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| Billa Rank:member Group: members Posts: 173 IP Logged PM ID: 20 [PM Billa] | Posted at Wed Aug 09, 2006 22:27:48 Edit post|Quote Heute abend will ich ein bisschen länger schreiben, auch zu dem, was Leo und Mini-Elch geschrieben haben. Ich finde es absolut erstaunlich, genau meine Verhaltensweisen hier geschildert zu sehen. Also einmal Aufschieben, bis ich aufgrund des Zeitdruckes mir keine so großen Gedanken mehr darum machen kann, wie gut es wird. Dann muss ich einfach abliefern. Es wird dann meistens doch noch recht gut, ich habe aber keine Zeit mehr, noch lange etwas zu korrigieren, darüber zu grübeln, wie ich es anders und besser ausdrücken könnte. Und ich kann nicht noch einmal drei Fachbücher zusätzlich lesen, um mich sicherer zu fühlen. Nachher kommt aber trotz positiver Rückmeldung das Gefühl, ich hätte es noch besser machen können, wenn ich früh genug angefangen hätte. Es wäre fundierter und durchdachter gewesen.- Ich finde, dass es mir hilft zu wissen, welche Beziehungen mich in dieser Weise negativ geprägt haben, bei mir sicher meine Eltern. Und es gibt in der Gegenwart Menschen, denen ich erlaube, immer noch so mit mir umzugehen, und mich selbst mit meiner ständigen Selbstkritik. Ich möchte also aus meiner Tochterposition auch in der Gegenwart heraus.- Was das Schämen betrifft, das finde ich ein ganz großes Problem. Ich glaube sogar, dass ich manchmal aufschiebe, weil ich damit auch die Scham wegschiebe, die ich wegen der vielen Vertuschungen und Ungenügsamkeiten habe. Ich verdränge das Thema Aufschieben und damit auch das Thema Scham. Was ich nicht möchte, ist, meine Pläne in Bezug auf Arbeitstagebuch und ähnliches mit jemandem in meiner Umgebung außer der Therapeutin zu besprechen, z.B. meinem Mann meine Pläne zu zeigen als Druckmittel, dass ich sie auch einhalte, weil ich niemandem Macht über mich geben will oder anders ausgedrückt, weil ich das wieder als Tochterrolle empfinde. Außerdem bestehe ich und Ihr alle anderen sicher auch nicht nur aus Aufschieben, sondern wir haben alle in unserem Leben schon einiges hingekriegt, überlebt, ausgehalten, anderen etwas von uns gegeben, sie unterstützt etc. Ich will mich nicht mehr klein machen und klein machen lassen, sondern mehr darauf schauen, was bei mir klappt, lustig und interessant ist, eben meine Persönlichkeit ausmacht, die sicher nicht immer bequem ist, aber eben eine besondere. So, jetzt habe ich gleich mir selbst Mut zugesprochen, ein guter Anfang für den morgigen Tag. Tschüss, Billa | |||
| chris Rank:member Group: members Posts: 27 IP Logged PM ID: 21 [PM chris] | Posted at Thu Aug 10, 2006 10:06:23 Edit post|Quote
Ich finde es selbst immer wieder erstaunlich, daß ich in den Panikaktionen kurz vor Abgabeschluß Dinge zustande bekomme, die die Arbeiten anderer noch an Qualität übertreffen. Wie ich bereits angedeutet hatte, war das Schreiben meiner Diplomarbeit das reinste Fiasko, so daß ich die Arbeit notgedrungen wenige Stunden vor Abgabefrist fertiggestellt mußte. Dennoch gehört sie laut meinem Professor zu den besten, die er in den letzten Jahren bekommen hat. Das stimmt nachdenklich, stellt sich doch die Frage, wozu man tatsächlich fähig wäre, wenn einen das ewige Aufschieben nicht ausbremsen würde.
Wie verständlich das auch ist, darf man dabei nicht außer acht lassen, daß es sich um einen selbstverstärkenden Teufelskreis handelt. Es gelingt einem zwar, daß Thema kurzzeitig zu verdrängen, aber sobald es wieder ins Bewußtsein drängt, ist das Gefühl um so stärker, da man die Dinge erneut vor sich hergeschoben hat. So wird letztlich alles nur noch schlimmer.
Man sollte schon genau abwägen, wen man in sein Problem einweiht. Aus eigener Erfahrung kann ich jedoch sagen, daß es auch hilfreich sein kann. Ich habe vor kurzem vier meiner engsten Freunde eingeweiht, und wenngleich ich mich nicht wohl dabei fühlte, da ich befürchtet, dadurch ihre Achtung zu verlieren, war es letztlich die richtige Entscheidung. Das ewige Vertuschen und Ausredenerfinden kostet soviel Kraft, daß es das eigentliche Problem nur noch verstärkt. Nun, da ich wenigstens ihnen gegenüber ehrlich sein kann, bleibt mir viel Streß erspart. Gruß Chris | |||
| Messie Rank:member Group: members Posts: 43 IP Logged PM ID: 18 [PM Messie] | Posted at Thu Aug 10, 2006 11:41:51 Edit post|Quote Hallo Chris, Hallo Billa, bei dem Thema "Arbeitstagebuch teilen" fühle ich mich auch angesprochen. Ich selbst habe die Erfahrung gemacht, dass ich trotz Therapie große Probleme hatte, meinem Umfeld gegenüber ein "intaktes" Ich zu präsentieren. Das hat immmer sehr viel Kraft und Anstrengung gekostet und mich nervlich kaputt gemacht. Seit ich mich geoutet habe, geht es mir besser, denn ich muss mich nicht mehr verstellen und kann die so gewonnene Energie in meine Behandlung und das Aufarbeiten meiner Probleme stecken. Genau wie Du Billa, will ich raus aus einer fremdbestimmten Rolle, in die gedrängt wurde und die ich nie ablegen konnte, selbst als der Verursacher keine direkte Rolle mehr in meinem Leben spielte. Mein Mann liest von Zeit zu Zeit mein Arbeitstagebuch und es hilft ihm, mich besser zu verstehen. Seit er weiß, wie ich "ticke" und wo meine Probleme liegen, ist er auch sehr viel verständlicher geworden und unterstützt mich, wenn es mir nicht so gut geht. Wenn mich mein Mann damals nicht angegangen wäre und mir mit Trennung gedroht hätte (es war wirklich schlimm bei uns), dann hätte ich mich wahrscheinlich nie zu einer Therapie aufgerafft. Aber das ist eine ganz persönliche Entscheidung. Und gerade hier ist es wichtig nur das zu machen, was mach auch wirklich selbst will und wobei man sich wohlfühlt. Seit mein Umfeld Bescheid weiß, fühle ich mich freier und gelöster und es geht mir besser, weil ich mich mit meinen Mitmenschen austauschen kann und von ihnen viel Verständnis und Unterstützung bekomme. Aber wie gesagt, was für den einen gut ist, muss für den anderen noch lange nicht funktionieren. Alles Liebe für Euch Messie ![]() ----------------------------- Lebe jeden Tag, als wäre es Dein Letzter. Genieße Deine Zeit, ohne sie zu vergeuden! | |||
| Billa Rank:member Group: members Posts: 173 IP Logged PM ID: 20 [PM Billa] | Posted at Sun Aug 13, 2006 21:48:19 Edit post|Quote Chris, die Frage, was würde wohl dabei herauskommen, wenn ich früh genug dran wäre, wo doch jetzt schon Überdurchschnittliches herausgekommen ist, habe ich mir auch schon gestellt. Aber diese Frage könnte auch ein bisschen die andere Seite der Medaille sein, die eine Seite wäre dabei das Minderwertigkeitsgefühl, die andere die kompensatorischen Größenphantasien. Außerdem weiß ich gar nicht, ob ich ohne das Adrenalin des Zeitdruckes genauso gute Ideen und Formulierungen hätte. Was den Teufelskreis von Scham und Aufschieben betrifft, so gebe ich Dir da natürlich recht. Ich finde das auch nicht gut, sondern es war für mich eine Erklärung, die mich dazu geführt hat, dass ich versuche, das Schamgefühl zuzulassen und in der Therapie darüber zu sprechen. Was das Thema Informieren der anderen angeht, so habe ich aus eigener persönlicher Betroffenheit auf das Wort "Kontrollieren" bei Messies Beitrag reagiert - ihr Mann "kontrolliert" ihr Arbeitstagebuch. Ich war in den letzten Jahren sicher manchmal von den falschen Leuten umgeben bzw. habe mich, wie ich schon erwähnt habe, so klein gemacht, mir so viel gefallen lassen, dass manche Personen in meiner Umgebung erst wieder verstehen müssen, was ich an Respekt erwarte. Ist subjektiv, von meinen Erfahrungen geprägt! Gruß Billa | |||