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Abschnitt 84


So wie Dominique ihre erste Begegnung mit ihrem Mann darstellt hätte, könne er gar nicht verstehen, was ihr an ihm gefallen habe. Es könne doch nicht nur sein Geld gewesen sein, sagt Felix neben Dominique im Bett liegend.

--,,Warum denn nicht?''

--,,Wie meinst Du das?''

--,,Sein Geld. Klar hat mich sein Geld und seine Macht fasziniert!'', sagt sie lachend.

--,,Aber doch nicht nur?''

--,,Warum denn nicht?'', sagte sie wieder lächelnd.

In irgendeinem Buch hätte sie mal gelesen, daß die Männer meist nur bei ihrer Partnerwahl auf dicke Titten und hübsche Figuren schauen. Primitive Instinkte. Breite Hüften zeugen von Gebärträchtigkeit. Während der dicke Busen das Überleben des Nachwuchses nach der Geburt verspricht. Aber soviel denken die Männer natürlich nicht, sie werden nur geil, wenn diese Bedingungen stimmen. Da könne eine Frau auch dumm sein oder arm, oder beides. Aber Frauen wählten ihre Partner mehr unter dem Aspekt des Versorgtseins, und da spielt Reichtum nun mal eine große Rolle.

Er lag neben ihr, Hände hinter dem Kopf verschränkt, im Gästebett der Mohlers. Auf dem Nachttisch lag eine Papiertaschentuch, naß von seinem Sperma. Wie so häufig war es ihr wieder gelungen ihn zu schocken. Sie hatte ihn wegen seines Geldes geheiratet und gab es offen zu. Welches Frau würde das so unumwunden zugeben, ohne jede Scham oder schlechtes Gewissen.

--,,Aber bei mir konnte doch Geld nicht die Ursache gewesen sein?'', fragte Felix.

--,,Wir sind doch nicht verheiratet, oder?'', sagte sie lachend.

--,,Ne, mal ernst ...''

--,,Willst Du es wirklich wissen? ... Schwer zu sagen, was mir an Dir gefiel. Du wirktest so völlig desinteressiert, ...ich meine nicht im allgemeinen ...nur, als interessierten dich keine Frauen ...oder besser du wirktest so ...wie sagt man ...asexuell ...du warst so etwas wie eine Herausforderung ...ich wollte es einfach wissen ...ich wollte wissen, ob ich dich erregen kann ... weißt du, bei den meisten Männern ist das ganz einfach ...man zeigt ein wenig Bein, oder ein bißchen Brust, und schon ist es um sie geschehen ...wobei, es war dann doch nicht so schwer mit dir, wie ich es mir vorstellt hatte ... ''

--,,Und da warst du enttäuscht?''

--,,Ein klein wenig vielleicht schon!''

--,,Und sonst?''

--,,Was meinst du?''

--,,Was hat dich noch so an mir interessiert, das kann doch nicht alles gewesen sein ... ''

Oder doch? War es wirklich alles gewesen? Affaire als sportliche Herausforderung! Das war also die Erklärung, dachte er im Ehebett neben der bereits schlafenden Vera. Also ein Sport war es für sie, sonst nichts, grämte er sich? War er eigentlich enttäuscht? Was hatte er erwartet? Klar, dachte er, jede andere Antwort hätte ihm wohl besser gefallen. Weil er so toll ausssehe! Ja, warum eigentlich nicht, er sah doch nicht schlecht aus. Das hätte ihm auf jeden Fall besser gefallen. Oder vielleicht, weil er so intelligent sei, so viel Esprit habe. Quatsch, nur wegen seinem Intellekt, wollte er aber auch nicht begehrt sein. Er wollte ihr schon auch körperlich gefallen: ,,Weil dein Schwanz so toll ist'', wäre doch eine prima Antwort gewesen, dachte er, aber er verdrängte diesen Gedanken sofort wieder in die Arrestzelle seiner Sozialisation. Er war doch nicht, wie alle anderen Männer, die in beinahe exhibitonistischen Denken nach Penisbewunderung trachten? Was hatte er ihr sonst zu bieten? Geld und Macht schieden ja sofort aus, denn ihr Mann war doch auf jeden Fall bedeutend reicher und einflußreicher. Er war doch nur ein kleiner Angestellter ihres Mannes, wenn ihn diese Sichtweise auch noch so störte. Wenn ihr Bertie wollte, dann könnte er ihn feuern, könnte ihm seine Karriere verbauen, und er war wehrlos. Dominique hätte ihn auch charmant, freundlich, alles Mögliche finden können, aber ausgerechnet, weil er auf sie so -- er scheute sich es zu denken -- frigide wirkte. Wird dieser Begriff überhaupt im Zusammenhang mit Männern gebraucht, oder kann man ihn nur bei Frauen benutzen dachte er. Eine Sportlerin, die immer die Grenzen ihres Könnens erfahren will, die sehen will, ob sie die Männer scharf machen kann, bei denen alle anderen Frauen scheitern. Wie ein Bergsteiger, der sich nicht mit einem Berg begnügen kann, den andere mit Kind und Hund besteigen, so wollte sie sich nicht mit Männern zufrieden geben, die leicht zu erobern sind.

--,,Allerdings hätten die meisten Männer nach diesem Nachmittag in unserem Garten sich wohl von sich aus ...ich meine, wenn ich nicht gewesen wäre ... du wärst wohl nicht aktiv geworden ...oder hättest du mich auch angerufen?''

Was war daran so verwunderlich? Wer traut sich schon so ohne weiteres die Frau seines Chefs zu verführen? Und da macht es auch kaum einen Unterschied, wenn sie so toll aussieht, wie Dominique. Da gibt es ja dann nicht nur die Angst vorm Ehemann, da hängt ja dann der Arbeitsplatz davon ab, die ganze berufliche Zukunft. Jetzt war ihm immer noch mulmig, wenn er daran dachte, oder wenn er sich vorstellte, daß die Türe aufginge -- naja, die war ja schon auf.

--,,Dein Mann? ...War der auch einer von der uneinnehmbaren Sorte?''

--,,Was heißt hier war ... bei Norbert ist das ganz was anderes ... '', sie zögerte, schaute ihn an, und fuhr fort ,,aber eigentlich, will ich jetzt nicht über Norbert sprechen!''

Sie hatte ihn Norbert genannt, nicht wie gewöhnlich Bertie. Was war los mit ihrem Mann. Sie hatte schon öfters merkwürdige Andeutungen gemacht. Ist er schwul? Pervers auf irgendeine Art.

--,,'Eigentlich', das heißt, du willst, aber du traust dich nicht?''

--,,Doch, aber heute nicht!''

Was wäre, wenn ihr Mann doch wider Erwarten nach Hause käme. Sie schien sich darüber keine Sorgen zu machen. Ganz im Gegenteil, manchmal kam es ihm so vor, als zielte sie es geradezu darauf ab, von ihrem Mann -- oder von irgendjemandem -- erwischt zu werden? Überhaupt schien es ihr ja immer ein besonderes Vergnügen zu bereiten mit ihm zärtlich zu werden, wenn die Möglichkeit plötzlich überrascht zu werden besonders hoch war. Wie damals in der Ausstellung! Vergeblich grübelte er über den Namen des Künstlers nach, während sie sich ebenso fruchtlos bemühte seine Männlichkeit für eine neue Runde fit zu machen. Sie legt seine Hand auf ihren Bauch, wohl in der Hoffnung, daß der Kontakt mit ihrer Haut ihn wieder mobilisieren würde, und beginnt seine Hoden zärtlich zu kneten. Sein Name spielte doch keine Rolle, war doch eh ein noch unbekannter Künstler, dachte er. Wahrscheinlich würde der wohl auch nie bekannt werden, dachte er, ohne zu bedenken, daß er von Kunst nichts verstand.

--,,Na, was ist denn los, mein Kleiner, willst du nicht ...will dein Herrchen dich noch ein wenig aufsparen ... ''

--,,Dominique, nicht mehr ... ''

--,,Wir haben uns tagelang nicht gesehen ... komm' schon ...''

--,,Ich dachte, du wolltest doch keinen so aktiven Liebhaber haben ...''

--,,O lala, da hast du aber etwas ziemlich falsch verstanden, mein Felix!''

Dort in den erhabenen Räumen des alten Schlosses hatte sie ihn leidenschaftlich umarmt und geküßt, und er hatte sich fieberhaft nach allen Seiten umgeschaut, ob niemand sie sehen könnte. Nicht nur weil sie seine Geliebte war, und niemand das wissen durfte, hatte er widerstrebend mitgemacht, sondern es hätte ihn auch gestört, wenn Vera an Domiques Stelle gewesen wäre. Küssen in aller öffentlichkeit fand er einfach vulgär und für seine Position nicht mehr passend. Vielleicht hätte sie gar nicht weiter gemacht, wenn er sich nicht so spröde gezeigt hätte, dachte er später Wahrscheinlich hatte sein Widerstand sie erst angespornt. Jedenfalls saß er kurze Zeit später auf dem Marmorsims, der die Außenwand des Raumes säumte, und sie saß rücklings auf seinem vor Angst nur halbsteifen Glied. Man würde doch erst Mal die Füße sehen, wenn jemand käme, bevor diese sie sehen könnten. Alles wäre ja gut gegangen, wenn bloß sein Reißverschluß nicht geklemmt hätte. Sie war aufgesprungen, ließ einfach ihren Rock fallen, und stand völlig unschuldig vor einem dieser verrückten Bilder. Engelchen und Kühe, oder sowas. Gottseidank hatte er noch seine Aktentasche gehabt, die er schnell auf seinen Schoß legte. War es überhaupt schnell genug gewesen? Vielleicht hatte der Mann doch noch etwas mitbekommen. Möglicherweise hatte er sogar mitbekommen, daß Dominique von ihm aufgesprungen war. Das mußte er doch gesehen haben. So wie sie plötzlich seine Beine und Füße hinter der unten offenen Posterwand gesehen hatte, so mußte er auch Dominiques Füße plötzlich scheinbar aus dem Nichts auftauchen gesehen haben. Zuerst dachte er, daß er den Mann nicht kannte, er sich also überhaupt keine Gedanken zu machen habe, aber später in seiner Erinnerung verwandelte sich der Unbekannte in einen Angestellten seiner Firma. Einer, den er zwar nur vom Hörensagen kannte, aber der würde ihn wohl kennen. Aber er war sich nicht sicher, ob er es wirklich gewesen war, oder ob ihm seine Erinnerung einen Streich spielte. Der hatte sich neben ihn gesetzt. Normalerweise halten doch Leute Abstand, wenn sie können, aber der hatte sich neben ihm niedergelassen, als wäre es der einzige frei Sitzplatz im Raum.

--,,Sie können ihre Tasche ruhig wieder neben sich stellen! Ich habe Platz genug! Stört mich wirklich nicht!'', sagte der Mann in brauner Cordhose und grünem Hemd.

Er spürte das kühle Leder an seinem nun völlig schlaffen Glied. Hoffentlich blutete er nicht, hatte er gedacht, denn es tat höllisch weh, wo er ihn mit dem Reißverschluß gequetscht hatte. Er würde gerne nachschauen, aber der Typ neben ihm machte keine Anstalten zu gehen, sondern begann statt dessen über die Einflüsse von Chagal und Picasso auf diesen Künstler zu dozieren. Dominique stand ihnen mit dem Rücken zugekehrt und kurz vor einem Lachanfall.

Und dann entwickelte alles sich in einen wahren Alptraum, als dann auch noch die Schulklasse mit ihrer Lehrerin auftauchte, und er auf dem Sims mit seinem Köfferchen vorsichtig seitwärts rückte. Pubertierende Gymnasiasten. ,,Kuck mal den da mit seinem Köfferchen!'' ,,Muß der und weiß nicht, wo die Toilette ist?''.



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