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Forum Startseite>>Procrastination>>Aus welchen sozialen Schichten stammen eure Eltern?

Neues Thema - Antworten

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senseseaker28
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[PM senseseaker28]

Posted at Thu Jan 17, 2008 15:41:40
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Hi Leo,

das mit dem Glaubenssatz kann durchaus sein.
Hierzu eine kleine Geschichte:

Oft bin ich mit einem merkwürdigen Gefühl nach Hause gefahren, konnte es aber nicht zuordnen.
Meine Familie ist etwa 3,5 Stunden weg von meinem Studienort, und immer habe ich zu Hause ein Gefühl von Schahm verspürt, dass ich nicht dazugehören könnte.
Klingt zunächst merkwürdig, aber mein Umfeld entsprach und entspricht so gar nicht dem meiner Familie.
Vater zugewandert und dann als Bauarbeiter angefangen, der erste Sohn in seine Fußstapfen getreten, mutter sehr ehrgeizig aber arbeitete als Köchin in einer Klinik für psychisch kranke.
Mein zweiter Bruder viele Versuche unternommen als Koch, Heizungsinstallateur, und nun ist er bei VW am Fließband hängen geblieben, seit Ewigkeiten.

Mein ältester Bruder, also der jetzt in Baubranche macht, hätte die Chance zum Fremdsprachenkorrespondenten gehabt, aber er hat dann irgendwann den Anschluss verloren, war aber ein guter Tipper, und auch jetzt kann er sich recht gut in englisch ausdrücken.
Und ich komme mir bei all den Leuten so hypersensibel, richtig weit oben vor, und vielleicht darf das einfach nicht sein.
Man hat mir immer gesagt "du solltest studieren, auch wegen der Behinderung, denn das öffnet dir am Ende mehr Wege als Ausbildungen etc."
Aber ich fühlte mich zwischen all den Gesprächen über Baustelle xy, die Aufteilung von Material und abwägen der Folgekosten, Ausmessen von weiss nicht was einfach fehl am Platze.

Die einzige, mit der ich darüber gesprochen habe war meine Schwägerin, aber sie wusste darauf auch nicht recht etwas zu erwiedern.
Mittlerweile versuche ich das anders zu sehen, und der Zugang zu meiner Familie ist etwas besser, obwohl dann eher zu meinem Bruder und seinen Kindern, mein Vater bleibt mir immernoch ein Rätsel.

Liebe Grüße,
Senseseaker

Ziltoid
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PM ID: 608
[PM Ziltoid]

Posted at Fri Jan 18, 2008 00:51:36
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Ich werde bald der erste in meiner Familie sein, der einen akademischen Grad hat. Meine Mutter ist Heimerzieherin und meine Verwandten arbeiten ebenfalls in Ausbildungsberufen wie Maschinenschlosser, Koch, Bergmann, Krankenschwester und so. Ich verstehe mich mit allen sehr gut, aber das Gefühl, auf Familienfeiern nicht recht reinzupassen, kenne ich als einziger Akademiker (und einziger Schwuler) in der Familie auch.

Der einzige außer mir, der studiert hat, ist mein Vater. Graduiert ist er nicht, da er Lehramt studiert und im Referendariat abgebrochen hat. Danach hat er eine Doktorarbeit angemeldet (ging in seinem Fachbereich ohne Abschluss) und diese ebenfalls abgebrochen, und nach zahlreichen weiteren vertanen Chancen ist er nun seit über zehn Jahren arbeitslos. Das Gefühl, ihn nicht übertrumpfen zu dürfen, und mehr noch die Angst, es nicht zu können, hat in meinem Leben immer eine wichtige Rolle gespielt. Aber ich glaube, ich bin ganz gut darüber weg inzwischen.

Seltsam, wie ähnlich unsere Geschichten in diesem Punkt sind.

Blockflöte
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[PM Blockflöte]

Posted at Fri Jan 18, 2008 16:06:42
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Ein möglicher Grund für eine Erfolgsblockade könnte darin liegen, dass jemand einen Glaubenssatz verinnerlicht hat, dass er nicht erfolgreicher als seine Eltern sein darf.


Ja, könnte in gewisser Weise bei mir auch hinhauen. Meine Mutter sagte mal, sie wäre gerne Lehrerin geworden, konnte aber aufgrund der finanziellen Verhältnisse damals nicht das Abitur machen und studieren.

Ich habe zwar das Abi, bin aber dann mehr oder weniger durch Zufall (oder auch nicht) tatsächlich genau im gleichen Ausbildungsberuf gelandet wie meine Mutter, obwohl ich erst andere Vorstellungen hatte. Da meine Mutter Alleinverdienerin war, dachte ich u.a., dass ich besser gleich Geld verdiene, statt zu studieren. Da spielt wohl im Unterbewusstsein ein schlechtes Gewissen eine Rolle, nach dem Motto "Mama hat zurückgesteckt und nicht studiert, also ich auch nicht". Obwohl das bewusst wirklich nicht so gelaufen ist, sie hat immer betont, dass sie uns alles ermöglichen möchte, was wir vorhaben. Der andere Punkt bei mir war, dass ich mir ein Studium absolut nicht zugetraut habe, das habe ich ja woanders schon geschrieben. Vielleicht, und wirklich nur vielleicht, wäre es ja anders gelaufen mit den entsprechenden "Vorbildern".

Gruß, Blockflöte

leonardo
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[PM leonardo]

Posted at Mon Jan 21, 2008 09:03:33
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Und wieder eine interessante Parallele:
Meine Mutter wollte eigentlich auch Lehrerin werden, hätte zum Studium aber in eine größere Stadt gehen müssen und die wurden gerade bombardiert. Es war nämlich gerade Weltkrieg...

So weit ihre Geschichte. Weiß nicht, ob ich das so 100%ig glauben soll, oder ob es vielleicht nur eine bequeme Ausrede war und sie nicht vielleicht doch so einige Zweifel an ihrer Qualifikation hatte. Dann hätte sie ja vielleicht auch so ihre Ansätze von Procrastination.

Meine Mutter hat immer gesagt, unsere Kinder sollen es mal besser haben und wenn sie das Zeug dazu haben, sollen sie auch die Möglichkeit haben, zu studieren. Glücklicherweise war es ihr dabei ziemlich egal, welches Fach ich studiert habe. Fühle mich aber trotzdem irgendwie, als ob ich stellvertretend für meine Mutter studiert habe.

Mein Vater war auch in seinen Ausbildungschancen durch den Krieg gehandicapt, so jedenfalls seine Geschichte (s.o.). Ich glaube, mein Vater war eher neidig auf meine Bildungschancen. Außerdem war er jemand, der körperliche Arbeit viel höher bewertet hat, als geistige Arbeit. Das ist natürlich nie offen rüber gekommen, sondern schwelte eher so unbewusst im Hintergrund.

Ich habe also 2 sehr widersprüchliche Botschaften als Kind verinnerlicht.

Gruß
Leo
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Fallen ist keine Schande, liegen bleiben schon!

sabine
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[PM sabine]

Posted at Mon Jan 21, 2008 14:54:03
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Quote:
Ich werde bald der erste in meiner Familie sein, der einen akademischen Grad hat. Meine Mutter ist Heimerzieherin und meine Verwandten arbeiten ebenfalls in Ausbildungsberufen wie Maschinenschlosser, Koch, Bergmann, Krankenschwester und so. Ich verstehe mich mit allen sehr gut, aber das Gefühl, auf Familienfeiern nicht recht reinzupassen, kenne ich als einziger Akademiker (und einziger Schwuler) in der Familie auch.


So gehts mir auch. Kam mir immer komisch vor mit meinem Studium (was naturwissenschaftliches), zwischen all den handfesten Berufen (Autoschlosser, Sekretärinnen, Tischler) und wenn mich jemand aus der Verwandschaft nach meinem Studium gefragt hat, dann nur im Sinne von "Wie lange studierste denn noch ?". Mein Papa hat allerdings studiert. Elektrotechnik ist aber auch eher handfest, finde ich. Er hat bis zur Wende (ich bin Ossi : ) ) auch in seinem Beruf gearbeitet , war aber dann lange arbeitslos/in ABM/nach kurzer Anstellung gekündigt. Und er schiebt auf, oh ja. Sein Spezialität ist: Im Haushalt etwas anfangen zu reparieren, sich dann mittendrin ablenken lassen (vom Computer) und alles längere Zeit im Chaos liegen lassen, bis jemand sich beschwert. Größere Sachen (Steuer, Termine) beaufsichtigt meine Mama, und die ist einigermaßen organisiert.

Als meine Schulzeit dem Ende entgegen ging, riet mir meine Mutter vom Studieren ab und einem Ausbildungsberuf zu (mach doch irgendwas im Büro), also ihrer eigenen Laufbahn entsprechend.
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Aufschieben: Du stellst Dich tot, dabei gierst Du doch so nach Leben - (von einem freundlichen Berater)

Legasthenia
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[PM Legasthenia]

Posted at Tue Jan 22, 2008 07:02:24
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Mutter Analphabetin, Anglernte Arbeiterin
Vater: Angelernter Arbeiter, Schule nur bis zur 8. Klasse

Beide Immigranten seit den 60ern

Schwester (älter): Karrierefrau: Erst technische Ausbildung, dann kauffmännische, dann später Karriere in verschiedenen Weltkonzernen und BWL-Studium trotz fehlendem Abi neben dem (Vollzeit)Beruf mit Bestnote abgechlossen (sie ist das gegenteil von Procrastinatoren).

Bruder (jünger): Lese-Rechtschreibschwäche plus Rechenschwäche, die nie diagnostiziert wurden, lernte Raumaustatter, arbeitet seit jahren als 1-Euro jobber.


Ich bin die einzige in der nahen verwandtschaft, die abi hat und an einer hochschule vollzeit studiert.

Sonne
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[PM Sonne]

Posted at Mon Mar 10, 2008 14:46:29
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Hallo in die Runde,

das ist wirklich ein spannendes Thema - die Herkunft der Eltern. Eigentlich halte ich nicht so viel von intensiver Auseinandersetzung mit frühkindlichen Traumata, tiefenpsychologischer Analyse etc. ... weil dies meist dazu führt, dass man sich nur noch mehr in seinen Gedanken und in der verkrampften Suche nach Erklärungsmustern verfängt.....
Sicher hat jeder von uns eine ganz eigene Geschichte und individuell höchst unterschiedliche Erfahrungen, die sich nicht in ein Muster pressen lassen...
Und sicher gibt es auch Aufschieber aus "klassischen" Akademikerhaushalten....
Hier mein Elternhaus:
Mutter: kommt aus klassischer Arbeiterfamilie; kurz vor dem Abitur (damals Fachabitur) wegen Schwangerschaft Schule verlassen; zahlreiche Gelegenheitsjobs; später doch noch Abendstudium im kaufmännischen Bereich und dann diverse Bürojobs.
Anders als andere Kinder bekam ich von meiner Mutter nie gesagt, dass ich mich anstrengen soll, damit ich es zu was bringe....Wenn ich schlechte Noten hatte, waren immer die bösen Lehrer oder "das System" schuld.
Akademische Leistungen galten aus ihrer Sicht eher wenig, die "wahren Helden" waren Handweker und Leute, die praktisches Talent haben und mit den Händen arbeiten können.
Vater: Kommt auch aus klassischer Arbeiterfamilie; hat als einziger aus seiner Familie studiert und promoviert; bekam während seines Studiums schwere Depressionen und wurde tablettenabhängig; frühpensioniert.
Er war immer besorgt mir könne es genauso ergehen und wenn ich stolz erzählt habe, dass ich viel für die Uni mache, meinte er, ich solle doch besser mal an die frische Luft gehen oder so.

Aufgrund meiner persönlichen Familiengeschichte hilft mir die klassische Literatur kaum weiter. Da ist ja meist die Rede von "zuviel Druck" aus dem Elterhaus etc. Und bei mir war gerade das nie der Fall.

Wenn ich am Schreibtisch sitze und draussen sehe ich Handwerker, dann habe ich bis heute ein schlechtes Gewissen, dass ich nichts vernünftiges tue.....

Meine Gedanken hierzu.

Sonne



Stefan
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[PM Stefan]

Posted at Tue Mar 11, 2008 00:10:54
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Liebe Sonne! (Schöner Nick übrigens!)

Erst Mal ein herzliches Willkommen von mir!
Meine Eltern haben mir auch nie Druck gemacht. Das war alles so laissez-faire. Ich hab mir mehr oder weniger selber die kritischen Eltern geschaffen, die ich nie hatte. Ich bin furchtbar selbstkritisch und nie bin ich mir gut genug. Und in einer langjährigen Beziehung aus der ich immer noch nicht ganz draussen bin habe ich mir natürlich auch jemanden gesucht, der extrem kritisch und autoritär ist.

Lg, Stefan

Ziltoid
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[PM Ziltoid]

Posted at Wed Mar 12, 2008 05:20:20
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Anders als andere Kinder bekam ich von meiner Mutter nie gesagt, dass ich mich anstrengen soll, damit ich es zu was bringe....Wenn ich schlechte Noten hatte, waren immer die bösen Lehrer oder "das System" schuld.



"Das System" kenne ich, mein Vater war ganz groß in solchen Ausführungen. Gute Noten hat er achselzuckend zur Kenntnis genommen, schlechte auch, in beiden Fällen sprach er nach spätestens zwei Minuten darüber, dass Noten nichts bedeuten, weil das Schulsystem schlecht und die Lehrer alle Trottel seien; durch die Schule müsse man sich eben quälen, um auf die Universitäten zu dürfen, die übrigens nicht viel anders als die Schulen seien und auch keine beruflichen Perspektiven eröffneten, es sei denn man habe großes Glück, einen Job zu ergattern, und könne dann sein Leben mit zwar sinnloser und zermürbender, aber immerhin halbwegs annehmbar bezahlter Arbeit fristen. Er selbst (dauerarbeitsloser Akademiker) sei ja das beste Beispiel dafür.

Es kommt mir (in fast allen Belangen des Lebens) vor, als sei ich nicht erzogen worden und müsse mich nun eben nachträglich selbst erziehen. Dieser Gedanke scheint mir eine gute Alternative zum Selbstbild "Prokrastinierer" zu sein.

Sonne
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PM ID: 1428
[PM Sonne]

Posted at Wed Mar 12, 2008 10:41:22
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Hallo Stefan und Zitloid,

danke für Eure Antworten. Nach Euren Beiträgen und einigem Lesen hier im FOrum habe ich den Eindruck, dass ein "zu lockeres" Elternhaus bzw Eltern, die selbst eine negative Haltung zu Arbeit haben, bei Aufschiebern häufig vorkommern.
Ziltoid, bei mir war es auch immer so, dass die bösen Lehrer an allem schuld waren. Egal was ich gemacht habe, es lag nie an mir. Nie wurde zu mir etwas gesagt wie "Hast Du mal über Dein eigenes Verhalten nachgedacht?" oder "Könntest Du vieleicht in Zukunft eine andere Lernstrategie wählen, damit es besser läuft?" Ganz im Gegenteil, es hiess dann einfach, "Scheiss Lehrer, die sind doch alle total beknackt...."
Das Wort Disziplin war übrigens bei uns total negativ besetzt. Ebenso Fleiss. Was zählte war "Talent" und nicht "Fleiss" und "Disziplin". Entweder "man hat es" oder "man hat es nicht", das war das Motto.
Und ich selbst bin aufgewachsen mit einem Gefühl irgendwo zwischen Grössenwahn (ich bin so toll und schön und schlau und bin zu etwas ganz Besonderem und Großem berufen!) und absoluten Minderwertigkeitskomplexen (ich kann nichts, bin schwach, dumm und hässlich). Heute hat sich das gebessert, aber die Tendenz zu diesen Stimmungsschwankungen ist bis heute noch da.
Aus meiner Sicht liegen die Ursachen hier zum Teil daran, dass ich zu Hause nie echtes Selbstbewusstsein gelernt habe.
Leider bin ich auch davon überzeugt, dass wir unsere biologische Veranlagung nicht einfach ignorieren können(was die meisten Psychologen gerne tun, weshalb ich sie nicht so recht ernst nehmen kann). Bei der Frage WARUM unsere Eltern sich so verhalten haben, zeigt sich, dass auch sie mit starken Ängsten und Minderwertigkeitsproblemen sowie Depressionen zu kämpfen haben. Natürlich könnte man jetzt sagen, dass das alte wiederkehrende Familienmuster sind, sie auf Nachahmungsmustern basieren, aber die Zwillingsforschung belehrt uns eines besseren. Egal wie wir uns abstraucheln, wir können aus unserer Haut nicht raus. WIr können uns arbeiten und uns - im vorgegebenen Rahmen !!! - verändern. Aber dieser Rahmen ist relativ eng. Das hält mich jedoch trotzdem nicht davon ab, an mir zu arbeiten.

Ein anderer Punkt, der mir beim Lesen im FOrum aufgefallen ist, ist folgender:
Allen Aufschiebern haben anscheinend folgendes gemeinsam: Einen Hang zur Sozialphobie, oder anders formuliert: Sie machen sich extrem viele Gedanken darüber was andere über sie denken!!!
Habe ich da recht? Bei mir selbst ist das so und das ist wohl mit Abstand DIE Eigenschaft an mir, die ich am meisten hasse! Es ist ein ganz und gar unreifes Verhalten!
Man stelle sich eine Filmszene vor, in der der Held (nehmen wir George Clooney als anschauliches Beispiel) nicht Kopf über in den Fluss springt, um dass Opfer vor den bösen Feinden zu retten, weil er Angst davor hat, dass er in nassen Klamotten vielleicht doof aussehen könnte oder dass er beim Sprung in den Wasser ein schlechtes Bild abgibt und die Leute lachen könnten! :-))
Seit einiger Zeit stelle ich mir solche Szenen bei diversen amerikanischen Filmen vor und merke daran WIE lächerlich meine kleinliche Angst vor den Blicken anderer ist (was sich glücklicherweise schon sehr gebessert hat). Was wäre gewesen, wenn Sopie Scholl sich einen Kopf darüber gemacht hätte was die anderen über sie denken?
Zivilcourage (EInschreiten in der U-Bahn etc) ist NUR dann möglich, wenn man ausschließlich nach seinem Gewissen handelt, und zwar schnell und spontan, ohne Aufschieben und ohne Grübeln und Nachdenken...denn dann kann es schon zu spät sein.
Liebe Grüsse
SOnne

Stefan
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[PM Stefan]

Posted at Wed Mar 12, 2008 13:56:34
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Ich denke auch stets darüber nach, was andere von mir halten. Schlimmer noch, ich versuche so zu sein, wie ich denke, dass andere denken, dass ich sein soll. Also total wirr eigentlich, möchte fast sagen, krank. Aber es gab ein paar Augenblicke in der letzten Woche in der ich das Gefühl hatte, wieder mehr "Ich" selbst zu sein. Das war ein gutes Gefühl.
Den Helden würde ich wahrscheinlich spielen (oder es zumindest versuchen). Da geht es ja darum für jemanden anderen etwas zu tun und zu beweisen wie selbstlos man ist. Dabei würde ich wenig an mich selber denken und hohe Risiken in Kauf nehmen. Und andererseits ist das ja doch wieder ein ziemlich egoistisches Verhalten, weil ich damit Anerkennung und Zuneigung erkaufen will (natürlich nicht absichtlich, sondern unbewusst).

Auch das Schwanken zwischen Größenwahn und totaler Minderwertigkeit ist mir bekannt. Ich versuche gerade meine Ansprüche zurück zu schrauben, aber es fällt mir wahnsinnig schwer zu akzeptieren, dass ich vielleicht doch nur einen relativ gewöhnlichen Beruf ergreifen werde. Meine Ziele waren eigentlich immer recht hoch gesteckt und ich denke auch, dass ich sie erreichen kann, wenngleich ich mir durch das Nichtstun in den letzten Jahren schon so einiges verbaut haben dürfte.

lg, Stefan

leonardo
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[PM leonardo]

Posted at Thu Mar 13, 2008 13:45:54
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Eine leichte soziale Phobie sehe ich bei mir auch. Auf der anderen Seite ist bei mir die Angst vor der Beurteilung, wenn ich eine Arbeit fertig habe, einer der wesentlichen Gründe zum Aufschieben. Ist diese Angst vor Beurteilung nicht auch so etwas ähnliches wie eine soziale Phobie? Allerdings habe ich auch Angst vor der Beurteilung meiner Leistung durch mich selbst, meinen inneren Zensor.

Liebe Grüße
Leo
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Fallen ist keine Schande, liegen bleiben schon!

bunterhund
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[PM bunterhund]

Posted at Fri Mar 14, 2008 14:11:48
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Ja, Leo,
der "Innere Zensor" ist oft der fiesete von allen!
Keiner in meiner Umgebung bewertet mich eigentlich so schlecht und befragt mich so kritisch, wie ich mich selbst.
Gestern hab ich es mal wieder gemerkt. Ich hab zum 1. mal als Freiwillige an der Bar in einem alternativen Café geholfen, wo mich keiner kennt und alle fanden es toll, hilfsbereit, mutig, engagiert, nett, offen etc. und mein innerer Zensor stellt jedes Kompliment in Frage und sagt: "du schleimst dich ein, du bist doch nur einsam, du nutzt die Leute aus, die meinen das nich so, wenn die dich kennen würden, du Langweiler, willst dich hervortun..."etc.
Dabei verbaue ich mir dann vor lauter Angst vor ECHTER Kritik auch die Möglichkeit, dazuzulernen.
Fürchterlich!
Nun sage ich: Ja, ich vergleiche mich; Ja ich bin schonmal schüchtern..ok, auch ein bisschen hervortuerisch, aber: Ich hab ein gutes Herz und bin eigentlich doch ganz ok...das bin ich und ich akzeptier mich mit den Schwächen.
Tut gut!
Bis dann,
bunterhund
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Der frühe Vogel kann mich mal!

tibidabo
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[PM tibidabo]

Posted at Mon Mar 17, 2008 13:35:39
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Auch meine Eltern kommen eher aus einer einfachen sozialen Schicht:

Meine Mutter ist eigentlich intelligent, aufgeschlossen, vielseitig interessiert und hätte durchaus mehr aus sich machen können. Beispielsweise hat sie immer gern Bücher gelesen, wäre eigentlich gern viel mehr gereist, ins Theater gegangen, usw. Verhaltensmäßig würde sie eigentlich durchaus ins Bildungsbürgertum passen.
Sie wurde aber von ihren Eltern und dem übrigen sozialen Umfeld (Kleinstadt) in die Rolle der Hausfrau und Mutter genötigt. Dort hat sie ihre eigenen Interessen zurückgedrängt, um ihrer Rolle gerecht zu werden.

Mein Vater ist pensionierter Elektriker und Verkäufer und ist zeitlebens nicht aus seinem kleinen Ladengeschäft herausgekommen.

Ich bin der einzige in der Familie mit Studium.


Sonne
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[PM Sonne]

Posted at Sat Mar 22, 2008 17:30:09
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Bei allen von uns, die hier gepostet haben, ist es so - wie ja von Leonardo bereits vermutet - dass die Eltern aus einfachen Verhältnissen stammen und selbst nicht studiert haben bzw. zwar studiert haben, aber dann doch keine berufliche Erfüllung fanden.
Und bei vielen von uns gehören auch die Geschwister und diese Kategorie. Mein Bruder ist auch seit Jahren arbeitslos und hat nie eine vernünftige Ausbildung gemacht.

Das kann doch kein Zufall mehr sein.

Gegenfrage: Gibt es unter Euch denn auch Leute, deren Eltern erfolgreiche Akademiker waren bzw sind?

Wir haben wohl alle ein Problem damit alte familiäre Muster zu durchbrechen und erfolgreich zu sein.

Mir fällt es wahnsinnig schwer die Denk-, Einstellungs- und Verhaltensmuster meiner Familie zu durchbrechen.

WIe geht es Euch?

Liebe Ostergrüsse
Sonne

bunterhund
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[PM bunterhund]

Posted at Mon Mar 24, 2008 21:17:14
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Hallo Sonne,

ich muss sagen, dass meine Eltern zwar auch keine Akademiker sind, aber mein Problem vermutlich eher daher rührt, was sie mir so an Einstellungen und besonders Fertigkeiten mitgegeben haben und was nicht.
Vielleicht haben Akademikerfamilien da weniger Probleme und bieten ein sichereres Umfeld.
Ich weiß aber aus meinem Freundeskreis, dass manche Akademikerkinder auch unter dem Aufschiebe-, Selbstbewusstseins- und Karrierewunschproblem leiden.
Das ich mich für etwas Besonderes halte liegt vielleicht allerdings auch an den Erfahrungen mi der Familie und der Besonderheit meines Status als Stundentin im Gegensatz zu dem der Eltern.

LG,
bunterhund
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Der frühe Vogel kann mich mal!

Ulli
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[PM Ulli]

Posted at Fri Mar 28, 2008 15:43:56
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Ein möglicher Grund für eine Erfolgsblockade könnte darin liegen, dass jemand einen Glaubenssatz verinnerlicht hat, dass er nicht erfolgreicher als seine Eltern sein darf.


Das hab ich mir auch schon oft gedacht.
Mein Vater war als Ingenieur so 'halbakademisch', meine Mutter hat zwei Beufsausbildungen. Sie durfte aber (obwohl Klassenbeste) nie studieren. (DDR-Geschichte)
Ich hab zweimal ein Studium abgebrochen, einmal schon während der Diplomarbeit. Inzwischen hab ich einen IHK-Abschluß. Aber ich procrastiniere bei der Jobsuche.

Irgendwie ist dabei immer so eine starke innere Dynamik am Zug. Eigentlich müßte man ja denken, daß das Tun einer Sache nie so aufwendig sein kann, wie das Aufschieben. Aber das stimmt nicht. Ich hab immer das Gefühl, ich muß Berge versetzen. Oder (mindestens) zwei widersprüchliche Anweisungen gleichzeitig erledigen. (Deswegen bin ich wohl auch körperlich ständig fix und fertig.) Wobei ich das Aufschieben einerseits als Auflehnung und passiven Widerstand gegen den puren Leistungsgedanken ansich verstehe, andererseits aber auch deutlich ein inneres Erfolgsverbot verspüre. Versagensangst ist auch nicht zu vergessen. Was für ein Chaos und eine Energieverschwendung.

Und noch eine Frage in dem Zusammenhang:
Hat von der liebenswerten Procrastinatorengemeinde mal jemand dieses Buch http://www.amazon.de/Befreiung-inneren-Richter-Intelligenz-erkennen/dp/3933496047
gelesen? Ist es das Geld wert?

LG,
Ulli

piksieben
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[PM piksieben]

Posted at Mon Apr 07, 2008 12:07:15
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Meine Eltern stammen beide aus 'Beamtenfamilien', was in unserem recht ländlichen Gebiet als Vorstufe zum Akademiker betrachtet wird.

Vater: Wirtschaftsprüfer, hat nach dem Abi am Finanzamt per FH den Diplom-Finanzwirt gemacht und ist dann in die freie Wirtschaft gewechselt(erst als Teilhaber einer renomierten Kanzlei, dann allein), hat den Steuerberater, den Betriebsprüfer und dann auch noch den Wirtschaftsprüfer-Abschluss jeweils neben der vollen Berufsausübung in Rekordzeit mit guten 'Noten' gemacht.

Mutter 1(die leibliche): nach dem Abi Ausbildung beim Finanzamt, seither Sachbearbeiterin auf der Bewertungsstelle

Mutter 2(die, mit der ich aufwuchs): mittlere Reife, Ausbildung auf dem Finanzamt, Sachbearbeiterin bis zur Geburt meines jüngeren Bruders, dann Hausfrau

(Stief-)Bruder 1(der ältere): Rechtsanwalt, mittlerweile Teilhaber in der Steuer- und Rechtsanwaltskanzlei meines Vaters

(Halb-) Bruder 2(der jüngere): Diplom-Informatiker (FH), seit seinem Abschluss im Angestelltenverhältnis bei einem renomierten Telekommunikationsanbieter

Ich: Austauschschuljahr in den USA (11. Klasse), Abi, diverse Praktika in 'kreativen' Berufen, dann auf Anraten meines Vaters Studium in BWL, nach dem ersten Semester gewechselt zu Jura, Abbruch nach dem 3. Semester, Ausbildung als Steuerfachangestellte (erfolgreich!), seither diverse Jobs als Buchhalterin (mehr oder weniger erfolgreich)

Da ich selbst ja weiblich bin, sehe ich hier auch irgendwie ein Muster, wenn auch ein anderes als das eingangs erwähnte...

Würde mich mal interessieren, welche Theorie Euch hierzu einfallen!

Gruß
Pik7
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Ich bin einfach nur ich--mehr nich...

Stefan
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[PM Stefan]

Posted at Mon Apr 07, 2008 23:11:15
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leonardo
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[PM leonardo]

Posted at Wed Apr 09, 2008 09:10:51
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Habe meinen Beitrag von heute zu "Eure Familienkonstellation" verschoben. Passte dort besser rein.

Liebe Grüße
Leo
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Fallen ist keine Schande, liegen bleiben schon!

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