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leonardo
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PM ID: 11
PM [leonardo]

Last replied to on Tue May 11, 2010 12:25:02
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...ist natürlich nicht nur auf meinem Mist gewachsen, sondern stellt die Essenz aus vielen Büchern und auch Forenbeiträgen, sowie meinen eigenen Erfahrungen dar.

Ich wähle für mich das Modell der Balkenwaage. (Ich hoffe, ihr kennt noch so etwas antiquiertes analoges wie eine Balkenwaage). Ihr habt eine Aufgabe zu erledigen. In der rechten Waagschale liegt alles unangenehme, lästige, verunsichernde oder angstmachende, was ihr mit dieser Aufgabe verbindet. In der linken Waagschale liegt alles positive, z.B. eine erwartete Belohnung, weiterkommen im Job oder Studium, Freizeit ohne schlechtes Gewissen usw...

Wenn ihr procrastiniert, dann könnt ihr davon ausgehen, dass der Inhalt der rechten Waagschale deutlich schwerer wiegt, als der auf der linken Seite.

Was passiert jetzt, wenn der Abgabe- oder Prüfungstermin immer näher rückt? Es wird immer schwerer zu entspannen, seine Freizeit ohne Schuldgefühle zu genießen. Somit verschieben sich die Gewichte und irgendwann wird es einfacher, die Sache zu erledigen, als den Stress weiter auszuhalten. Die Waage schlägt um!

Ich glaube, so funktioniert es ziemlich oft bei uns Procrastinatoren. Wir warten, bis der Druck, der von der nicht erledigten Aufgabe ausgeht, größer und unangenehmer ist, als der Druck der negativen Gefühle, die uns am liebsten zum Vermeiden der Aufgabe verleiten wollen.

Aus dem Modell ergibt sich aber noch eine andere Ansatzmöglichkeit: Man kann auch die negativen Gefühle auf der rechten Seite der Waage verändern, z.B. durch Psychotherapie oder Selbsthilfetechniken wie EFT. Der erste Schritt sollte auf jeden Fall sein, sich ganz individuell anzuschauen, was bei jedem einzelnen von uns in diesen Waagschalen drin liegt. Das kann sogar bei Aufgabe A etwas anders als bei Aufgabe B sein. Das kann bei beruflich aufgeschobenen Dingen etwas ganz anderes sein, als bei privat aufgeschobenen.

Ich mache mal den Anfang und werfe mal den Blick in meine rechte Waagschale:
- Perfektionismus
- Versagensangst
- Angst vor Bewertung durch Andere
- Unlust/fehlende Motivation/fehlender Sinn der Arbeit

Ist sicher noch nicht vollständig.

Was sagt ihr zu diesem Modell? Was liegt in eueren Schalen?

Liebe Grüße
Leo
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leonardo
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PM ID: 11
[PM leonardo]

Posted at Fri Jun 13, 2008 09:56:57
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Kurze Ergänzung zum Modell:

Ich glaube, es fällt den meisten Menschen schwer, sich von einer Belohnung motivieren zu lassen, die erst weit in der Zukunft liegt, d.h. ein solcher Aspekt ist auf der Waage eher ein Leichtgewicht (auch wenn der Verstand das gerne anders haben möchte)!

Nehmen wir z.B, das Rauchen: Wie motivierend ist der Gedanke, in 20 Jahren keinen Lungenkrebs zu bekommen, wenn ich weiß, dass es mir nach ein paar Zügen heute deutlich besser gehen wird?

Liebe Grüße
Leo
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amy
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PM ID: 19
[PM amy]

Posted at Fri Jun 13, 2008 13:28:36
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Hallo Leo,

ich komme zwar im Moment nicht dazu, näher auf Deinen Thread einzugehen, aber zu dieser Frage muss ich einfach sofort Stellung nehmen.
Quote:

Was sagt ihr zu diesem Modell?


Leonardo, der Vergleich mit der Balkenwaage ist Klasse, und wenn Du jemals ein Buch zu "unserem Thema" schreiben würdest, würde ich es sofort kaufen

Liebe Grüsse
Amy
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Go!rilla
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PM ID: 1955
[PM Go!rilla]

Posted at Fri Jun 13, 2008 14:15:08
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Ich finde das Waagenmodell sehr gut, um sich das vorzustellen. Hilft, um den Gedanken- und Gefühlsmatsch ein wenig zu strukturieren... Allerdings ist bei mir ein kleiner Aspekt anders: Während im ersten Drittel einer Arbeitsphase die Motivation wie auch die Produktivität noch recht hoch ist, geht sie in der Mitte rapide runter (vermutlich dadurch, dass mir langsam bewusst wird, was alles zu tun ist), und am Ende - meist sehr nah am Ende - geht sie dann, wie ja auch von Dir beschrieben, wieder hoch. Also müsste man quasi die Belohnungs-/Vorteilsseite möglichst schwerer halten, also sich am Besten auch schon nach kleinen Schritten belohnen.

Gruss

leonardo
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PM ID: 11
[PM leonardo]

Posted at Fri Jun 13, 2008 14:17:09
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Danke, liebe Amy!
Habe tatsächlich schon mal mit dem Gedanken gespielt, ein Buch zu schreiben. Es würde dann wohl eine Anleitung werden, wie man mit EFT die Procrastination überwinden kann. Mach ich aber erst, wenn ich die Pr. auch sicher überwunden habe. Sonst gibt es ja doch nur Schreibblockaden.

Liebe Grüße
Leo
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leonardo
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PM ID: 11
[PM leonardo]

Posted at Fri Jun 13, 2008 14:20:49
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Hallo Go!rilla,
die Belohnungsseite hoch halten, ist sicher eine Möglichkeit. Man sollte dabei auch kurzfristige Belohnungen für Teilschritte einbauen (s. Raucherbeispiel).

Wenn du aber mal bedenkst, dass auf der rechten Seite unsere Monster und Dämonen lauern, dann halte ich es für effektiver und nachhaltiger, diese Monster zum schweigen zu bringen (oder zumindest zur Ordnung zu rufen).

Mein Werkzeug dafür ist die Klopfakkupressur, auch EFT genannt. Wenn du die Suchfunktion nutzt, wirst du hier einiges dazu finden.

Liebe Grüße
Leo
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Go!rilla
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PM ID: 1955
[PM Go!rilla]

Posted at Fri Jun 13, 2008 14:47:11
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> Wenn du aber mal bedenkst, dass auf der rechten Seite unsere Monster und Dämonen lauern, dann halte ich es für effektiver und nachhaltiger, diese Monster zum schweigen zu bringen (oder zumindest zur Ordnung zu rufen).

Monster und Dämonen, das trifft es und macht Lust auf eine zünftige Austreibung - schade, dass ich nicht in Bayern wohne...

Mein Werkzeug dafür ist die Klopfakkupressur, auch EFT genannt. Wenn du die Suchfunktion nutzt, wirst du hier einiges dazu finden.

Danke für den Tipp, aber ich bin da ehrlich gesagt ein wenig skeptisch. Habe mir die Videos angesehen, die jmd. vor kurzem gepostet hatte und ganz schnell wieder ausgemacht: Das erschien mir alles ein wenig zu spirituell... Wobei ich Deinen Tipp keineswegs abwerten will, sicherlich gibt es viele, denen das hilft (scheint ja auch recht verbreitet zu sein), aber ich bin bei solchen Sachen ein wenig eigen... Und wenn man nicht daran glaubt, dann hilft es meistens auch sehr wenig.

Ziltoid
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[PM Ziltoid]

Posted at Sat Jun 14, 2008 05:52:55
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Kurze Ergänzung zum Modell:

Ich glaube, es fällt den meisten Menschen schwer, sich von einer Belohnung motivieren zu lassen, die erst weit in der Zukunft liegt, d.h. ein solcher Aspekt ist auf der Waage eher ein Leichtgewicht (auch wenn der Verstand das gerne anders haben möchte)!

Liebe Grüße
Leo


Ich finde das Waagenmodell sehr gut, und mit dieser Erklärung wird wirklich ein Schuh draus. Ich kenne den Begriff "Prokrastination" aus einem Essay von Max Goldt, und da wird als Definition angegeben: "ein nicht zeitmagelbedingtes, aber um so qualvolleres Aufschieben dringlicher Arbeiten in Verbindung mit manischer Selbstablenkung, und zwar unter Inkaufnahme absehbarer und gewichtiger Nachteile." Es ist wohl wirklich so einfach, wie du sagst, diese gewichtigen und absehbaren Nachteile wiegen leichter als die Unannehmlichkeiten des Anfangens.

Ich habe hier lange nicht gepostet, weil ich im Moment kein Problem mehr mit Prokrastination habe, es ist seit ca. zwei Monaten wirklich komplett verschwunden und ich arbeite so viel ich kann an meinem Studienabschluss und meiner Zukunft. In der Zeit davor, als ich mein Studium durch blankes Nichtstun zwei Semester hinausgezögert habe, lagen in meiner rechten Waagschale vor allem zwei Dinge:

1. Angst vor der ungewissen Zukunft.
Ich werde gut qualifiziert sein, finanziell für mich sorgen können und wahrscheinlich Gelegenheit haben, über mein Wunschthema zu promovieren - aber es war/ist eben alles ungewiss, wo werde ich arbeiten, wie werde ich mit den Kollegen zurecht kommen, wo werde ich wohnen, wie wirds mir alles gefallen... Da war ein ausgedehntes Studium mit der üblichen Jobberei angenehmer.

2. Unerreichte persönliche Ziele.
Bis in das Jahr, in dem ich nichts für die Uni getan habe, hatte ich mich nicht richtig von meinen Eltern gelöst und die meisten Wochenenden zuhause verbracht. Außerdem hatte ich, mit inzwischen 26, nie eine Liebesbeziehung gehabt.
Den Zusammenhang habe ich erst vor kurzem erkannt, aber ich war damals einfach nicht bereit, meine Energie für lange Zeit etwas anderem zu widmen, bevor diese wichtigen Probleme gelöst sind. Wenn ich während der untätigen Phase keinen Freund gefunden hätte, hätte ich meinen Abschluss auch sicher bis heute nicht in Angriff genommen.


amy
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[PM amy]

Posted at Tue Jun 17, 2008 19:07:15
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Mach ich aber erst, wenn ich die Pr. auch sicher überwunden habe. Sonst gibt es ja doch nur Schreibblockaden.



Hier stimme ich ausnahmsweise nicht mit Dir überein, lieber Leonardo. Klar, wenn Du Dich hinsetzt mit der festen Absicht, jetzt ein Buch zu schreiben, dann könnten Schreibblockaden entstehen. Aber wenn Du es stückchenweise angehst, also wie bisher Deine Gedanken niederschreibst und uns daran teilnehmen lässt, wird mit der Zeit eine grosse Ideensammlung entstehen. Dann brauchst Du nur noch das ganze in Buchform zu bringen.

Die meisten Selbsthilfebücher beschreiben zwar Probleme mehr oder weniger gut, aber wenn es um Lösungsansätze geht, wird es auf einmal schwammig. Ich könnte mir denken, dass das bei Dir nicht der Fall sein wird. Deine Beispiele sind sehr klar und prägnant. Ausserdem könntest Du einzelne Punkte zur Diskussion stellen und vielleicht würde dann unser Feedback auch hilfreich sein.

Ich würde mich auch freuen, wenn bei all Deinem Enthusiasmus für EFT Du Dich nicht darauf als einzige Methode zur Überwindung der Prokrastination beschränken sondern auch andere Wege einbeziehen würdest Ich denke dabei z.B. an das Enneagramm, dass die Persönlichkeitsstruktur des einzelnen stark berücksichtigt.

Das könnte eine sehr spannende Erfahrung für uns alle werden.

Liebe Grüsse
Amy
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leonardo
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PM ID: 11
[PM leonardo]

Posted at Wed Mar 11, 2009 14:26:37
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Habe dieses Modell mal in meiner letzten Therapiestunde (gestern) angesprochen. Mein Therapeut ist der Meinung, dass in der rechten Waagschale eigentlich gar nicht mehr so viele Dinge liegen, die wirklich schlimm sind, weil wir uns viele der schlimmen Dinge im Laufe der Zeit angeschaut haben bzw. weil ich an vielen Dingen mit EFT gearbeitet habe. Trotzdem sind die Dinge in der linken Waagschale v.a. kurzfristig immer noch positiver. Somit meint er, dass es sich bei mir nur noch um eine schlechte Angewohnheit handelt, die im Laufe der letzten 37 Jahre ziemlich chronisch und hartnäckig geworden ist.

Ich denke, für einige Aufgaben ist da schon was dran. Würde also im Umkehrschluss bedeuten, dass ich für solche Aufgaben einfach etwas mehr Disziplin benötige.

Was auch passt ist die Tatsache, dass mir besonders der Anfang schwer fällt.

Was denkt ihr dazu?

Liebe Grüße
Leo
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leonardo
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PM ID: 11
[PM leonardo]

Posted at Tue May 11, 2010 12:25:02
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Da gerade mal wieder so viel über Motivation und Willensstärke diskutiert wird, erlaube ich mir mal, meine Ansicht zu diesem Thema nach oben zu schieben.
Liebe Grüße
Leo
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