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Prokrastination Home | ||
| leonardo Rank:member Group: members Beiträge: 509 IP Logged PM ID: 11 PM [leonardo] | Last replied to on Fri Feb 08, 2008 22:43:17 Edit Post|Quote Liebe Mitstreiter, dies ist eigentlich ein Beitrag von mir für ein Depri-Forum, aber ich denke, es passt auch hier hin: Immer wieder werde ich mit Menschen -auch mit depressiven- konfrontiert, die der Meinung sind, man solle die Vergangenheit lieber ruhen lassen und sich auf die heutigen Probleme, die heutigen Verhaltensweisen konzentrieren. Jemand mag zwar eine schlechte Kindheit gehabt haben, aber das wäre jetzt auch nicht mehr zu ändern und die Eltern hätten es doch nur gut gemeint und damals sicher einfach nicht besser gewusst. Das sind so in etwa die Argumente dieser Menschen. Meine Meinung: Man muss aus der Geschichte lernen, sonst wiederholt sich die Geschichte. Das gilt für Völker ebenso wie für einzelne Individuen. Eine miese Kindheit darf natürlich nicht als Entschuldigung für alles mögliche hinhalten, ist insbesondere kein Hindernissgrund, heute etwas an seinen Problemen zu ändern. Mein Therapeut sagte einmal zu mir: Jede Verhaltensweise, die heute ein Problem darstellt, hatte zu der Zeit, als sie entstanden ist, einen Sinn! Das ist zu einem meiner Lieblingssätze geworden, wie ihr wisst. Und um den ursprünglichen Sinn meiner problematischen Verhaltensweisen zu verstehen, muss ich mich nun mal in meine Kindheit begeben, zu dem frühesten Auftreten dieser Verhaltensweise und dort den ursprünglichen Sinn entdecken. Dann entdecke ich dieses Muster plötzlich in der Gegenwart an ganz anderen Stellen wieder. Um einem Missverständnis vorzubeugen: Ich bin nicht der Meinung, dass man ein Problem dadurch überwinden kann, dass man rein intellektuell versteht, woher es kommt. Aber ich denke, das ist ein ganz wichtiger Schritt dahin, ein Schritt, der mich wieder näher an meine Eotionen bringt. Und wie wichtig Emotionen sind, könnt ihr ja dann im entsprechenden anderen Thread nachlesen. So, jetzt bin ich auf eure Kommentare gespannt! Liebe Grüße Leo ----------------------------- Fallen ist keine Schande, liegen bleiben schon! | |
| Elle Rank:member Group: members Posts: 207 IP Logged | Posted at Fri Feb 08, 2008 15:18:46 Edit post|Quote
Lieber Leo, ich schließe mich dieser Meinung vorbehaltlos an, es gibt keine Veränderung ohne Verständnis der Ursachen der Verletzungen, Fehler und Irrtümer in der Kindheit. Wie bei allem im Leben kommt es aber auch hier auf das wie an und auf den rechten Ort zur rechten Zeit. - das Verstehen der Vegangenheit kann ein ganzes Leben lang dauern und man kann drin "stecken bleiben", z.B. Woody Allen macht sein Leben lang eine Analyse und schafft es trotzdem nicht sich zu ändern oder gar glücklich zu werden. Emanzipier Dich von Deinem Analytiker, Woody, und werde endlich Dein eigener! - das Verstehen der eigenen Verhaltensgründe aus der Kindheit darf nicht verwechselt werden mit dem Verweigern der Verantwortung für das jetzige Verhalten, natürlich waren die Eltern Schuld, weil sie selber "mißhandelt" wurden oder zu dumm waren. Aus buddhistischer Sicht ist das Grund allen Leidens das Prinzip Ursache und Wirkung immer wieder derselben Fehler und Dummheiten über Generationen. (Vergl. auch die Bibel "die Sünden eurer Väter werden sich fortsetzen bis ins fünfte Glied", will heißen, es braucht 5 Generationen um solche Teufelskreise zu durchbrechen, wenn es jemand nicht versucht, das in seinem Leben bewusst zu schaffen.) Es geht also darum,das Leiden zu beenden mit Vorsätzen, Übungen, Erkenntnissen und Handeln im Hier und Jetzt jeden Tag neu. - Verdrängte Emotionen sind gewaltige Energieblockaden, ein Leben lang. Das Eintauchen in die Vergangenheit kann aber so erschreckend und verstörend sein, dass die Portionen wohl überlegt sein müssen, evtl. nicht ohne therapeutische Hilfe. Auf jeden Fall müssen alle kindlichen Emotionen, die einen im jetzigen Leben blockieren, unbedingt an die Oberfläche, damit sie aus heutiger Sicht richtig verarbeitet werden und sich dann auflösen können. Da gibt es viele Methoden, im Gespräch, gestalterisch, bildnerisch, musikalisch, meditativ, EFT, einzeln, in Gruppen etc pp. Erst dann wird man ein wirklich freier Mensch sein und selbst bestimmt und ganz bewusst handeln können. Die "Vergangenheit ruhen lassen" bedeutet "Deckel drauf lassen und ja nicht dran rühren", d.h. verdrängen. Das macht das Individum krank und eine Gesellschaft starr. Schönes Wochenende! Elle | |
| LADinGAZ Rank:member Group: members Posts: 17 IP Logged PM ID: 1179 [PM LADinGAZ] | Posted at Fri Feb 08, 2008 22:43:17 Edit post|Quote hallo leo und elle, ihr habt eigentlich alles gesagt. Ich sehe das ganz genau so. In der Traumatherapie heisst es, eine traumatische Erinnerung wird nicht richtig gespeichert, sondern fragmentiert eingefroren, in aller Wucht, Intensität, mit allen Qualitäten. Irgendwo, hoch explosiv, jederzeit aktivierbar. Ziel ist es, alle Erinnerungen, Erfahrungen, auch die belastenden, zu integrieren, zu einem logischen Ganzen zu fügen. Ich denke, schmerzliche Erinnerungen der Kindheit gehören genau so zu einem Menschen, wie all die schönen und die Zeit dazwischen. Ein Zusammenspiel vieler Bausteine. Um man selbst zu sein, kann man auf keinen verzichten. (Mehr dazu steht ja auch im Emotionen-Thread). Also; nicht verdrängen, verdammen, in der Vergangenheit verlieren, sondern alles integrieren und mit voll gepacktem Koffer unterschiedlichster Erfahrungen weiterreisen. so ist man besser davor geschützt, dass es einem nicht wieder passiert. Natürlich nur, wenn man sich einmal bewusst mit seinem Gepäck beschäftigt. Auseinandersetzung - ja. Vielleicht nachträglich trauern, fluchen, ärgern - ja. Verantwortung abgeben? nein. Nicht im Hier und Jetzt. Mitnehmen. Wer weiss, wozu es gut war. Aber man sollte - da geb' ich leo Recht - sich auch immer bewusst machen, dass die alten Muster heute eventuell nicht mehr angemessen oder notwendig sind. Trotzdem ist jede Erfahrung ein Stück des 'Schatzes'. und jetzt geht's weiter im Arbeitszimmer ;-) Liebe Grüße, LAD ----------------------------- Ich versuche nicht, die Arbeit in kleine Häppchen aufzuteilen, sondern meine Dämonen und Schweinehunde an die Kette zu nehmen! | |
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