe oft zu irgendwelchen Beratungsgesprächen (Psychologe, Uni-Psychologe, Studienberatung, eine Freundin, die ich damit bestimmt schon nerve, diverse Foren), aber danach geht es mir einfach besser. Irgendwie hilft es mir, darüber zu reden. Aber leider weiß ich auch, dass ohne aktives Handeln meinerseits sich nichts ändern wird, außer dass noch mehr Zeit verstreicht.

Bei genannten Motivationsschüben habe ich oft die Hoffnung, dass ich jetzt aus dem Loch herauskomme. Leider gelingt mir das nicht und ich weiß nicht wirklich, woran das liegt. Im genannten Studi-Survival-Guide steht, dass man alle seine Lebensbatterien ausgeglichen halten muss, damit überhaupt etwas klappen kann. Dazu gehört bspw. auch das soziale Umfeld, um das es bei mir nicht besonders gut bestellt ist. Wie bereits geschrieben, war ich immer sehr introvertiert und es fällt mir sehr schwer, neue Freunde zu finden. Bekanntschaften finde ich recht schnell, aber wie ich daraus wirkliche Freundschaften entwickeln kann, weiß ich nicht. Bin leider auch immer zu sehr mit mir selbst beschäftigt und mit meiner Situation, als dass ich mich ausgelassen auf etwas einlassen könnte.
Deshalb fühle ich mich oft sehr einsam in der Uni-Stadt, was mir auch Kräfte und Motivation raubt. Außerdem demotiviert es mich natürlich auch, dass es überall heißt, alleine schafft man ein Studium nicht. Aber warum? Freunde als Ausgleich nach getaner Arbeit stell ich mir natürlich schön vor. Aber sind die auch während des Lernens notwendig, um ein Studium zu bestehen? Ich habe nämlich schon immer die Erfahrung gemacht, dass ich nur alleine wirklich konzentriert lernen kann.
Es macht mich auch sehr traurig, dass ich die Kommilitonen, die ich im ersten Semester kennengelernt habe, verloren habe. Mit einigen habe ich mich echt gut verstanden, aber ich habe es nicht geschafft, regelmäßig in die Uni zu gehen und auf einmal waren die weg. Ich wusste ja, dass es so kommen würde, aber ich konnte nichts dagegen machen. Ich habe mich lieber ins Bett gelegt und die Decke über mich gezogen...

So jetzt fang ich mal an :-)

Elle
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Posted at Sun Feb 25, 2007 06:42:13
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Guten Morgen Walli!

ich bin mittlerweile 54 und habe meine Probleme vor 30 Jahren in Deinen Beschreibungen z.T. wiedergefunden. Ich studierte damals Pädagogik, Psychologie und Soziologie (damals in den 70er die absoluten Modefächer!), was mir das ganze Studium überhaupt keinen Spaß machte, nicht wirklich meinen Interressen entsprach und mit fürchterlichen seelischen Qualen wegen Prokrastination und Einsamkeit einherging. Heute frage ich mich manchmal, ob es nicht bessser gewesen wäre, wenigstens - wie Du - die Fächer zu studieren, in denen ich in der Schule gut war (Sprachen, Geschichte, Germanistik. Da mein Bafög damals auslief und auch die Möglichkeiten des Bafög-Darlehens ausgeschöpft waren (das ich 20 Jahre lang mit Unterbrechungen abgezahlt habe), musste ich mich entscheiden und habe das Studium mit größter Mühe abgeschlossen mit dem Ziel "ich beweise meiner Familie, dass ich kein typischer Studienabbrecher und Versager bin. Danach hatte ich meine "Pflicht" getan, fühlte mich meinem Schuldgefühl (= meiner Famiie)gegenüber frei und habe 7 Jahre lang als Postbotin - ziemlich glücklich - gearbeitet, die Fortsetzung meines Studenten-Nebenjobs. Danach habe ich mich mit meinen jetzigen Mann zusammen selbständig gemacht, habe spät noch ein Kind bekommen und großgezogen, und bin jetzt als fremsprachliche Angestellte in einen Forschungsinstitut beschäftigt (Sekretärin, Geschäftsttellenleiterin, Mädchen für Alles etc..
Ich kann dir nur raten, dich nicht selbst zu quälen mit "und was wird dann?" Denn erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Die Ziele im Leben entwickeln sich oft erst spät aus dem Alltag selbst und auch aus Zwängen und Notwendigkeiten heraus. Mach es wir Gigi Straßenfeger aus dem Boch MOMO: schau nich zu Anfang der Straße bis ans Ende und quäle dich mit der Frage "oh Gott wie soll ich das bloß schaffen und was dann?", sondern fege einfach Strich um Strich so konzentriert und gelassen wie möglich und dann ist plötzlich doch die ganze Straße gefegt!
Da du jetzt nicht weißt was dich wirklich interessieren könnte, mach einfach weiter, bis es nicht mehr weiter geht. Entweder du schaffst es so gut,wie du konntest, oder du fällst durch, dann musst du eh überlegen was du danach machst.
Und außerdem glaube ich sowieso, dass es die absolute Erfüllung im Beruf sehr selten gibt, weil fast alle Berufe etwas Entfremdetes haben,was nicht wriklich den wichtigen menschlichen Bedürfnissen entspricht: Liebe, Kommunikation, Gemeinsamkeit, Spaß. Ich kenne nur einige Künstler, denen ihre Arbeit wirklich einen Mordsspaß macht (wenn sie denn davon leben können).

Und was das Beispiel deines Vaters angeht, bis du sicher, dass es nur seine falsche Berufswahl war, die ihn so unglücklich machte? Suchtproblemeatik entsteht in der Kindheit, Suche nach unerfüllter Liebe und die spätere Unfähigkeit sich selbst lieben zu können. Das Problem haben auch viele viele Menschen mehr oder weniger.

Das ist es was ich dir raten würde, ich traue mich dazu, weil ich selbst ein Kind habe, das nicht viel jüger ist als du, und genauso mit ihm sprechen würde.

Alles Liebe
Margarete

Elle
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Posted at Sun Feb 25, 2007 06:46:36
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Hallo Walli,
und hier noch ein paar Kommentare, mit etwas mehr Ruhe und Überlegung:

" Ich habe mir noch nie etwas zugetraut und mich deshalb nicht reif für einen Beruf bzw. eine Ausbildung gefühlt"
Das war vielleicht ein Fehler, man muss nicht sehr reif sein für eine Ausbildung, das sehe ich an den Azubis aus dem Freundeskreis meines Sohnes.Die Reife kommt erst allmählich durch die praktischen Erfahrungen, Learning by Doing, Anleitung in der Berufsschule. Ich persönlich bedaure nach dem Abi keine Lehre gemacht zu haben, da ich dann wenigstens schon in jungen Jahren einen Abschluss in der Tasche gehabt hätte (und danach immer noch hätte studieren können, weil ich dann zumindest gewusst hätte, was ich nicht machen will (wenn man schon nicht weiß was man eigentlich will).

"Stattdessen habe ich mich dazu entschieden, die letzten Erfolge (Wirtschaft+Physik) wiederholen zu wollen. Deshalb habe ich mich für den Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen mit der technischen Fachrichtung Elektrotechnik entschieden, ohne mich großartig darüber zu informieren." Dein schlechtes Informiert sein liegt im System. Eine Bekannte von mir arbeitet in der Studienberatung der Hamburger Uni und versucht, junge Studienanfänger mit Schnupperstudium etc. besser vorzubereiten als bisher üblich. Sie kennt viele traurige Geschichten unglücklicher Studenten, die irgendwas nach dem Kamikazeprinzip oder wie bei einer Lotterie ausgewählt haben.

"Ich habe gerade eine Therapie gegen meine massiv gewordenen Depressionen hinter mir und fühle mich bereit, zu lernen. Durch diese Therapie habe ich mir auch einen Nebenjob gesucht, der mir geholfen hat, wieder auf die Beine zu kommen - sozusagen eine Resozialisierungsmaßnahme. Durch den ständigen Kundenkontakt habe ich sämtliche sozialen Phobien verloren. Ich bin auch seit ca. 1,5 Monaten mit Prüfungsvorbereitungen beschäftigt; vielleicht nicht so intensiv, wie es ein 'guter Student' sein müsste (27 Stunden am Tag etc.), aber immerhin stetig."
Hat dich mal jemand dafür gelobt? Irgendeine Freundin, oder vielleicht Deine Familie? Das hast Du ganz toll hingekriegt und das ist schon ein Erfolg in der Entwicklung Deiner Persönlichkeit!

"Hätte ich wenigstens die Elektrotechnik links liegen lassen und mich auf den wirtschaftlichen Bereich konzentriert, hätte ich jetzt vermutlich einige Vordiplome vorzuweisen." Hinerher ist man immer schlauer, sowas passiert nicht nur Dir.

"Ich lerne gerade für eine Vordiplomsprüfung mit 90% Durchfallquote. Der Stoff liegt mir eigentlich, aber die Klausuren sind so unverhältnismäßig viel schwerer, als alle Übungen zusammen und auch so gänzlich anders aufgebaut." Ich würde auf alle Fälle versuchen die Prüfung zu machen und ein Durchfallen riskieren. Bin auch einmal durch eine Prüfung durchgefallen und war hinterher natürlich niedergeschlagen aber auch angenehm klar und realistisch, das erste Mal im Leben richtig auf dem Boden der Tatsachen. Außerdem hat meine Familie damals zum ersten Mal registriert, dass mir doch nicht eben alles "zufällt", womit sie ihr Desinteresse immer begründet hat. Das hat mir damals trotz der großen Niederlage gut getan, durch eine zweite Prüfung bin ich dann nie mehr gefallen! Außerdem brauchst Du dir dann später keine Vorwürfe zu machen un Dich nicht zu fragen 'vielleicht wäre mir ja doch das Unmögliche gelungen?'

"Ich habe Angst, dass mir das in jedem Studiengang so geht, auch wenn nicht anzunehmen ist, dass andere auch so 'fies' sind, wie ET." Das kannst Du vorher ausschließen, wenn Du Praktika machst, Zweitsemester befragst, versuchtst sowas wie ein Schnupperstudium zu machen etc.

"Ich lerne für eine fast nicht zu bestehende Klausur (übrigens mein letzter Versuch; diesmal lerne ich aber wirklich stetig und schon lange), um mir zu beweisen, ob ich es kann oder nicht." Genau richtig, so sehe ich das auch , siehe oben.

"Und dabei werde ich das Gefühl nicht los, dass ich nie wieder mit Elektrotechnik in Berührung kommen will." Da solltest Du wohl deinem Gefühl trauen, wahrscheinlich musst du richtig "fertig" damit sein, damit Du es tatsächlich abbrechen kannst, wenn es wirklich nicht mehr anders geht.

"Aber was dann? Was soll aus mir werden?"
Eins nach dem anderen, erst das eine abschließen und dann an den nächsten Schritt denken. Es gibt keine moralische Verpflichtung sich gegen etwas zu entscheiden, nur weil man noch kein neus "Für" hat. Du bist jetzt in einer fürchterlichen Schraubzwinge, fruchtbare, kreative Ideen können da gar nicht entstehen, vertrau Dir.

"Eine Ausbildung beginnen? Aber dann würde ich mich vermutlich ärgern, weil ich theoretisch schon damit fertig sein könnte, hätte ich es gleich gemacht." Überflüssige Überlegung, du wirst früher oder später lernen müsen, Dir zu verzeihen.

"Außerdem: findet man überhaupt eine, wenn man schon so alt ist (werde dieses Jahr 24)?" Na klar, warum nicht, ich höre immer wieder von Fällen wo jemand einen kennt, der kennt wieder jemand, der einen Betrieb hat. Auch hörte ich neulich von einer Jobberin einer Zeitarbeitsfirma (23), die ihren Job so gut macht, dass ihr Chef sie jetzt als Azubi einstellen will. Ich habe eine Bekannte mit einem abgebrochenen Agraringenieurstudium, die an Mathe gescheitert ist, und jetzt mit 35 Jahren noch eine Buchhändlerlehrstelle gefunden hat in ihrer Kleinstadt, sie ist total glücklich, nachdem sie 8 Jahre lang in einer Pommesbude gejobbt hat und sich gar nichts mehr zugetraut hatte.

"Sagt mir bitte, was ich machen soll...."
Das kannst Du aber nun wirklich nicht erwarten, aber Dir fehlt jemand, der Dir gut zuredet (Oma, Mutter, Vater, Tante, Du selbst), Du bist sehr intelligent und analytisch, aus Dir wird was!!

Alles Liebe
Elle

Walli
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Posted at Fri Mar 02, 2007 09:07:52
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Hallo Margarete und vielen Dank für Deine mutmachenden Kommentare! Es hat leider etwas länger gedauert, bis ich diese gesehen habe...

Mittlerweile bin ich auch schlauer. Wenn man mal 23 ist, weiß man irgendwie, dass junge Azubis erst in der Ausbildung reifen. Stünde ich jetzt nochmal am Anfang, mit frisch gebackenem Abi, würde ich vermutlich eine Ausbildung beginnen. Vielleicht als Bankkaufmann mit späteren Fortbildungsmaßnahmen. - Da kann man es auch weit bringen und hat immer den Praxisbezug und die Motivation durch direkte Erfolge im Rücken. Ich weiß, eigentlich stehe ich doch am 'Anfang'. Aber es ist nicht so leicht, mich jetzt für das 'Richtige' zu entscheiden. Anderer Uni-Studiengang, zur FH wechseln oder doch die Ausbildung? Wenn ich das nur wüsste...
Das Dumme ist nur, dass ich mich so langsam bewerben sollte, sollte ich mich pro Ausbildung entscheiden, sonst müsste ich ja noch ein Jahr warten, was meine Chancen bestimmt nochmal gewaltig drücken dürfte.

Nein, gelobt hat mich für meine 'Erfolge' noch niemand, abgesehen vom Therapeuten natürlich. Ich rede über diese Probleme aber auch nicht mit meiner Familie. Meine Mutter steht nach dem Tod meines Vaters fast alleine da, macht sich natürlich auch Gedanken, wann ich endlich mit dem Studium fertig bin - damit sie mich vielleicht mal wieder öfter sieht. Außerdem unterstützt sie mich ja finanziell, wobei sie natürlich auch nicht über übermäßige Mittel verfügt. Wie könnte ich ihr da eingestehen, dass ich 3,5 Jahre lang nichts erreicht habe? Denn welche wirklich großen Erfolge habe ich mir zuzuschreiben? (Zugegeben, ich weiß, dass ich negative Kritik in mich aufsauge und für immer behalte, positive aber kaum annehme.) Ich habe fast vier Jahre gebraucht, um eine soziale Phobie loszuwerden, die erst durch die Minderwertigkeitsgefühle in der Uni so richtig groß geworden ist. Das wäre mir bei einer motivierenden, gut laufenden Ausbildung vielleicht auch passiert. Gegen Ende dieser unglaublich langen Zeit als Student habe ich es endlich geschafft, regelmäßig zu lernen. Na ja, ich weiß nicht. Sowas sollte spätestens nach einem Semester - wenn man mal gesehen hat, dass es nun mal so läuft - geschehen. Und meine massiv gewordenen Depressionen: ja, die waren wohl weg, mir ging es richtig gut. Aber meine 'Situation' hat mich leider wieder eingeholt und momentan geht es mir so schlecht wie noch nie. Vielleicht hat mir einmal der Kontakt zu Menschen gut getan (Therapeut, Kollegen, Kunden - ich fühle mich leider sehr einsam, weil ich ja keine bekannten Kommilitonen mehr habe) und dann die Arbeit im Nebenjob, weil ich dort einfach Erfolgserlebnisse habe und mir die Arbeit Spaß macht (wobei ich diese aufbauende Arbeit aber eigentlich lassen müsste, weil sie zuviel Zeit in Anspruch nimmt). Meine momentan einzige kleine Hoffnung ist, dass es bei einer Neuorientierung (sei es eine Ausbildung, sei es ein FH-Studium) besser wird, weil ich dann wieder neue Kommilitonen kennen lerne und den Kontakt dann hoffentlich halte.

Jemand, der mir gut zuredet, fehlt mir tatsächlich. Wenn mir der Therapeut gut zuredet, geht es mir gleich sehr viel besser. Aber das Gefühl hält dann leider nur ein paar Tage an und die Therapie läuft nun aus (noch eine freie Sitzung). Meine ältere Schwester (wohnt weit weg, ist sehr erfolgreich) konnte mir immer gut zureden, aber dafür müsste ich ihr erstmal eingestehen, dass ich 'verrückt' bin und die letzten 3,5 Jahre 'geschlafen' habe. Und das in einer so wichtigen 'Ausbildungsphase'.

So, nun habe ich wieder lange genug 'procrastiniert'. Konnte nur 5 Stunden schlafen, lag dann bis 8 im Bett mit psychosomatischen Bauchschmerzen und seitdem bin ich im Internet.

Gruß
Walli

Elle
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Posted at Fri Mar 02, 2007 11:57:13
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Liebe Walli,

ich finde du solltest dich trauen, dich den Tatsachen zu stellen und evtl. mit Deiner Schwester reden, bevor du deiner Mutter ein Eingeständnis machst. "Verrückt" und "geschlafen" sind ja nun wohl die falschen Begriffe! "Depression" "Lernprobleme" und "Einsamkeit" wären da wohl passender. Gib zu, dass du große Probleme hast/hattest und dass du einige Jahre sehr gelitten hast und immer noch leidest. Frag deine Schwester um Rat, sich zu verstecken, macht doch alles nur noch schlimmer! Wenn sie tatsächlich so erfolgrteich ist, wie du glaubst, hat sie ja vielleicht auch einen guten Tipp für dich. Vielleicht kannst du dich ja mit ihr verbünden, bevor du mit deiner Mutter redest. Du brauchst auf jeden Fall Hilfe und Unterstützung. Berate dich mit Gott und der Welt und fälle die Entscheidung nicht allein, sondern nachdem du mit allen gesprochen hast und ein paar Nächte darüber geschlafen.

Ich war gerade gestern beim Finanzamt (natürlich bis zum letzten Moment aufgeschoben) und war mir wie immer absolut sicher, dass sie mir dort den "Kopf abreißen" und alles aus sei. Also habe ich wieder allen Mut zusammengenommen und mit ein bisschen mehr Mut als Angst das Finanzamt betreten. Es war natürlich nicht so! Ein sehr menschlicher Beamter, der mich nicht verdammt hat, und es geht weiter - Strich für Strich - wie GiGi Straßenfeger im Buch Momo!

Alles Liebe
Elle[u][/u]

Laralu
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Posted at Tue Mar 13, 2007 21:45:33
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Hey Walli!

ich wollte dir nur kurz sagen, dass ich gut nachvollziehen kann wie es dir geht! ich bin mittlerweile im zehnten Semester und habe schon einmal nach fünf Semestern ein Fach abgebrochen. Das war allerdings das Beste, was ich tun konnte. Ich habe mich zwar auch nicht so umfassend über das neue Fach informiert wie ich das hätte tun sollen, aber dieses Fach macht mir sehr viel mehr Spaß. Trotzdem habe ich eigentlich schon immer das Problem, dass ich Aufgaben aufschiebe, dabei sind das nicht nur unangenehme Dinge, manchmal schiebe ich es auch auf eine Freundin anzurufen. Weshalb das so ist weiß ich eigentlich nicht genau. Ich hatte auch eine Depression, Auslöser war meiner Meinung nach eine Hausarbeit, für die ich nichts getan hatte. Das hat sich dann irgendwie alles verselbständigt. Ich weiß ganz oft, dass ich etwas tun sollte, aber in mir macht sich dann eine Art "Genießer" breit (vielleicht ist das der innere Schweinehund, oder das Kind, von dem ihr sprecht)und der hat dann die Oberhand, ich kann ihn auch nicht wirklich separat von mir betrachten.
Aber du schreibst ja, dass du lernst und den Stoff auch interessant findest. Vielleicht wäre ein Wechsel in eine andere Richtung ja doch besser? für mich war das eine Befreiung, aber wichtig ist, dass du dich gut informierst. Was auch nciht immer leicht fällt, denn es ist ja ein großer Schritt. Ich würde vielleicht versuchen, mir um mein Alter weniger Gedanken zu machen (ich mache das auch! aber ich denke, dass es einem nicht weiterhilft, denn am Ende muß man etwas machen hinter dem man steht, das ist doch wichtiger.)
Sorry, jetzt hab ich viel geschrieben, hoffe dir hat mein Beitrag ein bisschen geholfen. Deiner hat mir sehr weitergeholfen :-) das mit dem an den Schreibtisch setzen und anfangen, weil man auch sonst eigentlich nichts zu tun hat, auch wenn es nicht lange ist, das hat mich motiviert.
An alle anderen: ich habe dieses Forum gerade erst entdeckt und habe eigentlich noch nie gechattet.Bin sehr erfreut über eure Beiträge
liebe Grüße Laralu

Javabohne
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Posted at Tue Mar 20, 2007 18:20:49
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Vielleicht passt mein Post nicht ganz hierhin. Aber dennoch glaube ich, dass ein Studium, dass sich ueber Jahre hinzieht und der Studierende sich zu oft fragt, ob und wie man dieses Studium abschliesst und ob man auch das richtige studiert, doch eigentlich unsinnig ist!

Man wendet zu viel Zeit auf, eventuell schafft man das Studium, aber nur zu oft mit einer Note, die es schwierig oder unmoeglich macht auf dem Arbeitsmarkt den Job zu finden, den man moechte. Wenn man einen Job findet! Eine Note schlechter als 2 ist meiner Erfahrung nach absolut inakzeptable fuer den deutschan Arbeitsmarkt.

Wenn also der Studierende Zweifel an seiner eigenen Leistungsfaehigkeit anbringt, waere es doch viel besser fuer den Studierenden, wenn er sich umorientierte und eine Lehre dem Studium vorzieht.

So kann man sich auch selbst vor zu grossen Enttaeuschungen schuetzen.

Viele Gruesse,
Dieter

Thorsten
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Posted at Wed Mar 21, 2007 18:54:54
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Hallo Leute. Ich bin brandneu hier, habe auch gerade erst eingesehen, dass ich an Prokrastination leide, und kann sagen, dass mich diese mein Studium gekostet hat.

So lange ich für ein Fach, wie z.B. die Philosophie, und im speziellen auch für das zu bearbeitende Thema so etwas wie Leidenschaft gespürt habe, war das alles kein Problem. Hausarbeiten zu uninteressanten Themen einfach so hinrotzen, wie es mir oft von Kommilitonen geraten wurde, konnte ich allerdings nie.

Aber von vorn: Ich habe stolze 8 Semester Bibliothekswissenschaft studiert, ohne je über die Zwischenprüfung hinauszukommen. Der Grund war der, dass dazu zwei Praktika notwendig waren. Das erste Praktikum habe ich gemacht, es aber nie geschaftt, den betreffenden Schein abzuholen. Das zweite Praktikum habe ich mir immer wieder vorgenommen, und dabei blieb es. In einem Moment der Konsequenz habe ich dann das Fach gewechselt. Das war eine richtig gute Entscheidung!
Jedoch gab es da noch ein anderes Nebenfach, eine Hausarbeit hätte ich dort für die Zwischenprüfung schreiben müssen. Und das habe ich nie getan. Meine anderen Fächer studierte ich mittlerweile an einer anderen Uni, und so kam es, dass ich mich exakt für diese dritte Fach, Zentralasienstudien, eines Tages vergaß zurückzumelden. Doch das war okay, da ich bereits beschlossen hatte, dass es so nicht weitergehen kann.
Nächstes Ziel: Dieses Fach abstoßen und freiwillig von Magister auf Bachelor wechseln. Tja, woran ist das wohl gescheite? ich habe es nicht geschafft, die Formalitäten zu erledigen, und damit war mein Studium Geschichte. Gut, diese Option war bereits länger mein Plan B, doch ohne diese ewige Aufschieben wäre es soweit nie gekommen.

Jetzt bin ich arbeitslos, will bald eine Ausbildung anfangen und nehme mir täglich vor, jetzt mit den Bewerbungen zu beginnen. Gleichzeitig habe ich meinen Hartz4-Antrag noch nicht vervollständigt, auch das nehme ich mir immer wieder vor. Und so manches mehr. Ich hasse es. Ich habe Ziele, ich habe eine Vorstellung davon, wie ich leben will, und ich unternehme zu wenig, um es möglich zu machen. Ich hasse es!

Javabohne
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Posted at Thu Mar 22, 2007 00:08:52
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... dass ich an Prokrastination leide, und kann sagen, dass mich diese mein Studium gekostet hat ....Ich habe stolze 8 Semester Bibliothekswissenschaft studiert, ohne je über die Zwischenprüfung hinauszukommen....Jetzt bin ich arbeitslos, will bald eine Ausbildung anfangen...Ich hasse es!




Hallo Thorsten,

herzlich willkommen im "Club". Ich wuensche dir in diesem Forum viel spass und regen Informationsaustausch.

Nun habe ich in meinem letzten Post direkt vor Thorsten geschrieben, dass jenes Post vielleicht nicht hierher gehoert und mit Thorstens erstem Post bekomme ich doch gleich die Bestaetigung, wie sehr mein Einwand bzw. Anregung passte!

Eine Ausbildung ist allerdings auch nicht zu unterschaetzen, doch wird man von vornherein von Ausbildern betreut, die in der Regel geschult sind, um fruehzeitig zu erkennen, dass der "Azubi" Probleme hat. Auch die Dauer ist mit rund drei Jahren viel ueberschaubarer als ein Studium, in dem man grundschaetzlich auf sich selbst gestellt ist.

Viele Gruesse,
Dieter

Elle
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Posted at Fri Mar 23, 2007 16:12:22
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Hallo Thorsten,

willkommen im Club, na den Anfang hast Du ja schon gemacht, damit du nicht weiterhin Deine berufliche Laufbahn durch Aufschieben vermasselst. Zu erkennen, dass man ein echtes Problem hat, ist der erste wichtige Schritt, damit man sich überhaupt verändern kann. Es ist bestimmt noch nicht zu spät, Du bist ja erst 23, oder?

Du findest bestimmt jede Menge gute Tipps. Ratgeberbücher etc. hier, wenn alles nichts hilft, kannst Du auch eine Therapie beginnen.

Sei froh, dass Du jetzt schon Dein Problem erkannt hast und nicht erst nach Jahrzehnten gelebter und vermasselter Chancen.

Alles Liebe
Elle

Thorsten
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Posted at Sat Mar 24, 2007 14:29:58
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Okay, in meinem ersten Post wurde nicht ganz deutlich, wie lange ich studiert habe. Es waren insgesamt zwölf Semester, und ich bin jetzt 27. Trotzdem bin ich zuversichtlich, dass es mit meinen Ausbildungsplänen noch klappen wird.
In meiner Studienzeit habe ich u.a. festgestellt, dass ich eben nur Hausarbeiten etc. aufgeschoben habe, also kreative oder vermeintlich kreative Arbeiten zu Themen, auf die ich keine Lust hatte. Für Klausuren habe ich es immer geschafft zu lernen und gute Noten zu erzielen. In der Schule war es genauso, aber erst, als es fürs Abitur zählte. Für die Prüfungen habe ich auch sehr früh damit angefangen, jeden Tag ein bisschen zu lernen, hat erstaulicherweise wunderbar funktioniert. Da sich mittlerweile rausgestellt hat, dass ich eine schulische Ausbildung machen will, gehe ich ein bisschen davon aus, dass sich das übertragen lässt.
Die tatsächliche Hürde momentan ist eben die, dass ich mich um solche Dinge wie Ausbildungsplatz, Schüler-Bafög, Finanzierung erstmal kümmern muss. Hier schlägt die Prokrastination derzeit zu.

Javabohne
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Posted at Sat Mar 24, 2007 14:38:23
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Quote:


....Die tatsächliche Hürde momentan ist eben die, dass ich mich um solche Dinge wie Ausbildungsplatz, Schüler-Bafög, Finanzierung erstmal kümmern muss. Hier schlägt die Prokrastination derzeit zu.




Hallo Thorsten,

Du scheinst wirklich einen starken Willen zu haben. Und das ist auch gut so, nur dann kann man seine Ziele wirklich und ernsthaft erreichen.

Vielleicht koennte dir das helfen: Ich nehme mir immer vor, mindestens 20 Minuten pro Tag etwas zu tun, z. B. Vokabeln pauken, Wichtiges zu erledigen, meinen "Plan" erfuellen. Ich versuche mich immer irgendwie zu beschaeftigen, um der Procrastination entgegen zu wirken. Meistens klappt es auch und meistens bin ich laenger als die angestrebten 20 Minuten aktiv. Das verbuche ich als Erfolg und fuehle mich auch wirklich gut! Das erleichtert mir auch den naechsten Tag wieder mindestens 20 Minuten etwas zu tun.

Ueberkommt mich die Procrastination, bin ich nicht boese auf mich oder hasse mich. Ich rede mit mir selbst und sage mir, dass mir heute eine Pause gut tun koennte und dass ich ja in den letzten Tagen sehr fleissig war. Dann geniesse ich die Pause und bin fast immer am naechsten Tag wieder aktiv!

Viele Gruesse,
Dieter

Thorsten
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Posted at Tue Mar 27, 2007 18:32:10
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Mal ne kleine Wasserstandsmeldung: Ich hebe es gestern endlich geschafft, mal mit ein paar in Frage kommenden Schulen Kontakt aufzunehmen, das Ergebnis ist ein Termin für ein Aufnahmegespräch und ein weiterer zu einer Informationsveranstaltung.
Nun fahre ich morgen in Urlaub, besser gesagt in meine Heimatstadt, und kann eine Woche lang nichts erledigen. Ich hoffe aber, dass ich anschließend mit genug Schwung zurückkomme, um die nächsten anstehenden Aufgaben zu erledigen. Und natürlich, dass in der Zwischenzeit keine böse Post kommt, die nach schneller Erledigung verlangt. Das ist gerade meine größte Sorge...

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