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Forum Startseite>>Procrastination>>Total negative Einstellung zur Erwerbsarbeit

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leonardo
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PM ID: 11
PM [leonardo]

Last replied to on Tue Mar 31, 2009 17:11:02
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Hallo ihr Mit-Aufschieber,
der Titel des Threads entspricht dem Ergebnis meiner gestrigen Therapiestunde: ich habe tatsächlich eine sehr negative Einstellung zur Erwerbsarbeit.

Einige Beispiele:

- Mein Vater war ein "einfacher Arbeiter". Er hatte einen "schönen Job", weil er sich dabei nicht müde machen musste. So habe ich das früher immer von meinen Eltern gehört. Implizierte Aussage: Arbeit macht müde!

- Eine weitere oft gehörte Aussage: "Unsere Kinder sollen es mal besser haben!". Damit war studieren gemeint. Implizierte Aussage: Wer studiert hat, bekommt einen tollen Job (einen, wo man sich nicht müde macht).

- Habe oft das Sprichwort gehört: Wer arbeit kennt und sich nicht drückt, der ist verrückt! Unterstützt auch nicht gerade eine tolle Arbeitsmoral!

- Meine frühesten Arbeiten waren Gartenarbeiten unter Aufsicht meines Vaters. Eine einzige Katastrophe! Mein Vater war Choleriker und wir Kinder konnten ihm nie etwas recht machen. Also ganz sicher auch hier kein Erfolgserlebnis!

- Ich habe schon sehr früh (mit ca. 8 Jahren) darüber nachgedacht, wie Menschen es schaffen, 8 Stunden am Tag einer geregelten Beschäftigung nachzugehen. Das sind doch keine normalen Gedanken in dem Alter, oder?

- Mit so etwa 16 Jahren hatte ich gewisse Vorstellungen von meiner Zukunft, von denen sich übrigens mittlerweile tatsächlich sehr viele erfüllt haben. Meine Vorstellung von meinem späteren Job: Nichts allzu anstrengendes, wobei man gut verdient. Meine Idealvorstellung damals: Lehrer! Auch hier kann ich keinen übermäßigen Ehrgeiz erkennen!

Werde übrigens zum Februar in Teilzeit gehen und dann kommen meine neuen Arbeitszeiten denen eines Lehrers schon recht nahe!
(Oh Gott, bitte lass hier keine Lehrer mitlesen!)

Auf der anderen Seite gibt es da den neugierigen Leo, der schon im Alter von 6 Jahren von seinen Spielkameraden den Spitznamen "Professor" bekam. Dieser Leo hat sich durch ein naturwissenschaftliches Studium gekämpft und sogar erfolgreich promoviert. Dieser Leo ist zwar durchaus leicht zu motivieren, trotzdem hatte ich auch im Studium ganz erheblich mit Procrastination zu kämpfen. Vermutlich sind da eher Versagensängste ausschlaggebend.

Ich hoffe, ihr könnt etwas damit anfangen, aber ich wollte meine Gedanken im Nachgang zur Therapie einfach mal aufschreiben.

Wie ist denn so eure Einstellung zur Arbeit?

Liebe Grüße
Leo
-----------------------------
Fallen ist keine Schande, liegen bleiben schon!

leonardo
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PM ID: 11
[PM leonardo]

Posted at Wed Jan 28, 2009 09:54:57
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Gleich noch eine Ergänzung:

Mein Vater war überzeugter SPD-Wähler, aber von seiner Grundüberzeugung her eher Kommunist. Er hat also immer auf die Unternehmer geschimpft.

Mir geht es heute auch so. Liefert ja auch eine nette Rechtfertigung für das Aufschieben:

- Warum soll ich mich für diese ausbeuterischen Kapitalistenschweine so anstrengen? Geschieht ihnen doch ganz recht, dass ich nichts tue!

- Dieser dämliche Betrieb hat es doch gar nicht verdient, dass ich für ihn arbeite!

So schließt sich der Kreis! Ist mir erst gestern in der Therapiestund klar geworden, wie schlüssig das alles zueinander passt.

Liebe Grüße
Leo
-----------------------------
Fallen ist keine Schande, liegen bleiben schon!

Ziltoid
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PM ID: 608
[PM Ziltoid]

Posted at Wed Jan 28, 2009 21:28:59
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- Ich habe schon sehr früh (mit ca. 8 Jahren) darüber nachgedacht, wie Menschen es schaffen, 8 Stunden am Tag einer geregelten Beschäftigung nachzugehen. Das sind doch keine normalen Gedanken in dem Alter, oder?



Normale wohl nicht, aber ich kenne das gut. Meine Eltern waren auch linksextrem grundierte SPD-ler.

Meine Mutter hat mir dementsprechend nur von der schlechten Bezahlung, der Erschöpfung, den demütigenden Arbeitsbedingungen und dem Streit mit dem Chef erzählt, obwohl sie in ihrem Wunschberuf arbeitet und im Grunde auch ziemlich zufrieden ist. Mich hat sie immer vom arbeiten ferngehalten. ("Du darfst kein Zeitungsjunge sein, das wird zuviel mit der Schule." - "Klar kannst du dich bei dem Nachhilfeinstitut bewerben, aber dann rufen die bei deiner Schule an und erfahren, dass du sehr unzuverlässig bist." - "In den Ferien jobben? Bist du verrückt? Da musst du jede Scheißarbeit annehmen." etc.) Damit war sie so erfolgreich, dass ich meine erste eigene Mark mit über 20 verdient habe.

Mein Vater war die meiste Zeit arbeitslos, und wenn er mal einen Job hatte, jammerte er nur darüber. Man musste sich morgens um acht ins kalte Auto setzen, der Büronachbar war doof, es gab nur 3 Riesen netto im Monat, lauter so manchesterkapitalistische Mißstände halt.
Ich habe daraus als Kind gelernt, dass man als Erwachsener (a) wahrscheinlich keinen Job hat, und (b) falls doch dann einen ganz schlechten und doofen. Mein Vater rechnete nie damit, dass seine Gastspiele in der Arbeitswelt länger dauerten, und ließ es auch nie dazu kommen. Also habe ich auch nie gelernt, dass man arbeiten kann, um etwas zu erreichen (Beförderung) oder um sich etwas leisten zu können. Wir haben immer das gleiche Leben mit aufgetragenen Kleidern und Campingurlaub geführt, egal ob mein Vater gerade was hatte oder nicht. Man musste ja sparen, was ging, um von jedem Monat Arbeit drei Monate Nichtstun zu finanzieren.

Ich selbst hätte bestimmt nicht mein Studium so überzogen, wenn ich eine bessere Einstellung zur Arbeit gehabt hätte. Aber ich hatte Angst vor dem, was auf mich zukommt. In den letzten zwei, drei Semestern habe ich mich darauf besonnen, dass meine bisherigen Erfahrungen eher schön waren - der Zivildienst und die Praktika, in denen ich bislang Vollzeit gearbeitet habe, und die verschiedenen Studentennebenjobs - und ich habe in der Bibliothek diverse Bücher über Liberalismus verschlungen, um dem linken Schmodder, den ich von meinen Eltern gelernt habe, etwas entgegenzusetzen. Dieses Jahr werde ich mich dann unvoreingenommen und gespannt an den Berufseinstieg machen und die vollzogene geistige Emanzipation von meinen Eltern im September mit einem Kreuzchen für die FDP feiern. (<--- ihr hättet mal meine Mutter sehen sollen, als ich ihr das gesagt habe.)

sabine
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PM ID: 700
[PM sabine]

Posted at Fri Jan 30, 2009 10:58:57
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Das Thema Arbeit geht mir in letzter Zeit auch im Kopf herum.
Bin gerade dabei, mich zu bewerben, und stelle fest, daß ich
dabei so sehr aufschiebe wie lange nicht mehr. Wenn ich so
weitermache, bin ich bald auswegslos arbeitslos. Schon beim
Öffnen einer Stellenbörse im Internet krieg ich panische Angst. Dann die
Vorstellung eines Bewerbungsgesprächs ... grusel. Mir wird
da richtig schlecht.
Meine Eltern hatten auch eine eher negative Einstellung -
die Jahre bis zur Rente gezählt, über die Arbeit gejammert,
ach, morgen ist Montag, da muß ich da wieder hin, gräßlich, usw.
Ich selber arbeite dagegen gern, bin auch fleißig, begeisterungsfähig,
motiviert, sehe gern, wie ich etwas erschaffe, verändere -
bis ich anfange, aufzuschieben. Ab da wirds auch zur Qual,
leider. Schleppe mich morgens mühsam los, sitze meine Zeit ab-
völlig verrückt. Sehne mich nach einem Job ohne Verantwortung,
mit strengen Zeitvorgaben und kleinen, überschaubaren Aufgaben.

-----------------------------
Aufschieben: Du stellst Dich tot, dabei gierst Du doch so nach Leben - (von einem freundlichen Berater)

Veronica Mars
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[PM Veronica Mars]

Posted at Sun Feb 01, 2009 14:16:07
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Oh mann, mir geht es genauso. Bin ja froh, dass ich nicht die einzige mit solchen Problemen bin.

Meine Mutter fand arbeiten auch immer blöd, also meistens eigentlich Kollegen/Chefs usw, das Arbeiten an sich fand sie garnicht so schlimm.

Ich bin auch grad auf Arbeitssuche, aber am liebsten würde ich erstmal ne Zeitlang garnichts machen... Ich fühle mich so ausgepowert, die DA dann doch tatsächlich noch zu schreiben hat mich echt gestresst! Naja nur hab ich ständig Zukunftsängste usw. vor allem finanzieller Art.

Ich arbeite echt gerne, aber momentan hätte ich voll Lust auf einen anspruchslosen Job, von 9-5 Uhr und dann einfach Heim und meine Ruhe haben, dabei hatte ich genau so einen Job, fand ihn blöd und hab das Studieren angefangen.

Dazu kommt, dass ich ständig Absagen bekomme, wenn ich mich bewerbe. Ich mag mich schon garnichtmehr bewerben, bringt ja eh nichts.



sabine
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PM ID: 700
[PM sabine]

Posted at Wed Feb 25, 2009 15:14:59
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Du sagst, Du hattest zunächst einen "anspruchslosen" Job. Hast Du da auch
aufgeschoben oder wars wirklich einfach nur langweilig ?
Mich treibt eben auch der Gedanke um, was anderes zu machen. Wo
ich ua nie Vorträge vor Publikum halten müßte.
Davor sterbe ich nämlich immer tausend
Tode, wie es so unschön heißt. Ein Freund meint allerdings (und ich
fürchte, da hat er recht), ich hätte dann eben vor anderen Dingen Angst.
Würde zwar der einen Sache aus dem Weg gehen, aber das grundlegende
Problem nicht lösen. Und könnte also genausogut bei dem bleiben, was
ich jetzt mache. Hach, ich weiß einfach nicht. Hat hier jemand Erfahrung
mit Jobwechseln ? Und wie habt Ihr so eure Berufswahl getroffen ? Hat da
der Gedanke ans Aufschieben eine Rolle gespielt oder wart Ihr zu der
Zeit noch nicht so betroffen ?
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Aufschieben: Du stellst Dich tot, dabei gierst Du doch so nach Leben - (von einem freundlichen Berater)

waiting around
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PM ID: 1754
[PM waiting around]

Posted at Tue Mar 31, 2009 17:11:02
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- Dieser dämliche Betrieb hat es doch gar nicht verdient, dass ich für ihn arbeite!


Das stimmt ja auch :-).
Den größten Teil meines "Erwerbslebens" (das waren bisher, in 8-Stunden-Tage umgerechnet, vielleicht 6-7 Jahre) habe ich damit verbracht unnütze bis schädliche Tätigkeiten für vergleichsweise miserablen Lohn auszuführen, die in keinem Verhältnis zum Profit derer stehen, für die ich sie ausführ(t)e. Meine "extrem negative Einstellung" zu Erwerbstätigkeiten wird sich wohl in absehbarer Zeit nicht ändern.
Was mich an der Procrastination stört, oder was das eigentliche Problem ist, ist vielmehr, daß ich in meiner selbstbestimmten Zeit nichts auf die Reihe bekomme und überwiegend antriebslos rumhänge, wobei es da sicherlich eine große Überschneidung zur Depression gibt, aber eben nicht nur. Teilweise denke ich schon ernsthaft, daß es ein genetischer Defekt (bzw. eine genetische "Variante") ist.
Ironischerweise bin ich gegenüber meinen Arbeitgebern immer sehr zuverlässig, pünktlich, schiebe nichts auf und bin so gut wie nie krank. Zuhause ärgere ich mich manchmal drüber, daß ich mein "Ich" vernachlässige und meine "Funktion" so angepasst erfülle. Daß meine Energie am falschen Platz eingesetzt wird und nicht für beides reicht. Aber das stimmt so auch wieder nicht, denn auch wenn ich (Studium, arbeitslos) massig Zeit habe, schiebe ich jeden Furz auf bis zum Gehtnichtmehr...

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