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| senseseaker28 Rank:member Group: members Beiträge: 177 IP Logged PM ID: 969 PM [senseseaker28] | Last replied to on Fri Jan 18, 2008 15:27:01 Edit Post|Quote Hallo zusammen, gestern Abend habe ich mir vorgenommen, meiner Freundin das ganze zu erzählen. Na ja, es ist etwas anders verlaufen, als ich es mir vorgestellt hatte, aber es war dann schließlich irgendwann soweit. Habe versucht, sie vorsichtig an mich und das Thema heranzuführen. Ich habe auch etwas herumgedruckst, aus Angst, dass die Welt einstürzt oder so... Wir haben uns zunächst ganz normal unterhalten, über unsere "Pause" gesprochen, wie es ihr geht, wie es mir im Moment geht, und dann wollte ich ihr sagen, dass ich ihr heute alles erklären würde, denn jemanden auf Handy anrufen ist im Moment für mich eigentlich nicht tragbar. Habe damit angefangen, dass ich eine merkwürdige Form von Verhalten habe, aber sehr weit verbreitet, bzw. erst in dieser Zeit als solches anerkannt usw. Wir haben teilweise auch richtig herzlich gelacht, denn sie fing schon an mit so Dingen wie.. "Du bist doch nicht etwa schwul? Nein, aber das ist ja nicht merkwürdig. Alkoholiker bist du auch nicht? Schlagen tust du auch niemanden oder? Willst du mich verlassen? Sexsüchtig?" Beim schwulsein musste ich echt lachen, hat das auch ein wenig aufgelockert. Beim erst kürzlich hat es dann bei ihr geklickt, und sie fragte gerade heraus "du bist aufschieber?". Ich habs dann zugegeben, und irgendwie war ich erleichtert, als es durch war. Das erklärt einiges, war dann ihr Kommentar, und sie hat länger inne gehalten, und sich für viele ihrer Verhaltensweisen entschuldigt. Sie hat mich mit einigem überfordert, und unwissentlich unter Druck gesetzt. Und sie hatte dann auch gleich viele Fragen, wie ich darauf gekommen sei, wie ich jetzt damit umgehen wolle usw. Es ist gut, sagte sie dann noch, dass wir eine Pause gemacht haben, denn ohne die wäre ich dir immer weiter auf den Wecker gefallen, und hätte geklammert usw. Du hättest es vielleicht nicht so herausfinden können. Ich habe ihr auch erklärt, dass ich viel Zeit für mich brauche, denn sowas geht nicht von heute auf morgen. Dann haben wir uns verabschiedet, und sogar die kleinen neckereien von früher waren wieder da :-) Sie sagte auch, dass sie schon oft gemerkt hatte, dass irgendwas nicht stimmt, denn bei einer Verbindung wie bei uns sei es schwierig, es nicht zu merken, auch wenn ich immer aus Schahm alles bagatellisiert habe. habt ihr auch Leute, denen ihr offen davon erzählt habt, und die euch jetzt in anderem Licht sehen? Leute, die euch jetzt anders bewerten, oder frühere Ansichten jetzt mit diesem Wissen revidiert haben? Und hat es euch geholfen, einen Prokrastinationsverbündeten zu haben, dem ihr euch anvertrauen könnt? Oder seid ihr dadurch noch mehr unter Druck geraten? Vielleicht auch die andere Richtung: Nutzen Leute dieses Wissen in negativer Weise gegen euch? Liebe Grüße an alle Mitverschieber, Senseseaker | |
| Stefan Rank:member Group: members Posts: 204 IP Logged PM ID: 680 [PM Stefan] | Posted at Wed Jan 16, 2008 22:49:29 Edit post|Quote Ich finde super, wie sie reagiert hat und auch, dass Du es ihr gesagt hast. Ich habe darüber eigentlich mit noch niemandem drüber geredet. Mal nebenbei in der Therapie erwähnt, aber sonst nicht. Bei mir ist das "coming-out" mehr ein Thema mit der Depression. Ein paar Leuten hab ich es gesagt, aber nicht wirklich drüber geredet. Es gibt halt auch niemand, mit dem ich da wirklich intensiver reden könnte. Naja, dass ich in der Klapse war, werden so Einge wissen, das spricht sich in ner Kleinstadt schnell rum. Damit hab ich aber auch kein Problem. Zum Aufschieben zurück. Irgendwie hab ich Angst davor, dass das als eine Ausrede dafür gehalten wird, dass man faul ist, wenn man mit Procrastination daher kommt. Wenn ich Freunde hätte, denen ich vertraue würde ich es aber schon sagen, denke ich Mal. Stefan | |
| Legasthenia Rank:member Group: members Posts: 7 IP Logged PM ID: 1019 [PM Legasthenia] | Posted at Thu Jan 17, 2008 03:15:17 Edit post|Quote Ist ja toll, wie deine Freundin reagiert hat. Allerdings frage ich mihc, warum dich von vornherein verstellt hast, so dass sie es nciht schon von Anfang an bemerkt hat? Ich finde es ist leichter zu sagen man ist Aufschieber, als Drogensüchtig, denn Aufschieben kennt irgendwie jeder und wird auch oft als bagatelle gesehen (obwohl es nicht so ist). hat sie niemals mitbekommen, dass du deine sachen nicht hinbekommst? redet ihr sonst über eure sorgen und ängste, oder gar wünsche? mein freund weiss bescheid und verurteilt mich deswegen nciht, allerdings, hatte er mich darauf angesprochen. | |
| leonardo Rank:member Group: members Posts: 509 IP Logged PM ID: 11 [PM leonardo] | Posted at Thu Jan 17, 2008 10:47:47 Edit post|Quote Ich habe meiner Frau mal die Berichte von Betroffenen aus einem anderen Forum ausgedruckt. Sie hat das auch gelesen, hat aber keine großartige Reaktion gezeigt und ihr Verhalten auch nicht geändert. Ihr Kommentar war so etwa: Jeder schiebt doch mal was auf. Stimmt ja auch irgendwie, aber genau da liegt das Problem: Jeder glaubt das Problem zu kennen, aber vermutlich haben die wenigsten auch nur eine Vorstellung von dem Leidensdruck, unter dem hartnäckige Procrastinatoren stehen. Ist so ähnlich wie mit der Depression: Jeder war schon mal niedergeschlagen oder mies drauf. Im Sprachgebrauch wird oft inflationär mit den Begriffen Depression, deprimiert, depressiv umgegangen, so dass jeder meint, er könne mitreden. Den Depressiven kann nur ein anderer Depressiver wirklich verstehen und den Procrastinator anscheinend eben auch nur ein selbst betroffener Mensch. Daher ist es wahrscheinlich bei beiden Krankheiten so erleichternd, wenn man endlich gleichgesinnte gefunden hat. Liebe Grüße Leo ----------------------------- Fallen ist keine Schande, liegen bleiben schon! | |
| senseseaker28 Rank:member Group: members Posts: 177 IP Logged PM ID: 969 [PM senseseaker28] | Posted at Thu Jan 17, 2008 13:35:28 Edit post|Quote Hallo Legasthenia, stell dir nur den inneren Kampf vor, den ich mit mir ausfechten musste. Sicher ist es leichter, wenn man sich sofort offenbart, aber der Druck dahinter ist viel zu groß. Stell dir nur mal vor, deine Befürchtungen werden war, und du wirst plötzlich ausgelacht, für faul und unwürdig gehalten, für einen Idioten, der sein Zeug einfach nicht gebacken bekommt, und der sich einfach nur hinsetzen brauchte? Diese Vorwürfe mache ich mir ja größtenteils selbst, und da brauche ich keinen Zuspruch oder so... Auch ist es wahnsinnig peinlich, denn wie Leo ja schon sagte ist aufschieben doch irgendwie bekannt, aber eben nicht, wie weit es gehen kann. Jeder denkt: meinen Keller ausmisten habe ich doch selber irgendwann nicht hinbekommen... Aber das ist es ja nicht. Wir haben früher ebensowenig über Emmotionen gesprochen, zumindest nicht wirklich, sondern nur an der Oberfläche, weil ich alles für funktionsfähig und intakt gehalten hatte. Ich habe ihr praktisch jemanden gegeben, von dem ich dachte dieser jemand sein zu müssen, dieser jemand wird jetzt von mir gefordert. Verhalte ich mich nicht so, dann bin ich unten durch, ein Versager, eine Null. Und daher dann auch der Druck, dieses Image aufrecht erhalten zu müssen, so dachte ich jedenfalls immer bisher. Gruß, Senseseaker | |
| Stefan Rank:member Group: members Posts: 204 IP Logged PM ID: 680 [PM Stefan] | Posted at Thu Jan 17, 2008 14:35:44 Edit post|Quote Nur wenn Du Dich selbst so liebst wie Du bist und Dich so gibst, wie Du wirklich bist, kann Dich auch eine andere Person dauerhaft lieben. Das sage ich mir schon seit so langem und ich hab es auch schon öfters gesagt bekommen und gelesen. Aber ich schaff es einfach nicht die Konsequenzen draus zu ziehen. Ich renne immer noch mit einer Maske rum. Es gibt nur ganz wenige Leute, die mein wirkliches Gesicht gesehen habe, oder zumindest einen Teil davon. Ich weiß schon selber gar nicht mehr, wer ich ohne diese Maske wäre | |
| Stefan Rank:member Group: members Posts: 204 IP Logged PM ID: 680 [PM Stefan] | Posted at Thu Jan 17, 2008 15:29:41 Edit post|Quote - | |
| leonardo Rank:member Group: members Posts: 509 IP Logged PM ID: 11 [PM leonardo] | Posted at Thu Jan 17, 2008 15:36:07 Edit post|Quote Nö! Es sei denn, du bist masochistisch veranlagt. Gruß Leo ----------------------------- Fallen ist keine Schande, liegen bleiben schon! | |
| senseseaker28 Rank:member Group: members Posts: 177 IP Logged PM ID: 969 [PM senseseaker28] | Posted at Thu Jan 17, 2008 15:58:20 Edit post|Quote klingt super! Hilft vor allem gut dabei, dich selbst im negativen Sinne aufzubauen :-) Ne mal im Ernst, ist sau hinderlich und verstärkt nur deine eigenen Nullnummer-Gefühle. Vielleicht ist es nicht mal böse gemeint, aber auch das spielt keine Rolle. Viele Leute denken ja, dass man gerade so aus dieser Lethargie aufwacht, und _jetzt_ handelt. Aber wie oft haben wir uns das schon vorgenommen? Gruß, Senseseaker | |
| Legasthenia Rank:member Group: members Posts: 7 IP Logged PM ID: 1019 [PM Legasthenia] | Posted at Fri Jan 18, 2008 00:52:55 Edit post|Quote
Das ist ja unglaublich, was für ein Umgangston! Es gibt immer zwei für solche Sprüche: Einer, der den anderen mit dummen (oder sorgenvollen) Sprüchen runterzieht und auf der anderen Seite, einer, der sich das gefallen lässt. Unterbreche den Kreis. Du hast das Recht einfach Stop zu sagen und Dich diesen Tiraden zu entziehen (verlasse das Geschehen, sage, dass Dich das nicht gerade motivert, weihe Personen die Dich runterziehen nicht in Deine Pläne ein). Erkläre es der Person, macht einen Rollentausch: Die andere Person soll zum Beispiel irgenetwas aufräumen, dann kommst Du alle 5 Minuten rein und gibst destruktive Äußerungen von Dir. Dann sprecht ihr darüber, wie sich der "Angemachte" fühlt. | |
| Stefan Rank:member Group: members Posts: 204 IP Logged PM ID: 680 [PM Stefan] | Posted at Fri Jan 18, 2008 08:48:25 Edit post|Quote - | |
| senseseaker28 Rank:member Group: members Posts: 177 IP Logged PM ID: 969 [PM senseseaker28] | Posted at Fri Jan 18, 2008 15:27:01 Edit post|Quote Hi Stefan, diese Symbiotischen, oder vermeintlich symbiotischen Beziehungen, sind so schwer. Ich kenne das leider zu gut. Meine Mitbewohnerin ist in vielen Punkten sehr schwierig, verlangt viel Aufmerksamkeit, und ihr wird das nicht mal bewusst. Früher, als wir noch zusammen waren, habe ich mich immer als eine Art Anhängsel gefühlt glaube ich, meine eigene Persönlichkeit habe ich dabei immer kleiner gemacht, immer weggespült. Aber dadurch, dass sie jetzt einen anderen Alltag hat, und auch andere Leute kennt als ich, hat sich das gebessert, und ich kann mehr versuchen, mich auf mich und meine Bedürfnisse zu konzentrieren. Für sie war ich irgendwie eine art sicherer Hafen, denn wenn niemand anders da war, gab es ja da noch mich, für Gespräche, zum Helfen bei Computerproblemen, und das ungeachtet dessen, was ich gerade mache, und meine Freundin hat mir das immer vorgehalten nach dem Motto "du bist ja mehr für sie da, und sie lässt dich ja nicht mal Freiraum haben. Merkst du das überhaupt?". Mein Problem ist immer gewesen, mir meine Grenzen zu stecken und zu sagen "ihr könnt mich alle, heute _NICHT_". Ich war immer da, hab mich immer mit allem zurückgefahren. Ist schon komisch das alles... Andererseits ist das schwer, einen eigenen Pool an Dingen aufzubauen, wenn man im selben Chor ist, die selben Leute kennt, ja sogar das selbe Fach studiert. Ich habe mich dann immer in irgendwelche Chatabende gestürzt, das war irgendwie meins, und niemand konnte mir das nehmen. Daraus ist dann zeitweise eine Art Sucht entstanden. Mit Chat meine ich IRC, also nicht sowas wie Skype oder so. Der Knackpunkt ist halt, dass du dich für dich irgendwie finden oder wiederentdecken musst. Was sind Qualitäten, die du dir zuschreiben würdest, und nicht von andern aufoptruiert? Was würdest du an Tag x y gerne tun, und was hindert dich daran, es umzusetzen? Diese Abhängigkeit hat ja auch zwei Seiten, also in welcher Weise bist du von ihr noch Abhängig? Was gibt sie dir? Ich meine damit, was hat deine emotionale Seite davon, dass sie da ist, auch wenn es keine Partnerschaft mehr ist? In meinem Fall bin ich nicht umgezogen, denn ich habe unheimliche mobilitätsprobleme, und damals habe ich mir nicht zugetraut, für mich selber zu sprechen, geschweige denn, zu wohnen, auch wenn ich oft alleine bin, und mir das eigentlich sogar recht war. Och nö, schon wieder ein Roman geworden... Gruß, Senseseaker | |
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