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Ziltoid
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PM ID: 608
PM [Ziltoid]

Last replied to on Sun Jan 06, 2008 19:15:21
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Liebe Leute,

ich habe schon öfter versucht, die Aufschieberei durch soziale Kontrolle zu vermeiden, indem ich z. B. Freunden gesagt habe, dass ich heute dies und das vorhabe. Leider funktioniert das nur ein paar Mal, danach ist es einfach nicht mehr peinlich, darauf angesprochen zu werden, wenn man es nicht gemacht hat, bzw. die Freunde nehmen meine Ankündigungen nicht mehr ernst und fragen nicht mehr nach.

Als nächstes möchte ich versuchen, mir einen engen Freund zu schnappen, ihm zu erklären was Prokrastination ist und ihn bitten, mir eine Zeitlang gründlicher auf die Finger zu klopfen, vielleicht mit Kontrollanrufen (da ich oft unangenehme Dinge gezielt, aber unwillentlich verschlafe), oder indem er mich zu ein paar entscheidenden Schritten (Prüfungsanmeldung usw.) begleitet. Zumindest kurzfristig, bis die dringendsten aufgeschobenen Dinge erledigt sind, kann man einen Freund ja um so einen Gefallen bitten.

Was haltet ihr von der Idee? Hat jemand mal etwas ähnliches gemacht und Erfahrung damit?

Wenn man keine Freundschaft damit belasten will, könnte man sich vielleicht auch mit anderen Prokrastinierern zusammenschließen und gegenseitig kontrollieren...



Billa
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PM ID: 20
[PM Billa]

Posted at Wed Nov 21, 2007 23:40:01
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Kurz eine Rückmeldung: Wenn kurzfristig ein Ziel zu erreichen ist, existentiell wichtig, halte ich jede Methode, wenn sie wirkt, für legitim.
Einschränkung: es darf kein Mensch sein, der seine Position dann als mächtig empfindet, und Dich runtermacht aufgrund seines Wissens über Dich und seiner Mithilfe.
Ich kenne solche kurzfristige Hilfe von Bekannten vor langer Zeit. Die eine Freundin musste sich auf eine Prüfung als Referendarin zur Lehrerin GHS vorbereiten und schaffte es wegen ihrer Prüfungsangst nicht. Die Freundinnen haben ihr, während sie hauptsächlich mit ihrer Übelkeit beschäftigt war, ihren Unterrichtsentwurf, der im Kopf schon fertig war, während der letzten Nacht schriftlich fixiert, Bedingung für die Prüfung. Am nächsten Tag hat sie, nach wenigen Stunden Schlaf, die Prüfung gut bestanden.
Das löst aber das grundsätzliche Problem der Prokrastination nicht.
Eine Selbsthilfegruppe könnte helfen, aber ich kenne keine.
Wenn Du in meinem Umkreis leben würdest und mit mir in einer Selbsthilfegruppe wärest, könnte ich nicht mit Dir persönlich morgens zum Prof. gehen, aus beruflichen/zeitlichen Gründen. Allerdings könnte ich extrem hartnäckig dafür sorgen, dass Du gewisse Dinge tust, weil ich das bei anderen sehr, sehr gut kann, nur bei mir selbst nicht. Also wäre eine Selbsthilfegruppe hilfreich, um erst mal die Chance zu haben zu erfahren, die Dinge, die ich aufschiebe, sind ganz gut zu bewältigen. Nicht lösen würde sich wahrscheinlich, was an falschem Selbstbild etc. hinter der Prokrastination steht. Da wäre wahrscheinlich doch eine therapeutische (tiefenpsychologische) Unterstützung zusätzlich nötig.
Verhaltenstherapeuten wären vielleicht bereit, mit Dir in die Situationen zu gehen, die Du im Moment vor allem vermeidest, im Sinne einer Konfrontation wie sie auch bei Phobien angewandt wird. Ob das heilend bei Prokrastination wirkt, weiß ich nicht, aber es wäre kein großer Aufwand, die konkreten Sachen wären erledigt, das wäre ja schon mal was. Billa


Ziltoid
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PM ID: 608
[PM Ziltoid]

Posted at Thu Nov 22, 2007 19:36:30
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Na ja, es muss ein echter Freund sein und nicht irgendwer. Damit es nicht in Macht ausüben und runtermachen endet.

Eine tiefenpsychologische Untersuchung würd ich ehrlich gesagt gar nicht wollen, ich will mit der Prokrastination so umgehen wie mit meiner Spinnenphobie - damit leben lernen und nicht nachbohren, was dahintersteckt. Ich vermute sowieso eher einen ganz banalen Grund für die Prokrastination, vielleicht die Angst, einen falschen Weg einzuschlagen...

Seltsam, dass es gar keine Selbsthilfegruppen zu geben scheint. Obwohl das Problem so verbreitet und inzwischen auch ziemlich bekannt ist.

Paprika
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PM ID: 670
[PM Paprika]

Posted at Sun Nov 25, 2007 00:16:02
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Hallo Ihr Beiden!
Ohne meine Freunde würde ich mich nicht so weiterentwickeln,wie ich es tue.Es war so ein Zwischending zwischen "In den Arsch treten" (was natürlich nicht gefruchtet hat) und vollkommener Akzeptanz.Am In-den-Arsch-Treten war das Wichtigste,dass es meinem Mitbewohner wichtig war,etwas für mich zu tun.Ich sollte sagen,wenn es mir reicht,und er stand auch hinter mir und glaubte an mich,als ich dieses Einwirken nicht mehr wollte,weil es nichts brachte.Sein "Du weißt,jederzeit gerne wieder" mit nem Grinsen und dazu ein "Du schaffst das" helfen sehr.Wenn Freunde an mich glauben,ist das durch nichts zu erstzen.Mut zerbröselt Mauern.

Es haben sich aber auch die Freunde mit der Zeit herauskristallisiert,die es als Lohn für ihr Vertrauen empfinden,wenn ich auch nur einen winzigen Fortschritt mache.Das beflügelt.
Das Vertrauen,das ich bekomme,hilft mir,meine eigene chronische Trotzhaltung momenteweise aufzugeben,es öffnet mir sozusagen die tür zu meiner handlungsfähigkeit.
Das Wissen,dass Leute an mein Potenzial und vor allem auch daran glauben,dass ich selbst die Expertin für meine Lösungswege bin,obwohl sie nicht sofort anschlagen,sondern auf lange Zeit nachhaltig wirken,gibt mir Selbstvertrauen.Ich denke dann,wenn die soviel Gutes in mir sehen,dann habe ich bestimmt auch Stärken.

Ich achte aber auch darauf,dass auch sie etwas von meiner Freundschaft haben,damit trotz all des Guten,das sie für mich tun,sie nicht das Gefühl haben,die Beziehung sei einseitig.

Bei einzelnen brenzlig zu werden-
den Situationen spornt der Wunsch,meine Freunde nicht zu belasten,dazu an,für meine Verhältnisse fast Unmenschliches zu leisten und etwas rumzureißen,bevor es in die Binsen geht.Oder aber genau das zuzulassen und zu wissen,dass die freundschaft,die mir wertvoll ist,nicht überstrapaziert wurde.

Tja,soviel für meinen Einstand in diesem Forum.

Habt Ihr denn richtig gute Freunde,die Euch genauso akzeptieren,wie ihr seid und trotzdem Euer Potenzial sehen?Und auch die positiven Seiten des erfahrenen Aufschiebers,nämlich das kurzfristige Erledigen von Dingen unter hoher emotionaler Beteiligung?

PS:@ Ziltoid:Von der Spinnenphobie zur Prokrastination,das nennt man Symptomverschiebung.Das ist ein Begriff,der auch in der Verhaltenstherapie verwendet wird.Da will etwas wirklich aufgearbeitet werden,schätze ich.Am Ende hast Du wahrscheinlich am meisten davon,wenn Du Dich dem stellst.Also Tiefenpsychologie,systemische Familientherapie,Tagebuch schreiben mit der Frage,was "Verweigern" für Dich bedeutet.....so viele kluge ratschläge...SORRY!

Mehr rauszufinden,macht groß und stark und führt am Ende dazu,dass man mehr selbst steuern kann.Man weiß dann einfach,mit wem man es zu tun hat.



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Ein Kaktus,der laufen kann,ist kein Kaktus,sondern ein Igel...mal so gesehen

Paprika
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PM ID: 670
[PM Paprika]

Posted at Sun Nov 25, 2007 17:50:24
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Ich hoffe,ich hab meine Position als Neuling mit meinem neunmalklugen Post nicht überstrapaziert...
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Ein Kaktus,der laufen kann,ist kein Kaktus,sondern ein Igel...mal so gesehen

leonardo
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PM ID: 11
[PM leonardo]

Posted at Mon Nov 26, 2007 08:59:31
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Mir hat dein Einstiegspost sehr gefallen, liebe Paprika. Besonders die Worte an Ziltoid möchte ich gerne unterstreichen.

Gruß
Leo
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Fallen ist keine Schande, liegen bleiben schon!

Ziltoid
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PM ID: 608
[PM Ziltoid]

Posted at Tue Nov 27, 2007 20:58:16
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Liebe Leute,

ich hab die Aufschiebephase inzwischen überwunden und meinen Prüfungstermin vereinbart. Ich habe mir einen Freund an der Uni geschnappt und ihm zwar nix von Prokrastination erzählt, ihn aber gebeten mit zur Sprechstunde zu kommen, weil ich so nervös sei. Da er wusste dass ich das schon lange aufschiebe, hat er diese Begründung auch akzeptiert.

@Paprika: Ich finde deine Antwort ganz richtig, genau das zeichnet gute Freunde aus. Und dass hier auch mal jemand auf positive Folgen der Prokrastination hinweist, ist ja fast zu schön, um wahr zu sein. ^^
Zu deinem PS, ich habe entschieden, dass Psychotherapie gleich welcher Art für mich nicht in Frage kommt, so lange es irgend eine andere Möglichkeit gibt, und ich habe meine Gründe dafür.

Paprika
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PM ID: 670
[PM Paprika]

Posted at Sun Jan 06, 2008 19:15:21
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Lieber Ziltoid,

ich denke,es kommt vor allem darauf an,dass wir wissen,was wir uns zumuten können,also weiß wohl niemand außer Dir,ob und wann Psychotherapie angesagt ist.Ein Bekannter von mir,der Medizin studiert,hat mal das nette Anagramm PSYCHOTHERAPEUTEN-TEURE PSYCHOPATHEN in die Runde geworfen.

Ich stehe da zwar nicht hinter,aber schön ist es trotzdem,was auch immer Dich im Speziellen von Therapie abhält.
Schön,Leute zu haben,die zu Terminen mitkommen.Das ist,finde ich,echtes Selbstmanagement,bei Durststrecken gezielt zu wissen,wen man am besten bei was genau um Hilfe bittet.

Für manche Freunde scheint es in der Tat subjektiv weniger belastend zu sein,jemandem wegen so etwas Anerkanntem wie Nervosität zu helfen als in so eine bodenlose Prokrastination hineingezogen zu werden.

Da überlege ich auch immer,wem ich jetzt wie viel sage,um Verständnis und gelegentlich praktische Hilfe zu erhalten,ohne mich unnötigerweise als verkorkst ansehen zu lassen und Freunde mit dem ganzen Komplex des Aufschiebens zu konfrontieren.Das erleichtert mir auch das unbefangene Weitergehen.
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Ein Kaktus,der laufen kann,ist kein Kaktus,sondern ein Igel...mal so gesehen

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