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Neues Thema - Antworten

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yasmin
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PM ID: 1819
PM [yasmin]

Last replied to on Thu May 22, 2008 19:31:33
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Hallo an alle,

gerade habe ich beim sinnlosen Herumsurfen eure Seite gefunden und nach dem Lesen vieler Beiträge beinah vor Erleichterung geweint. Es gibt also einen Namen dafür! Dafür, dass ich seit einem Jahr immer weniger tue, immer mehr ziellos im Internet surfe und immer unkonzentrierter, desorientierter und ratloser werde... Also, mein Abi habe ich gut geschafft, meinen Studienabschluss mit Supernote, und seitdem... NICHTS!!! Das ist jetzt zwei Jahre her. Seitdem schlage ich mich als freiberufliche Autorin durch und lebe echt von der Hand in den Mund. Wenn ich nicht ALLEM so ausweichen würde, würde ich vielleicht auch meine Dissertation hinkriegen, statt dessen tauche ich höchstens zwei Mal im Jahr ohne Neuigkeiten und ziemlich beschämt bei meinem Prof auf, und was mache ich in der Zwischenzeit? Richtig... sinn- und ziellos im Internet, ihr wisst schon...
Dass ich - vermutlich weil ich unter extremem Leistungsdruck von elterlicher Seite aufgewachsen bin und selbst Notendurchschnitte von 1,3 nicht gut genug waren - schlicht unter unirdischen Versagensängsten leide, wusste ich ja schon länger. Aber dass ich nicht die einzige Prokrastinatorin auf diesem Planeten bin, erleichtert mich total, und ich hoffe hier auf viel Inspiration von anderen Betroffenen.

Das Zitat stammt übrigens von Henry David Thoreau, den ich sehr bewundere, weil er einfach das, was er sich in den Kopf gesetzt hat, GEMACHT hat - egal wie verrückt es klang... ich arbeite noch daran, die Sätze wirklich ernst zu nehmen, und umzusetzen!

Liebe Grüße und sonnige Tage,
Yasmin
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If you have built castles in the air, your work need not be lost; this is where they should be. Now put the foundations under them.

leonardo
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PM ID: 11
[PM leonardo]

Posted at Wed May 14, 2008 14:35:02
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Hallo Yasmin,
schön dass du zu uns gefunden hast! Diese Erleichterung haben die meisten so empfunden. Ging mir auch so beim Thema Depressionen. Betroffene verstehen andere Betroffene schon nach wenigen Worten, während Nichtbetroffene auch nach einem ganzen Roman manchmal nur hilflos mit den Schultern zucken.

Perfektionismus, hohe Leistungsansprüche und als Kehrseite der Medaille dann Versagensängste. Das kennen viele hier!

Schau dich hier in Ruhe um (Zeit hast du ja genug als Procrastinatorin) und berichte mal, welche Anregungen dich weiter bringen.

Liebe Grüße
Leo
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Fallen ist keine Schande, liegen bleiben schon!

yasmin
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PM ID: 1819
[PM yasmin]

Posted at Wed May 14, 2008 17:42:19
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Danke, Leo, für die nette Begrüßung! Ich habe schon eine Menge Anregungen gefunden, allerdings eher zum Denken als zur tatkräftigen Überwindung des Aufschiebens... soweit bin ich glaube ich noch nicht. Aber allein die Tatsache, dass sich hier so viele ziemlich klug darüber äußern und auch ihre Geschichten erzählen, hilft mir sehr. Ich finde es übrigens erschreckend (aber nach wie vor auch ermutigend), in wie vielen der geschilderten Verhaltensweisen und Lebenssituationen ich mich wieder erkenne.

Perfektionistin bin ich zwar nicht, aber ich habe neben meiner Versagensangst auch eine betonharte Trotzhaltung entwickelt. "ICH TU'S NICHT ICH TU'S NICHT ICH TU'S NICHT - vor allem nicht, wenn es von mir erwartet wird!": Das beschreibt meine innere Abwehrhaltung ganz gut. Vielleicht liegt es daran, dass ich es mir jetzt, wo ich erwachsen bin und nicht mehr direkt unter dem Druck von Eltern und Lehrern stehe, leisten kann, allen den Stinkefinger zu zeigen? Und weil ich so eine angepasste, nette Person bin, laufe ich eben nicht Amok oder opfere Tiere, sondern sitze den ganzen Tag in einem Akt der brutalstmöglichen Totalverweigerung vorm Rechner - und surfe, ohne auch nur daran Spaß zu haben... muss ja immer an das (wieder) nicht Erledigte denken!!!

Um ehrlich zu sein, bis heute hatte ich zwar eine dunkle Ahnung, habe mir aber nicht eingestanden, dass ich ein massives Problem habe. Quasi ein Suchtproblem. Dass es nicht nur ungünstig und ein bisschen merkwürdig ist, beim Gedanken an einen einzigen auskunfterbittenden Telefonanruf bei einer Behörde Symptome wie Übelkeit zu bekommen - der Gedanke ist mir so noch nicht gekommen. Bis jetzt habe ich es meinen "Fluchtinstinkt" genannt und für einigermaßen normal gehalten. Aber es ist nicht normal und vor nicht gesund!!

Leider ist es inzwischen so schlimm, dass die üblichen Techniken ("nimm dir nur eine einzige kleine Sache pro Tag vor, damit sicher ist, dass du es auch schaffst" usw.) gar nicht mehr greifen. Vielleicht habe ich bis jetzt in meiner Verkennung der Lage aber auch immer versucht, den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen? Vielleicht müsste ich erst das Problem in seiner ganzen Tragweite akzeptieren und mich darauf einlassen, bevor ich vorankommen kann? Oder bin ich einer Depression schon näher als ich wahrhaben will? Ich war vor ca. 10 Jahren schon einmal sehr schwer depressiv und erkenne momentan die entsprechenden Symptome, die mir ja vertraut sind, nicht an mir. Ich kann mich z. B. noch über Einiges freuen, ehrlich lachen und begegne Vielem, das mich inspiriert (ja, mein Hirn funktioniert gut, aber es kommt fast nie zum Handeln!). Was meinst du? Was meint ihr? Ich freue mich auf Antworten!

Viele liebe Grüße
Yasmin
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leonardo
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PM ID: 11
[PM leonardo]

Posted at Thu May 15, 2008 10:01:27
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Hallo yasmin,
wenn du Depressionen bereits kennengelernt hast, dann wirst du sie auch wiedererkennen. Für mich ist das hartnäckige Procrastinieren aber ein sehr großes Rückfallrisiko für meine Depris.

Du schreibst, dass du Abi und Studium mit sher guten Noten geschafft hast. Hast du damals noch nicht aufgeschoben? Was ist dazwischen passiert? Kann es sein, dass du Angst davor hast, dass mit Fertigstellung der Disseration ein völlig neuer (ungewisser) Zeitabschnitt anfängt? Angst vor Veränderung?

Bezieht sich dein Aufschieben nur auf berufliche Dinge oder gilt das auch für dein Privatleben? Gibt es Dinge, die du nicht aufschiebst?

Das mit dem ziellosen Herumsurfen im Internet kenn ich sehr gut und ich hasse es! Das ist so blöd! Nach einer gewissen Zeit im Netz fühle ich mich wie in Trance und komme da einfach nicht mehr raus. Dabei bin ich dann oft auch noch total unkonzentriert und kann gar nichts mehr vernünftig lesen und verstehen. Diese Internettrance war auch schon öfter Thema in meiner Therapie. Hat auch was von einer Sucht! Sehr, sehr unbefriedigend!

Und auch das mit dem Telefonat kann ich sehr gut nachvollziehen!

Um mal etwas näher an die Gründe für deine Procrastination ran zu kommen, würde ich dir empfehlen, mal in speziellen Situationen auf dein inneres Selbstgespräch zu hören. Wenn du jetzt mal konkret daran denkst, heute ein Kapitel deiner Diss zu schreiben, was sagt dann der kleine Mann im Ohr zu dir?

Ich bin übrigens auch eher ein Denker als ein Macher. Lese sehr viel, aber wenn es dann daran geht, das gelesene in die Praxis umzusetzen, dann flüchte ich mich oft ins nächste Buch, in der Hoffnung, dort den ultimativen Kick zu entdecken.

Trotzhaltung spielt bei mir sicher auch eine Rolle. Jemand sagte kürzlich mal, dass ein Chef ja so etwas wäre wie ein Stellvertreter für die Eltern. Dieser Satz machte mich spontan ziemlich betroffen.

Ich glaube, die "üblichen Techniken" müssen bei uns versagen, weil sie den emotionalen Rucksack nicht berücksichtigen, den jede Aufgabe für uns mit sich bringt. Wenn ich denke, dass mein Wert als Mensch davon abhängt, wie perfekt ich meine Aufgaben meistere, dann wird es mir nicht viel nützen, diese Aufgabe in kleine Teile zu unterteilen.

Habe das hier schon mal thematisiert:
http://www.bychan.de/procrastination/board/index.php?forumID=2&ID=1295

Liebe Grüße
Leo
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bunterhund
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PM ID: 1181
[PM bunterhund]

Posted at Sat May 17, 2008 13:42:22
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Hallo liebe Yasmin,

hört sich beinahe an, als wärst du konditioniert, das Gefühl zu haben, die Dinge für andere zu tun und nicht für dich.
Früher musstest du für deine Eltern gute Noten haben und heute hast du vielleicht immernoch das Gefühl, du würdest ihre Wünsche weiter erfüllen, wenn du z.B. deine Diss. schreibst?

Weiß nicht, ob du vielleicht Ähnlichkeiten siehst:

Ich kennen auch das Gefühl von "Ich will nicht, ich mach es nicht!" weil ich selbst die Kontrolle über Dinge haben will und selber bestimmen will, was wann wie geschieht. NIEMAND soll mir sagen, wann ich was zu tun habe!
Dabei erkenne ich oft, wie sehr es dann noch das rebellische Kind in mir ist, was dann spricht und was lange Jahre gewartet hat, bis es mal seine Wünsche äussern konnte.

Aber: Sind diese Wünsche jetzt noch realistisch? Kann man aufgeschobene Selbstbestimmung nachholen?

Nur so als Anregung, kam mir so in den Sinn...

LG, bunterhund
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Der frühe Vogel kann mich mal!

Ziltoid
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PM ID: 608
[PM Ziltoid]

Posted at Thu May 22, 2008 19:31:33
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Quote:

beim Gedanken an einen einzigen auskunfterbittenden Telefonanruf bei einer Behörde Symptome wie Übelkeit zu bekommen


Ja, das kenne ich aus meinen schlechten Phasen auch... Erstmal herzlich willkommen im Forum und viel Erfolg beim gesund werden... zu wissen dass man seine Probleme nicht als einziger hat ist wirklich viel wert.

LG
Ziltoid

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