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Forum Startseite>>Procrastination>>Ich bin nur in meiner Freizeit "gelaehmt"!

Neues Thema - Antworten

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Javabohne
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PM ID: 39
PM [Javabohne]

Last replied to on Thu Jul 26, 2007 23:44:16
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Hallo,

ich habe heute zum ersten Mal von Prokrastination gehoert und wundere mich, dass es so wenig Informationen darueber gibt. Gut, die Vorwuerfe des Aufschiebens, des Beiseitelegens von Pflichten und Aufgaben habe ich sicherlich schon tausend Mal gehoert, aber ich meine, dass es sich offenbar um eine Erkrankung handelt, hoerte ich zum ersten mal.

Mein Problem ist, dass ich in meinem Job eigentlich Hoechstleistungen bringe, die auch gut honoriert werden. Aber sobald zuhause angekommen bin, geht es los. Ich habe zu nichts Lust! Ich sehe mich blockiert und gelaehmt, kann mich zu nicht aufraffen. Gerne wuerde ich mich im Bereich Webdesign fortbilden. Ich habe die Begabung dazu (Photoshop, HTML, Javascript...). doch das erforderliche taegliche Befassen damit, das kreative Entwickeln von Homepages und die dazugehoerigen Grafiken (die mir eigentich spass machen) kann ich nicht in die Tat umsetzten. Und das ist nur eines meiner Probleme. Oft sitze ich am Fernseher, ohne eigentlich mitzubekommen, was gesendet wird. Nur um die Zeit "tot" zu bekommen.

So oder aehnlich ergeht es mir in Grundzuegen schon seit meiner Kindheit.


Nun sehe ich mich immer oefter von Depressionen geplagt.

Habt ihr Ratschlaege, die mir helfen MICH zu ueberwinden? Gibt es Hilfsmittel (Ernaehrung, Vitamine, Sport....)?

Ich waere fuer jeden Ratschlag sehr dankbar!

Viele Gruesse

swen
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PM ID: 5
[PM swen]

Posted at Sun Sep 10, 2006 10:29:19
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Mathematisch gesehen sind wir komplementär zueinander. Ich prokrastiniere hauptsächlich im Beruf und leiste viel im privaten Bereich. Aber auch schon früher in Schule und Studium, habe ich schon unter Prokrastination gelitten. Ich schiebe meistens das auf, was von mir gerade verlangt wird. So wie du es beschrieben hast, kommt es mir für mich schon wie eine Verbesserung vor. Aber anscheinend kann man damit auch nicht zufrieden sein, wie ich deinem Schreiben entnehme. Ich dachte immer, ich könnte mich gut fühlen, wenn ich das machte, was ich tun muss und könnte dann in Ruhe und mit gutem Gewissen meine Freizeit genießen!
Swen

amy
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PM ID: 19
[PM amy]

Posted at Sun Sep 10, 2006 12:36:20
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Ich schiebe meistens das auf, was von mir gerade verlangt wird.


Genau so geht es mir auch, und ich erklär mir das so. In meiner Kindheit hab ich mich vergeblich bemüht, die Anerkennung meines Vaters zu bekommen. Das, was ich (noch) nicht konnte (ich war aufgrund jahrelangen Aufwachsens bei einer leider lebensuntüchtigen Mutter sehr ungeschickt), wurde kritisiert, und das, was ich gut konnte (z.B. Sprachen lernen), galt für ihn nicht. Irgendwann habe ich aufgegeben und angefangen, depressiv zu werden und zu prokrastinieren. Gleichzeitig lehnte ich mich innerlich gegen so viel Ungerechtigkeit auf. Ich bin davon überzeugt, dass das bei mir der Grund ist, dass ich von 10 Sachen, die zu tun sind, mich lieber den neun widme, die nicht dringend sind, als der zehnten, die unbedingt getan werden müsste.

Mein Vater ist vor 26 Jahren gestorben, aber anscheinend schleppe ich ihn immer noch mit mir rum und meine, gegen ihn rebellieren zu müssen.

Andererseit befürchte ich, dass die Procrastination, die ursprünglich als Reaktion auf die Umstände entstand, sich irgendwann verselbständigt hat.

Amy

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Javabohne
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PM ID: 39
[PM Javabohne]

Posted at Sun Sep 10, 2006 16:21:22
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Vieles, was ihr schildert erlebte ich auch. Eine sehr schwierige Kindheit, einen aeussert gewalttaetigen und ueberdimensionierten Vater, den ich trotzdem geliebt habe. Der staendige Vergleich der Verwandten, ich sei wie mein Vater, der ALLES aufschoeb, bis er dadurch sogar im Gefaengnis landete (Steuerhinterziehung), was er spielend verhindern haette koennen, wenn er nicht aufgeschoben und sich rechtzeitig darum gekuemmert haette.

Da ich gerne wie mein Vater sein wollte, mit der Ausnahme, dass ich Gewalt ablehnte, lernte ich so auch aufzuschieben. Doch die Veranlagung dazu war mir meiner Meinung nach bereits im Blut mitgegeben worden.

Annerkennung und Liebe bekam ich nie von meinem Vater, sondern das Gegenteil - du bist ein Versager, wrude mir vorgeworfen! Und ich glaubte auch daran!

Ich sehe mich allerdings keinesfalls als Versager. Als Erwachsener habe ich den Schritt vom Hauptschuler zum Abiturienten gamacht, habe Betriebswirtschaft in Abendkursen "studiert" und bin heute Betriebswirt. Bin nach USA ausgewandert und hier im Beruf bekomme ich Annerkennung und man will mich auf gar keinen Fall verlieren!

Doch heute mit 47 Jahren holt mich die Procrastination trotzdem wieder ein. Privat laeuft bei mir seit Jahren nichts. Jeden Tag nehme ich mir viele Dinge vor, die ich machen sollte. Doch ich bringe es fertig alles ansere, sogar das Faulenzen und Nichtstun so dermassen in den Vordergrund zu setzen, dass ich geschickt verhindere, fuer mich wichtige Dinge zu erledigen!

Glaubt ihr, dass ich durch Training aus diesem Kreis herauskommen kann. Das heisst, wenn ich mir eine Art Zeitplan (Stundenplan) nur meine Freizeit erstelle und (versuche) mich strikt daran zu halten?

Viele Gruesse,
Dieter



leonardo
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PM ID: 11
[PM leonardo]

Posted at Mon Sep 11, 2006 09:33:39
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Hallo Dieter,
willkommen in unserer Runde!
Hast du dir mal die möglichen Gründe für Prokrastination durchgelesen:
http://www.bychan.de/procrastination/trans_html/Ursachen/index.html
Überlege mal in Ruhe, was da für dich zutreffen könnte.
Es gibt wohl niemanden, der nicht irgendwann einmal etwas aufgeschoben hat und genauso gibt es niemanden, der alles aufschiebt. Ich prokrastiniere fleißig (irgendwie ein Widerspruch in sich) im beruflichen und privaten Bereich, aber ich habe noch nie etwas aufgeschoben, was irgendwie mit Finanzen zu tun hat (okay, meine Frau macht die Steuererklärung. Das wäre sonst sicher ein harter Prüfstein!).
Ein paar Gedanken zu deinem Text. Ob was dran ist, kannst du natürlich nur selbst entcheiden:
Du scheinst sehr viel zu arbeiten. Kann es sein, dass du abends einfach zu erschöpft bist? Wie sieht es am Wochenende aus? Heute muss man anscheinend 24 Stunden am Tag kreativ, effektiv und effizient sein, um mithalten zu können. Das funktioniert leider nicht!
Ein anderer Gedanke: Im Job bist du sehr leistungsorientiert und hoffst damit anscheinend, nachträglich noch die Anerkennung deines Vaters zu bekommen, die du als Kind nie gekriegt hast. Was würde dein vater zu den Dingen sagen, die du gerne in deiner Freizeit tun möchtest? Zeitverschwendung oder ganz toll?
Wie sieht es bei dir mit Perfektionismus aus? Wenn du abends an Webdesign denkst, schwebt dir da eine ganz tolle, einfach perfekt gestaltete Seite vor. Dann kann es sein, dass dir dieses Ziel unerreichbar erscheint und du es deshalb erst gar nicht versuchst. Das tut nämlich weniger weh alszu scheitern.
Der Weg ist das Ziel: Du solltest dir über den ersten Schritt Klarheit verschaffen und einfach loslegen, und wenn es auch nur 5 Minuten sind! So könnte dein Training aussehen.

Noch ein Wort zum Thema Depression, was mich leider auch betrifft: Depression und Prokrastination scheinen ähnliche Ursachen in der Kindheit zu haben, weshalb beides auch oft gemeinsam auftritt. Eine Depression kann natürlich auch eine Folge von dem Gefühl sein, nichts auf die Reihe zu kriegen. Folgender Irrtum hat mich eine ganze Zeit lang irritiert: Eines der Hauptsymptome der Depression ist die Antriebslosigkeit, die ich mit der Prokrastination verwechselt habe. Nachdem meine Depression erfolgreich behandelt wurde, war die Prokrastination aber immer noch da!
Ein sehr sehr sehr gutes Buch, um den Ursachen der Depression in der Kindheit nachzugehen, ist folgendes:
Josef Giger-Bütler: Sie haben es doch gut gemeint.

Vitamine und Sport können gegen Depressionen helfen, aber vermutlich nicht gegen Prokrastination. Aber raffe dich mal mit Depris zum Sport auf!
Bei den Nahrungsergänzungsmitteln sind hier insbesondere die Omega-3-Fettsäuren (Lachsölkapseln) und die B-Vitamine interessant.
Alles Gute
Leo
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Billa
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PM ID: 20
[PM Billa]

Posted at Mon Sep 11, 2006 11:26:28
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Lieber Dieter, ich glaube nicht, dass Du das Verhalten der Prokrastination geerbt hast. Du hast früh erlebt, dass man Dich mit Deinem Vater in einen Topf geworfen hat, das ist nicht ermutigend. Im Gegenteil. Es gibt den Begriff der sich selbst erfüllenden Prophezeiung, der bei Dir in einem Aspekt vielleicht passt. Es fehlt Dir vielleicht an Selbstvertrauen auf bestimmten Gebieten, das Du nicht so entwickeln konntest wie wünschenswert, aus den von Dir angegebenen Gründen. Ansonsten schließe ich mich Leo an. Sport halte ich für eine gute Möglichkeit, depressive Verstimmungen auszugleichen, sollte aber wenigstens ein bisschen Spaß machen. Hast Du jemanden, mit dem Du Dich verabreden kannst? Auch andere Aktivitäten laufen vielleicht eher an, wenn Du Dich mit jemandem zusammen tust. Falls Du Kontaktprobleme hast, müsstest Du die schildern. Auch die kleinen Schritte, die hier im Forum vorgeschlagen werden, haben mir schon ein Stück weit geholfen. Gruß Billa

Javabohne
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PM ID: 39
[PM Javabohne]

Posted at Tue Sep 12, 2006 16:01:32
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Hallo,

zunaechst vielen Dank an alle, die mich hier unterstuetzen!

Ja, leonardo und billa. Ihr habt sicherlich recht. Es gibt immer etwas zu verschieben und viele machen es krankhaft anderer aus Faulheit und wiederum anderen denken somit Probleme loesen zu koennen, wenn man sie auf die lange Bank schiebt. Ich will nicht unbedingt behaupten, dass es bei mir krankhaft ist trotzdem leide ich foermlich darunter, wenn ich mir am Morgen vornehme meinetwegen Englsche Vokabeln, ein Tutorial in Photoshop abzuarbeiten oder etwas fuer Programmierkenntnisse zu tun und es nach einam Jahr immer noch nicht geschehen ist. Zweifel auf meine Verlaeslichkeit mir gegenueber, manchmal sogar Hass und Selbstverachtung sind die Folgen, die mich dann sehr deprimiert machen. Wenn ich versuche es zu aendern, geht es (wenn ueberhaupt) nur sehr schleppend. Kaum ein Erfolg oder der beruehmte Silberstreif am Horizont sind dann zu sehen.

Wie gesagt, beruflich laufe ich wie ein Uhrwerk! Hier wie privat arbeit ich voellig selbstaendig ohne grosse Vorgaben. Esist also nicht das Problem der Organisation oder des Setzens vo Prioritaeten, damit habe ich keinerlei Probleme sondern bin eher ein Talent.

Privat ist es so, dass ich sozusagen nicht aus dem "Kreuz" komme. Verschieben auf morgen, uebermorgen, irgendwann, vergessen! Das ist der Ablauf. Habe ich mal etwas erledigt erlebe ich ein wahres Gluecksgefuehl und denke, von nun an mache ich das immer so.

Nun, da ich weiss, dass es so etwas wie Procrastination gibt und mit euch darueber diskutieren kann, hilft mir das bereits und ich beginne anders zu agieren. Dabei habe ich im Hinterkopf, dass nicht ich es bin, der Aufschiebt, sondern dass "Es" in mir ist, was mich aufschieben laesst. Eine grosse Stuetze!

Viele Gruesse,
Dieter

Javabohne
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PM ID: 39
[PM Javabohne]

Posted at Mon Sep 25, 2006 18:32:41
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Ich habe in den letzten Tagen viel in diesem Forum gelesen und habe mir einiges als "Leitmaterial" zunutze gemacht. Wie so viele anderen hier im Forum, habe auch ich Probleme den Umfang von grossen Aufgaben zu ueberblicken. Ich habe angefangen meine Aufgaben, wie Vokabeln lernen (ich lebe in den USA), Webdesign und so weiter in kleineren Aufgaben zu unterteilen. Jeden Tag nehme ich mir vor, nur 20 Minuten zu ueben, sobald ich diese Zeit erreicht habe, entwickel ich nun aber immer noch "Bock" darauf und kann weitermachen, ohne am naechsten Tag die Lust an der Sache zu verlieren. Das war vorher nicht der Fall! Nach getaner Arbeit bekomme ich eine Art Gluecksgefuehl und bin stolz auf mich! Auf etwas voellig Neues fuer mich. Abends bin ich immer noch gut gelaunt und lese in Buechern um zu entspannen (nicht lernen) und geniesse wirklich im Augenblick mein Leben. Das konnte ich vorher nicht, weder lesen noch lernen und schon gar nicht geplant und ich konnte erst recht nicht stolz auf mich sein.

Seit ich weiss, dass ich wohl ein Procrastinator bin, und ich etwas tun muss, da es sonst noch schlimmer werden kann, komme ich langsam aber sicher aus dem Loch heraus. Meine Depressionen (Selbsthass...) sind wie weggeblasen. Ich hoffe, dass dieses momentane Vergnuegen noch mindestens solange anhaelt, bis ich mich an einen normalen Tagesablauf mit Lernpensum gewoehnt habe und dieses noch lange fortsetzen kann.

Daher danke ich allen, die an diesem Forum mitgewirkt haben und mir auch in diesem Thread geantwortet haben und mir Informationen zur Verfuegung gestellt haben.

Sicherlich werde ich immer wieder von meinen Erfolgen (oder auch Nichterfolgen) berichten.

Viele Gruesse,
Javabohne

leonardo
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PM ID: 11
[PM leonardo]

Posted at Tue Sep 26, 2006 07:40:07
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Lieber Dieter,
das klingt wirklich toll. Es gibt noch so wenig Erfolgsberichte. Weiter so!
Liebe Grüße
Leo
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TaniTe
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PM ID: 47
[PM TaniTe]

Posted at Tue Oct 17, 2006 02:40:13
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Hallo Amy und Javabohne! Und natürlich alle anderen!

Seid ihr euch da so sicher, dass wir eine gewisse erbliche Komponente so völlig ausschließen können?

Alle anderen Störungen, die mit Nichtausführenkönnen einhergehen, egal ob das nun Depressionnen, ADHD, Zwanghaftigkeit etc. sind, haben immer diese Mischung aus erblicher Disposition und biographischer Zündung derselben, warum sollte das gerade hier anders sein?

Die Tatsache, dass irgendein Experte meint, dass man noch nicht genug Daten hat, um irgendwas beweisen zu können, weder eine erbliche Komponente noch das Gegenteil, heißt doch nur, dass wir uns da noch eine Menge eigener Gedanken dazu machen können.

Also, meine Eltern kommen jedenfalls immer zu spät... :-)

Gruß, Tanja

Billa
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[PM Billa]

Posted at Wed Oct 18, 2006 11:52:52
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Liebe Tanja, ich bin mir nicht sicher, worauf Du hinaus willst. Wenn mein Verhalten zum Teil durch eine vererbte Disposition mitbestimmt würde, müsste ich trotzdem Wege dafür finden, mit dem Verhalten zu leben oder es zu ändern. Ich habe eine Erkältungsdisposition bzw. asthmatische und allergische Disposition geerbt. Daher bin ich über diese Themen überdurchschnittlich gut informiert und weiß, dass ich Wege finden kann, damit gut zu leben. Das bedeutet z.B. dass ich, um meine Abwehrkräfte zu stärken, jeden Tag längere Zeit draußen verbringe, bei Erkältungen inhaliere, ein Nasenspray benutzen muss und eventuell etwas Bronchienerweiterndes. Dieses Wissen und seine Durchführung hat dazu geführt, dass ich kein Infektasthma mehr habe, höchstens ein- bis zweimal im Jahr erkältet bin und bakterielle Entzündungen ohne Antibiotika verkrafte. Was würde es ändern, wenn die erbliche Disposition in meiner Familie nicht bekannt wäre? Ich müsste mir die Informationen trotzdem beschaffen, weil ich so oft und so schwer erkältet war. - Der einzige Gedanke, der mir da als Antwort kommt, wäre die Frage der Scham. Würde ich mich weniger schämen über mein "Versagen" (Procrastination), wenn ich glauben oder "wissen" würde, dass es mit erblicher Disposition zu tun hat? Ich weiß es nicht. Meine Eltern kamen selten zu spät und die Depressionen, die meine Mutter hatte, kann ich lebensgeschichtlich sehr gut nachempfinden. Ich hatte sie als Vorbild für mangelnde Lebensbewältigung, brauche ich mir dann noch zusätzlich dazu Gedanken darüber zu machen, inwieweit sie mir etwas vererbt hat? Billa

TaniTe
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[PM TaniTe]

Posted at Thu Oct 19, 2006 02:33:37
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Liebe Billa!

Ich gebe dir recht darin, dass es für das Aufdiereihekriegen und Nichtmehraufschieben egal ist, welche Ursachen die procrastination hat, und es vielleicht noch nicht mal so nützlich ist, sich zu sehr damit zu beschäftigen.

Allerdings ist es für mich schon so, dass ich eine andere Einstellung zu Dingen habe, die ich erlernt habe, als zu solchen, die ich einfach nur habe.
Ich bin nicht so sehr zufrieden, die Ursache für die procrastination nur in Kind-Eltern-Geschichten zu suchen. Mir ist schon klar, dass es damit auch was zu tun hat, wie das Aufschieben in der Kindheit emotional besetzt wird.
Aber wenn es jetzt eine anerzogene oder sich abgeguckte Sache wäre, würde das dann nicht heißen, dass procrastination erlernt wurde - und dass man sie auch wieder verlernen kann?
Für mich eine anstrengende Vorstellung. Natürlich würde ich wahnsinnig gerne imstande sein, Dinge zu tun, so wie sie mir in den Kopf kommen, ohne vorher durch eine ausgefeilte Selbstmanagementstrategie durchzugehen.
Aber wenn ich dann mal wieder an meine Grenzen komme, dann ist schon ein Unterschied, ob ich denke, ich habe eine Grenze, über die ich nicht drüber komme, und ich lebe damit, als die Vorstellung zu haben, ich muß nur noch mehr und noch mehr tun und dann wird die procrastination verschwinden.

Ich finde

Gratuliere zum Asthmaerfolg! Wow, so viel Verbesserung! Also, gerade beim Asthma, das ich auch habe, finde ich auch, dass für die Schritte, die man zur Behandlung unternimmt, nicht so wichtig ist, wie man zu dem Asthma gekommen ist. Aber wenn man dann an die Grenze des Machbaren stößt und es geht einem immer noch nicht gut, dann macht es finde ich schon einen Unterschied, ob man sich Vorwürfe macht oder nicht, und ob man sich vermehrte Anstrengungen abverlangt oder es auch mal gut sein läßt.

OK, mit seinen Schwächen Frieden zu schließen ist vielleicht auch unabhängig davon, wo man sie her hat, das muß man ja auch bei Sachen, an denen man nun wahrlich selber Schuld hat.

Trotzdem ist mir die Festlegung auf erlerntes Verhalten bei procrastination absolut nicht geheuer. Dafür ist sie mir, wie schon gesagt, viel zu nahe dran an vielen anderen sehr ähnlichen Phänomenen, wie zum Beispiel Depression.

Auch wenn das nicht den direkten praktischen Nutzen hat, um im Alltag mit der procrastination klarzukommen, ich denke halt gerne über solche Sachen nach.

Gruß, Tanja

PS: A propos erblich - Und natürlich beobachte ich auch meine Kinder, wenn eins jammernd dahängt und partout nicht kann, was es soll, viel genauer, als ich das vielleicht täte, wenn ich selber immer könnte, wie ich wollte.

leonardo
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[PM leonardo]

Posted at Thu Oct 19, 2006 10:07:37
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Hallo Tanja,
für mich haben Depressionen auch sehr viel mit erlerntem Fehlverhalten zu tun. Wäre es anders, wäre die Verhaltenstherapie bei Depressionen nicht so erfolgreich.
Depressionen haben sehr viele Facetten und sind nicht auf eine einzige Ursache zurückzuführen. Fraglos gibt es auch hier eine erbliche Komponente.
Die Verbindung zwischen Depressionen und Prokrastination sehe ich in den Punkten Perfektionismus, Überforderung und hohe Leistungsansprüche. Ob man so etwas erben kann?
Gruß
Leo
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Javabohne
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[PM Javabohne]

Posted at Sat Oct 21, 2006 14:54:36
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Hallo alle beisammen,

Nun, Tanja, ich schliesse eine erbliche Komponente beim Procrastinieren nicht aus! Im Gegenteil habe ich viel vom Fehlverhalten meines Vaters abgeguckt und leider in meiner Kindheit uebernommen. Schon allein zu erkennen, dass dieses Verhalten ein Fehlverhalten ist, dauerte bei mir Jahre. Viele Verhaltensmuster, die ich ueber die Jahrzehnte entwickelte, habe ich auf dem Pruefstein gelegt und versucht zu ueberarbeiten, abzustellen, neu zu entwickeln. Das war sicherlich nicht einfach.

Ich sehe noch eine andere Komponente. Die Seelische! Ich sehe den Zusammenhag von Procrastination (entsteht wohl durch verschiedene Ursachen und Einfluessen), Depressionen und Asthma! In der modernen Asthmatherapy wird sehr oft auch von psychischen Ursachen ausgegangen und eine Therapy angestrebt. Asthma geht nur zu oft einher mit Depressionen.

Depressionen sind wohl auch in erster Linie seelischen Ursprungs und wenn ich mir die Entstehungsursachen von Procrastination ansehe, passen in meinem Puzzle alle drei Dinge sehr gut zusammen.

Ich habe mir eine Strategie zunutze gemacht, in der ich jeden Tag mindestens 20 Minuten etwas lernen moechte. Meistens liege ich ueber mein eigenes Ziel, wenn ich mal einen Tag keine lust habe, zwinge ich mich auch nicht, sondern lasse es laufen. Seit ich hier in diesem Forum bin und eifrig nach Wegen suche, um diesem "Verschieben" und "Aufschieben" zu entkommen, mache ich sehr gute Fortschritte. Ich sehe die Procrastination nicht als Feind, sondern eher als Konkurrent, dem ich mit meiner Strategie zuvorkommen muss. Wie im gesellschaftlichen Leben auch. Bin ich nicht eher da, als der Konlurrent, hat er den Vorteil! Unter diesem Motto versuche ich meine Aufgaben zu lernen, Strategien zu entwickeln und immer schneller zu sein als der Konkurrent. Trotzdem habe ich festgestellt, wenn ich meine Ziele etwas zu hoch stecke, falle ich wieder auf den Bauch. Also versuche ich zu erkennen, wenn ein Brocken zu gross geraet und aendere meine Vorgehensweise. Kleine Schritte, grosse Wirkung --> viele kleine Schritte, Erfolg! --> zu grosse Schritte, Misserfolg!

Niemals setze ich mich unter Druck und vermeide es, dass Selbstverachtungen oder negative Gedanken ueber mein (Miss-)Handeln in mir aufsteigen und mir den Mut nehmen, sondern ich sehe den "Erfolg" als Ganzes.

Als Beispiel, wenn ich mal zwei oder drei Tage nichts getan habe (z. B. etwas, dass ich lesen muss), so zerfleische ich mich nicht mehr wie vorher, sondern sage mir "In den letzten drei Tagen hast du nichts gelesen, aber in den letzten drei Wochen hast du mehr gelesen, als in den letzten drei Jahren! Also mache weiter!! Du bist erfolgreich!!!"

Ich habe mich hier in Atlanta mal nach entsprechender Literatur umgesehen und war erstaunt, dass es zwar Buecher ueber das Thema Procrastination gibt, aber sie behandeln es, als sei es "a bad habit" als eine schlechte Angewohnheit. Also sind die Leitfaeden, die diese Buecher anbieten kaum zu gebrauchen und voellig am Thema vorbei geschrieben. Es wird wohl noch sehr lange dauern, bis man hier erkennt, was Procrastination wirklich mit dem Individuum anstellt.

In diesem Sinne weiterhin viel Glueck.

viele Gruesse,
Javabohne



TaniTe
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[PM TaniTe]

Posted at Thu Oct 26, 2006 23:02:41
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Hm, das mit dem erlernten Fehlverhalten und Depressionen, darüber mußte ich jetzt ziemlich nachdenken.
Ich entscheide mich da für ein entschiedenes Jein!
:-)

Also das Argument, das man mit VT (VT gegen Depressionen? Wer kommt denn auf sowas? Bizarr! Und das hilft?) gegen Depressionen antrainieren kann, lasse ich nicht gelten.
Wenn du Rechtshänder bist und ziehst dir an der rechten Hand eine Lähmung zu, dann ist das Umlernen auf die Linke sicher eine Sache des Lernens und des Herausbildens von Gewohnheiten, klar.
Aber das macht die Lähmung nicht zu einer Gewohnheit oder einem erlernten Verhalten.

So, jetzt noch eine Runde über Depressionen, dann komm ich wieder zur procrastination, versprochen.

Also, einen Zusammenhang zwischen Depressionen und erlerntem Verhalten sehe ich auch. Aber ich denke, man erlernt eher die Auslöser für Depressionen, zum Beispiel, seine Kräfte bis zum letzten auszubeuten, oder einen so großen Autonomieverlust zu erleben, dass er pathologisch wird.
Ich denke, wo eine Depression nichts mit Erschöpfung oder Tageslicht zu tun hat, hat sie oft sehr viel mit Autonomieverlust zu tun. Meine persönliche Meinung jetzt, die ich entwickelt habe, als ich den ganzen Käse von hormonell bedingter Depressionsanfälligkeit des weiblichen Geschlechts nicht mehr hören konnte.
Ja, klar, ausgerechnet die, die am wenigsten über sich selber bestimmen, werden pathologisch handlungsunfähig - na, MUSS ja von den Eierstöcken kommen. Sicher doch.

Aber ich wollte ja beim Thema procrastination bleiben. Ich sehe da einen Zusammenhang zur Depression zum einen, weil procrastination Kraft kostet, und zum anderen, weil es ein Autonomieverlust ist.
Als Frau und als Proccie hat man da einen doppelten Treffer :-) und braucht sich also nicht zu wundern.

Vielleicht ist es auch bei der procrastination gar nicht so leicht zu sagen, ob das Ei oder die Henne zuerst da war - also die Erfahrung des Autonomieverlusts oder die procrastination?? Vielleicht gibts da Parallelen?

Ihr seht, ich tue alles, um die Proc. von dieser Eltern-Kind-Schiene runterzukriegen :-)

Tatsache ist halt, dass es bei mir jetzt seit 15 Jahren, in denen ich so unheimlich viele Verhaltensweisen an mir selbst geändert habe, keine große Veränderung bei der procrastination gegeben hat, und zwar unabhängig davon, ob ich gerade Stress mit meinen Eltern habe oder nicht.

OK, vielleicht ist es ja alles eine frühkindliche Programmierung - aber wenn es so wäre, warum kann man dann so wenig dagegen tun?

Im Moment komme ich jedenfalls besser klar mit der Vorstellung, dass irgendwo in meinem Kopf ein Stück Schaltung schlichtweg fehlt, das ich halt immer manuell überbrücken muß, sozusagen.
Ich bin drauf gekommen, weil ich gesichtsblind bin, was eine echte angeborene Lücke im Kopf ist, und es halt sehr nachdrücklich gesagt wird, wer gesichtsblind ist, hat meistens mehr als nur dieses neurologische Überraschungsei, da ist meistens mindestens noch eins.
Naja, und da bietet sich die proc irgendwie an. Denn, was hab ich sonst noch für Fehler? Fehler, wer, ICH? :-

Das ändert an den eigentlichen Alltagsstrategien nicht so viel, natürlich muß ich an der Proc arbeiten, egal, welchen Ursprungs sie ist, auf einem Defizit ausruhen kann ich mich nicht
Ich fühle mich nur besser damit, wenn ich sage, ich kämpfe nicht gegen die proc, sondern lasse sie, wo sie ist, und versuche drumrumzunavigieren.

Den Zusammenhang zwischen Asthma und Depressionen hab ich so noch nie gesehen, das ist sehr neu für mich. Nur weil beide mit seelischen und emotionalen Belastungen zu tun haben? Ich meine, welche Krankheit hat das nicht? Wo siehst du die Parallelen, Javabohne?

Asthma ist ein Freund. Depressionen sind keine Freunde.
Mein Asthma sagt mir klipp und klar: Bis hier und keinen Schritt weiter. Und zwar bevor ich mich völlig ausgepowert habe. Die Botschaft wird zwar etwas rüde rübergebracht (braucht man Freunde, die einen fragen, ob man sein Testament schon gemacht hat? :-) ), aber sie kommt rechtzeitig.
Während die Depression dir nur sagt, dass du jetzt über irgendeine Grenze drüber bist, über die du mal besser nicht gegangen wärst, und zwar sagt sie dir das erst hinterher. Und dann läßt sie dich schön lange leiden. Was für eine Ratte.

Hm, also ich sehe da schon Unterschiede.

@Javabohne: Gratuliere zur Lernstrategie. Klingt sehr aufmunternd. Versuche schon eine Weile etwas Ähnliches, schaffe es nur nicht, eine Regelmäßigkeit hineinzubringen, und dann stellt sich der Effekt, dass es mit der Zeit leichter wird, nicht ein.

Versuche parallel dazu, meine Ansprüche runterzuschrauben, aber damit tue ich mich auch nicht leicht.
Habe das Gefühl, sowieso schon ziemlich gleichgültig zu sein, und meine Ansprüche seit Jahren nur noch runterzufahren. Aber vielleicht täuscht das, und ich bin nur den Konsequnzen des Aufschiebens gegenüber gleichgültig geworden.

Bn immerhin gut darin, die Erwartungen anderer Leute an mir abprallen zu lassen, aber das konnte ich schon immer.

OK, soviel erstmal.
Gruß, Tanja

TaniTe
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[PM TaniTe]

Posted at Thu Oct 26, 2006 23:05:30
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A propos Verhaltenstherapie, kennt ihr den?

Was sagt der Verhaltenstherapeut, wenn man ihn nach dem Weg zum Bahnhof fragt?

"Sie möchten zum Bahnhof? Setzen Sie einen Fuß vor den anderen. Noch einmal. Sehr gut, hier haben Sie ein Bonbon."



amy
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[PM amy]

Posted at Thu Oct 26, 2006 23:59:20
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@TaniTe
Ein Bonbon nur ? - Ich bräuchte eine ganze Tüte!

Amy
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Javabohne
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[PM Javabohne]

Posted at Sat Nov 04, 2006 13:18:10
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Hallo allerseits,

Tanja: Vielen Dank fuer die Gratulationen, aber leider ist es mit dem "Erfolg" so eine Sache. Ich habe auch wieder ein Tief, in dem seit Tagen schon so gut wie kaum noch etwas laeuft. Aber damit muessen wir uns abfinden. Andererseits tue ich sehr viel, damit diese Tiefs so kurz wie moeglich sind.

Zitat Tanja: "Den Zusammenhang zwischen Asthma und Depressionen hab ich so noch nie gesehen, das ist sehr neu für mich. Nur weil beide mit seelischen und emotionalen Belastungen zu tun haben? Ich meine, welche Krankheit hat das nicht? Wo siehst du die Parallelen, Javabohne?"

Nun, Tanja, die Parallelen sind im Allgemeinen bekannt und wissenschaftlich absolut annerkannt und bewiesen, dass Asthma und Depressionen ein enges Paar bilden. So bildet die Mehrheit der Asthmatiker, wie man heute weiss, die Gruppe der Psychosomatiker, ein Asthma, dass aufgrund von psychischen Ursachen ausgeloest wird. Sehr oft sind die Ausloeser (wieder einmal aber bewiesen) negative Kindheitserlebnisse, z. B. Missbrauch oder Misshandlung, Eltern Alkoholiker, Selbstmord der Eltern, usw. Das kann of eine (Kinder-)Psyche nicht verarbeiten und ein Asthma entsteht. Asthma geht fast immer mit Depressionen einher. Wenn man einen Asthmaanfall hat und dem Tod wirklich nahe wuenscht man sich oft, dass alles vorbei waere, Todeswuensche treten auf, ausgeloest von starken Depressionen.

Viele Asthmatiker brauchen eine Behandlung nicht nur vom Lungenfacharzt, sondern auch vom Psychologen. Ich habe selbst Erfahrungen damit!

Und sorry, dass ich vehement wiederspeche, aber ich sehe Asthma nicht im geringsten als ein Freund. Aber sicherlich hast du es auch so nicht gemeint, ist schon klar!

@Leonardo! Ich gebe dir voellig recht, dass Depressionen auch mit dem erlernten Fehlverhalten zu tun haben. Ebenso sehe ich wie du, dass Depressionen und Procrastination in Puncto Perfektionismus, Ueberforderung und zu hoehe Leistungsansprueche (was die Ueberfordrung letztendlich ausmacht) zu tun hat.

Aus den von dir genannten drei Punkten, bzw. dem Misserfolg dieser drei Punkte ziehen Depressionen ihre Kraft! Selbstzweifel, Selbsthass aus dem Fehlverhalten und Misserfolg, vielleicht auch die Beschaemtheit und Peinlichkeit, die ueber einem kommt, wenn man wieder einmal versagt hat, ist ein Naehrboden fuer Depressionen.

Du fragst, ob man Perfektionismus.... erben kann. Ja, man kann es. Doch dann sieht man, dass man doch nicht so gut ist, wie zum Beispiel der (Ueber-)Vater oder das Vorbild, dem man nacheifert oder nacheifern muss und faellt zunaechst nur in ein Tief, aus dem sich aber recht schnell die ersten Depressionen entwickeln und nach einiger Zeit bekommt man sie nicht wieder los. Das teufliche dabei ist, dass man durch Misserfolge in Depressionen gestuerzt wird, diese Depressionen aber wiederum der Ausloeser fuer Misserfolge sein koennen und oft sind. Wie kommt man da wieder heraus?

Ich sehe es oft an mir selbst, wenn ich mich nach Misserfolgen (gleich welcher Art) in eine Ecke oder ins Bett verkrieche. Ich weiss ganz genau, dass ich eigentich mit voller Kraft aus dieser Situation herausspringen muss. Raus aus dem Bett und gegen die Depression und dem Misserfolg ankaempfen, aber es geht nicht. Ich liege wie ein Stein im Bett, schwer, nichts kann mich aufmuntern. Und doch weiss ich, dass ich gerade jetzt etwas tun muss. Aber in dieser Depression im Bett liegend fuehle ich mich auch noch wohl, was die Situation doppelt schwer macht.

Viele Gruesse,
Dieter



leonardo
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[PM leonardo]

Posted at Mon Nov 06, 2006 09:13:15
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Hallo Dieter,
bist du sicher, dass zuerst das Asthma da ist und dann die Depression entsteht? Könnten sich auch beide Krankheiten parallel entwickeln oder die Reihenfolge gar umgekehrt sein?
Der Hintergrund für meine Frage: Ich beschäftige mich derzeit sehr stark mit den körperlichen Auswirkungen der Depression. Depressive haben meist einen hohen Spiegel des Stresshormons Cortisol, was wiederum den Blutzuckerspiegel erhöht und somit wiederum den Insulinspiegel erhöht. Ein hoher Insulinspiegel ist aber die Ursache für sehr viele tw. sehr schwerwiegende Krankheiten, wie z.B. Diabetes Typ II oder Herzkrankheiten. Insulin fördert die Bildung entzündungsfördernder Hormone und könnte somit auch Asthma verursachen bzw. verschlechtern.
Was denkst du dazu?
Die Auslöser, die du für Asthma schilderst tauchen so 1:1 auch bei den Ursachen für Depressionen auf!
Gruß
Leo
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Javabohne
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[PM Javabohne]

Posted at Tue Nov 07, 2006 06:05:24
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Hallo Leo,

du hast in deiner Vermutung voellig recht! Ein Asthma laeuft grundsaetzlich parallel mit Depressionen und sie beeinflussen sich immer wechselwirksam. Hat man Atemnot, drohen Depressionen. Hat man Depressionen drohen Asthmaatacken! Ein Teufelskreislauf aus dem der Patient nur herauskommt, in dem er strategisch dagegen angeht. Reines positives Denken oder klinisch erprobt und bewiesen, Autogenes Training oder aehnliche Uebungen koennen die schweren Anfaelle des Asthmapatienten "lindern", die Depressionen ertraeglicher machen und auch das Auftreten von Depressionen deutlich verringern.

Ok, da gibt es noch eine andere sehr umstrittene Therapie, die eigentlich nicht in dieses Forum gehoert. Dennoch ganz kurz. Manche Psychologen sehen die Depressionen im Zusammenhang mit schweren negativen Erfahrungen aus einem frueheren Leben und bieten die sogenannte "Rueckfuehrungshypnose" an!

Dein geschildertes 1:1 Verhaeltnis Asthma zu Depressionen verlaufen deshalb in dieser Relation, weil beide in die Gruppe der psychosomatischen Erkrankungen gehoeren. Fuer Kritiker! Nicht jedes Asthma und nicht jede Depression gehoeren in diese Rubrik, aber sehr viele. So zum Beispiel das Stressasthma!

Naja, ich hoffe, ich konnte etwas helfen.

Viele Gruesse,
Dieter



leonardo
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PM ID: 11
[PM leonardo]

Posted at Wed Nov 08, 2006 12:59:06
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Lieber Dieter,
vielen Dank für deine ausführliche Antwort!
Ein paar Anmerkungen dazu:
Positives Denken kann bei Depressionen böse nach hinten los gehen. Ein Beispiel dazu: Wenn ich denke, mir geht es doch eigentlich gut, ich hab noch meinen Job, mein Dach über dem Kopf usw. Vielen Anderen geht es doch viel schlechter. Ich habe also gar keinen Grund für meine Depris... Nach solchen Gedanken wird es mir sicherlich nicht besser gehen. Ich habe im Gegenteil eher noch ein paar Schuldgefühle dazu bekommen, weil ich mir nun auch noch mein Recht abspreche, mich schlecht zu fühlen.

Tiefenpsychologen versuchen ja auch, heutige Probleme mit Ereignissen aus der Kindheit zu erklären und diese daher wieder bewusst zu machen. Warum also keine Rückführungshypnose?

Lieber Gruß
Leo
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