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Neues Thema - Antworten

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josh
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PM ID: 361
PM [josh]

Last replied to on Mon Oct 01, 2007 12:59:33
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Hallo allerseits,

Mein (Forums-)Name ist Josh, ich bin nahezu 40 Jahre alt und - leider - einer der härtesten Fälle unter den notorischen Aufschiebern.

Vermutlich habe ich das seit frühester Kindheit. Jedenfalls erinnere ich mich an frühes Aufschieben beim elterlich verordneten Aufräumen von Spielzeug etc. Später in der Schule habe ich auf den letzten Drücker gelernt, Hausaufgaben immer einen Tag zuvor, später gar nicht mehr gemacht. Dass ich das Abitur mit 3,1 doch noch bestanden habe war eine Kombination aus Glück und günstiger Fächerwahl. Da ich eh schon später eingeschult wurde (Geburtstag nach Stichtag) und ein Jahr Hauptschule nach der Grundschule absolvierte, war ich also schon relativ alt, als ich nach der Bundeswehr ein Studium der BWL anschloss. Dort habe ich natürlich auch massiv aufgeschoben. Die Folge war ein Vordiplom nach 6 Semestern mit eher miserabler Note (und einem Härtefallantrag nach zweimaligem Nichtbestehen der VWL Prüfung). Ich schaffte es noch einen einjährigen Auslandsaufenthalt zu bekommen, um mein miserables Englisch aufzubessern, was einfach zwingend erforderlich war, das es Prüfungsfach war. Dadurch bedingt und durch nochmaliges heftiges Aufschieben bei der Diplomarbeit (8 Monate statt sechs) wurde ich satte 29 Jahre alt, als ich das Diplom endlich in der Tasche hatte. Auch das Bestehen der Diplomklausur war mehr oder weniger eine Kombination aus Glück und günstigen Umständen.

Wie auch immer, ich fing - notgedrungen - in der IT-Beratung an. Innerhalb von drei Monaten hatte ich gerade mal vier Bewerbungen bei deutschen Konzernen fertiggebracht und Geldnot und auch die alte Regel, wonach man als Studienabgänger tunlichst innerhalb von 6 Monaten einen Job gefunden haben sollte, führten mich über Beziehungen in die IT-Beratung. Letzteres ist etwas, was mit viel Reisetätigkeit verbunden ist (in der Regel 5 Tage die Woche) und bei der man in aller Regel zur Begleichung der Reisekosten in Vorlage treten muss und die man später abrechnen muss.

Anfangs fühlte ich mich fachlich nicht wohl und auch das Verhältnis zum neuen Chef und den Kollegen war nicht besonders toll. Da ich im Grenzbereich zwischen IT und BWL arbeitete (SAP Beratung), betriebswirtschaftlich aber mit einem ganz neuen Thema konfrontiert wurde, das mir weder Spass machte und bei dem ich auch keine Vorkenntnisse mitbrachte, war ich nicht gerade erfolgreich. Auch hier zeigte sich meine Unfähigkeit, mich hartnäckig an dem Problem festzubeißen und nicht durch Vermeidung auszuweichen.

Ich verließ die Firma und heuerte bei einer größeren Beratung an, wiederum über Beziehungen. Dieses Mal landete ich betriebswirtschaftlich in einem Bereich, der mich mehr interessierte und so war die Motivation größer. Um es etwas kurz zu halten, ich war hier erfolgreicher. In den darauffolgenden Jahren schaffte ich es, mich irgendwie immer so halbwegs durchzulavieren und auch - ergänzend zur eigentlichen Projektarbeit, in der man schon sehr tief und vor allem ausdauernd am Detail arbeiten muss - in den Bereich Pre-Sales Unterstützung reinzukommen. Hier war ich sehr gut. Mit meinem eher breiten als tiefen Wissen beeindruckte ich die Kunden und es gelang mir einige Aufträge an Land zu holen. Mehr und mehr wurde ich in Pre Sales Aktivitäten involviert und musste auch Angebote schreiben. Bei letzterem ging es mir dann wieder wie bei der Diplomarbeit. Ich schob auf und sorgte so für Ärger bei den Sales Kollegen. In der Projektarbeit wiederum hielt ich mich als Projektleiter auf der Ebene, dass ich nicht allzu sehr ins Detail musste, denn das wäre auch nicht gut gegangen. Was meine Reisekosten betraf, so verschob ich die Erledigung aufgrund der vielen scheinbaren wichtigeren und stressigen fachlichen Aufgaben. Damit schädigte ich mich selbst sehr stark, denn mein Konto ging massiv in die Miesen. Ich hatte einen großen Dispokredit und reizte diesen auch immer bis zum Anschlag aus. Mehrfach habe ich ihn auch massiv überschritten, was mit Kontosperrungen, Rückgabe von Überweisungen etc. einherging. Mahnungen blieben unerledigt, gerichtliche Mahnverfachen und vieles mehr waren die Folge. Einmal erfolgte auch der Besuch des Gerichtsvollziehers und so ging das über die Jahre. Meine Firma wurde in dem Moment aktiv, als Flugtickets, die von ihr bezahlt wurden, nicht rechtzeitig abgerechnet wurden und nach einem langen Hin und Her erhielt ich schließlich letztes Jahr im März eine Abmahnung.

In der Firma habe ich den Ruf fachlich brilliant zu sein und sowohl BWL als auch IT sehr gut miteinander kombinieren zu können und die Fähigkeit zu besitzen, Kunden überzeugen zu können. Ich gelte aber auch als sehr schwierig, als sehr langatmig (wie man hier ja sieht) und vor allem als hochgradig unzuverlässig.

Im Oktober letzten Jahres habe ich von mir aus gekündigt. Die Kündigung erfolgte meinerseits ganz bewusst zum 31.07.2007. Hintergrund waren massive Probleme in mehreren Projekten, Unzufriedenheit meinerseits mit meiner Unzuverlässigkeit, Unzufriedenheit mit der beruflichen Thematik, die mich immer mehr anödete und auch die Tatsache, dass ich keine Projektleitung mehr bekam, und vermehrt in den Bereich der Implementierung musste, der mir aber gar nicht liegt und bei dem ich mit ganz massivem Aufschieben glänzte. Der Zwang immer auf Achse sein zu müssen, in Hotelzimmern leben zu müssen, Reisekosten zu produzieren, die ich eh nicht abrechne und die Erkenntnis, dass ich - wenn ich aus diesem Teufelskreis nicht herauskomme - irgendwann in der Gosse ende, führte zu dem radikalen Bruch ohne Netz und doppelten Boden.

Eine Kollegin, die ich sehr schätze und mit der ich mich auch menschlich gut verstehe, überredete mich, in diesem letzten halben Jahr doch noch auf einem Projekt die Teilprojektleitung für einen Bereich zu übernehmen. Sie meinte, dass es mir nach dem die Kündigung auslösenden Projektdesaster ganz gut täte. Sie bot mir an, das Ganze auf freiberuflicher Basis zu tun (was vorausgesetzt hätte, dass ich meine Kündigung zum Ende Juli 2007 vorgezogen hätte. Dies ist aber über Aufhebungsvertrag immer gut möglich). Sie meinte, dies sei eine gute Möglichkeit, die finanzielle Basis für die Zeit danach massiv zu erhöhen. Ich hatte ursprünglich geplant, eine Auszeit von drei bis sechs Monaten zu nehmen und nach Südamerika zu gehen und mir dort in aller Ruhe das Hirn auszulüften und zu überlegen, was ich mit meinem Leben eigentlich anfangen möchte. Natürlich hätte dies vorausgesetzt, dass ich meine vielen Reisekosten erst mal erledigt hätte, denn ohne das Geld geht das nicht. Ich nahm das Angebot an, wohlwissend, dass ich ansonsten die Zeit bis zum 31.07.2007 ziemlich verschlampt hätte… ohne die Reisekosten zu erledigen. Ich dachte mir, prima, dann verdiene ich als Freiberufler und kann sorgenfreier in die Auszeit gehen. Dumm nur, dass die Reisekosten noch offen waren und ohne diese abzurechnen konnte ich nicht gehen (offene, von der Firma bezahlte Flugtickets und auch eigene Kosten, auf die ich nicht verzichten wollte). So verschob sich der mit der Kollegin abgesprochene Aufhebungsvertrag Monat um Monat. Ich hatte die Hoffnung, dass ich diese Reisekosten neben dem Projekt erledigen könnte. Allerdings arbeiteten wir bis zeitweise 21 Uhr abends und danach schob ich wieder auf… Zu müde, nur noch ein Bier an der Bar…

Am 31.07. endete das Projekt formal und ich sprach mit meinem Chef ab, dass ich aus meinem 110 Tage Resturlaubsanspruch, den ich die Jahre über angesammelt hatte, noch vier Wochen verlängern würde, um die Reisekosten abzurechnen. Da er dies für sehr fair hielt, setzte er das durch. Aber ich erledigte den Mist nicht. Mitten in diesen vier Wochen kam ein Anruf von ehemaligen Kollegen, die für eine Vorstudie einen Freiberufler suchten, der bis Dezember unterstützen würde. Eigentlich wollte ich nicht, denn ich hatte ja mit dem Beruf abgeschlossen, wollte nur noch meine Reisekosten erledigen und dann endlich nach Südamerika gehen… Die Verlockung, das Geld zu verdienen, das ich eigentlich in den letzten sechs Monaten hatte verdienen wollen, aber nicht verdienen konnte, da ich wider Willen doch noch im Angestelltenverhältnis für das alte Projekt gearbeitet hatte, war zu groß… Wie auch bei dem Projekt zuvor war natürlich der Wunsch beim Kunden, so schnell wie möglich anzufangen. Wie schon im Januar diesen Jahres, als ich mich für das andere Projekt hatte breitschlagen lassen, blieben mir nur noch 14 Tage um die Reisekosten abzuwickeln und auch diese Verzögerung war dem neuen Kunden mühsam abgerungen. Die Zeit verstrich und ich hatte die Reisekosten noch nicht erledigt und verlängerte erneut bei meinem alten Arbeitgeber, indem ich nochmals vier Wochen bezahlten Urlaub dranhängte. Aber auch die sind gestern verstrichen und nun habe ich auch keinen Zugang mehr zum System und kann auch nichts mehr abrechnen. Ich muss aber.

Gleichermaßen bin ich bei meinem neuen Kunden ziemlich im Projekt involviert. Morgen soll es für vier Tage in die USA gehen für einen Workshop. Sicher, ich hätte noch Resturlaub, um erneut zu verlängern, glaube aber nicht, dass die Firma das nochmals macht. Schon die letzte Verlängerung führte zu hochgezogenen Augenbrauen. Zu allem Unglück ist mein Chef diese Woche aus private Gründen nicht erreichbar. Hier bin ich selbst schuld, denn er vermutete offenbar schon etwas und versuchte seit vierzehn Tagen mich auf allen Kanälen anzufunken. Schlechtes Gewissen das ich hatte, ignorierte ich das stoisch. Und jetzt jammere ich. Selbst schuld.

Nun habe ich die Personalchefin per SMS angefunkt. Heute Mittag um 16 Uhr habe ich Gespräch mit ihr. Offen gestanden ist mir mehr als flau. Ich hoffe, wir finden eine Regelung.

Gleichermaßen habe ich aus dem Projekt, welches am 31.07. endete noch zwei offene Baustellen, wegen denen es massiven Ärger gegeben hat, u.a. mit dem Projektleiter, mit dem ich bislang ein sehr freundschaftliches Verhältnis hatte… Wie man sieht, bin ich dabei mein Leben derart zu versauen, dass es schon wirklich eine Schande ist. Ich glaube nicht, dass ich dumm bin, es ist auch nicht so, dass mir die Einsicht in die Dinge fehlt, ganz im Gegenteil. Aber ich stecke da in einem Riesen Schlamassel, aus dem ich nicht so ohne Weiteres herauskomme…

Immerhin, sei t 1 Woche habe im Haushalt Unterstützung durch eine Haushaltshilfe. Seitdem sieht es deutlich besser bei mir aus (Ausnahme Arbeitszimmer, dort kann ich sie momentan nichts machen lassen, wegen der Flut von Belegen…). Das Konto, das ich letztes Jahr per Kreditaufnahme aus den Miesen gezogen habe, ist momentan schon wieder bei der Hälfte des Dispos angelangt. Heute morgen war ich in der Werkstatt, mein Auto produziert mal wieder eine Reparatur von 500 Euro.

Immerhin habe ich es endlich heute morgen geschafft, die Kennzeichen für den Wagen, der vor 3 Jahren nach einem Unfall verschrottet wurde, endlich abzumelden. Nach dem Unfall habe ich mich mehrere Monate nicht um den Wagen gekümmert, der bei dem Abschleppdienst zwischengelagert wurde. Das produzierte dann Kosten von 1100 Euro Lagergebühr. Die habe ich 2, 5 Jahre nicht bezahlt, was dazu führte, dass ich auch keine Schilder hatte (die lagen ja noch beim Abschleppdienst). Daher konnte ich nicht abmelden, Versicherung und Steuer über die Jahre für einen längst bezahlten Wagen immer weiter bezahlt, dann Ärger mit der Zulassungsstelle wegen der TÜV Zulassung bekommen (für einen längst verschrotteten, aber noch angemeldeten Wagen) und ordentliche Zwangsgelder bezahlt. Vor drei Monaten habe ich dann endlich die Rechnung für den Abschleppdienst begleichen können und heute morgen endlich den Kfz-Brief abgegeben. Die Schilder hatte ich immer noch nicht, aber angeblich erledigt das jetzt der Abschleppdienst in den nächsten beiden Tagen…

Ich könnte sicher noch so einiges erzählen, was das Entsetzten bei Euch vermutlich hochtreiben würde. Mir ist selbst ganz schlecht dabei, andererseits geht es mir jetzt etwas besser, nachdem ich den Mist herunter geschrieben habe… Ich wünsche mir nichts mehr, als dass ich dieses Problem endlich lösen kann, denn davon hängt meine weitere private und berufliche Zukunft ab. Ich wünschte, ich würde gute externe Unterstützung finden, die mich bei der Bewältigung des Problems unterstützt.


Viele Grüße von Josh, der sich jetzt daran macht, die noch offenen Projektleichen wenigstens soweit zu beheben, dass ein anderer Kollege nicht allzu viel Aufwand hat, den Rest zu erledigen. Schade um die Beziehung zu einem tollen Menschen, der vermutlich nichts mehr von mir wissen will.
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Manjana!

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